Prozess vor dem Amtsgericht - Familienvater verschiebt Maschinenpistolen an Mann, der „Bürgerwehr“ ausrüsten will / Angeklagter: Habe ihn für Sammler gehalten

Bad Mergentheim: Geheimer Kriegswaffen-Deal hat brisante Folgen

Ein junger Familienvater steht wegen eines Kriegswaffen-Deals vor Gericht. Verkauft hat der ehemalige Sportschütze und Jäger zwei Maschinenpistolen. Der Käufer wiederum wollte damit eine „Bürgerwehr“ ausrüsten.

Von 
Michael Weber-Schwarz
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Ein Polizeibeamter hält eine Maschinenpistole vom Typ Uzi in den Händen. Immer wieder gelangen solche Schnellfeuerwaffen bei illegalen Geschäften in den Besitz von Privatpersonen – jetzt stand ein Mann aus dem südlichen Main-Tauber-Kreis wegen eines gefährlichen Waffendeals vor Gericht. © dpa

Bad Mergentheim. Der Prozess vor dem Amtsgericht Bad Mergentheim gab auch einen Einblick in einen verdeckt operierenden Sumpf von Waffennarren und Personen mit militant-rechter Gesinnung. Angeklagt war der Straßenbauer M., der in einer Stadt im Mergentheimer Altkreis wohnt. Am Ende kam er mit einer Bewährungsstrafe, der Einziehung des Gewinns aus seinem Waffendeal und einer Geldauflage davon. Sein Käufer ist mittlerweile im Gefängnis gelandet.

Eine schillernde Persönlichkeit ist der Rechtsanwalt von M. – Frank Miksch aus Fürth gilt als ehemaliger Aktivist der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationale“ und als Szene-Anwalt des rechten Spektrums. Im Plädoyer aber nichts Einschlägiges, sondern eher ein zähes Zusammenfassen wesentlicher Punkte des Prozesstags.

Eine Spur führt nach Buchen

Doch worum ging es? Der Waffenkauf und -verkauf liegt schon einige Jahre zurück. M. hatte – als Jäger, Sportschütze und Waffensammler – zwei Maschinenpistolen vom Typ „Uzi“ samt 2000 Schuss Munition erstanden.

Die Uzis stammten aus Bundeswehrbeständen und waren in unverbautem, originalem Zustand – Prestigeobjekte also unter Waffensammlern. Gekauft hatte sie M. von einem Mann im Buchener Ortsteil Hettingenbeuern. Obwohl die gefährlichen Schnellfeuerwaffen von Bundeswehrseite eigentlich zur Vernichtung vorgesehen waren, gelangten sie an den Privatmann. Wie das passieren konnte, müssen weitere Ermittlungen ergeben.

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Rund 4000 Euro habe er an den Buchener bezahlt, erzählt M. vor Gericht. Als er sich aus familiären Gründen und einem Kinderwunsch heraus entschied, seine Waffensammlung aufzulösen, sei er auf einer Sammlerbörse irgendwann auf einen Mann gestoßen, den er ebenfalls für einen passionierten Sammler hielt: „Er hat nach scharfen Waffen gefragt.“

Die seltenen und voll funktionsfähigen Uzi-Unikate aus dem Main-Tauber-Kreis sollten an den Besitzer einer Metallbaufirma im Stuttgarter Raum gehen, den er für unverdächtig gehalten habe. „Dass er eine Bürgerwehr gründen will, das war mir nicht bekannt“, sagte M..

Hintergrund: Der selbst ernannte „Milizionär“ und Maschinenbauer aus Wildberg bei Calw besaß, als er aufflog, bereits eine riesige Zahl an Waffen – darunter auch Maschinengewehre. Ein Fall von Fremden-Paranoia: In seinem Prozess gab er an, dass er in der Flüchtlingskrise mit dem Horten von Waffen begonnen habe – „für den Ernstfall“. Auch den geplanten Bau von Sprengsätzen hatte man dem Mann beim Prozess in Tübingen 2021 vorgehalten.

Rechte Kameraden in Pfitzingen

Fest steht, dass die „Zielgruppe“ der geplanten Bürgerwehr vor allem Zuwanderer oder Asylbewerber gewesen wären. Auch der jetzt angeklagte M. bewegte sich zeitweilig in einer fremdenfeindlichen rechten Szene. Zusammen mit einer „Kameradschaft Main-Tauber“ (davon berichtete ein Polizeiermittler) sei M. vor allem im Niederstettener Ortsteil Pfitzingen „rumgehangen“ – für M. selbst mittlerweile ein Jugendphänomen. Er habe der braunen Szene den Rücken gekehrt, arbeite mit festem Einkommen für den Unterhalt seiner fünfköpfigen Familie.

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Michael Weber-Schwarz
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Munition im Handschuhfach

Über die Tübinger Ermittlungen war die Polizei – beim Sichten von Bankkontakten – auch auf M. gestoßen. Es folgten Durchsuchungen von Häusern an Vorbach und Tauber. Dort fanden die Ermittler nicht ordnungsgemäß gesicherte Munitionspakete: sowohl im Haus, als auch im Handschuhfach eines Autos. „Eine Schlamperei“, gab M. zu. Den Jagdschein und die Erlaubnis für Sportwaffen habe er deshalb entzogen bekommen.

Den eigentlichen Deal zwischen M. und dem verurteilten Käufer kann man sich wie im TV-Krimi vorstellen. Man verabredete sich auf einem Parkplatz an der A 81 nahe Weinsberg. Dort wurden die zwei Uzis und je 1000 Schuss Munition übergeben. Doch anders als im Krimi gab es keine Bargeld-Bündel. Die Männer hatte Ratenzahlung vereinbart und über mehrere Tranchen floss das Geld an die Tauber. Für M. war diese Form der offiziellen Transaktion ein Grund, das Geschäft insgesamt für seriös zu halten.

Gar nicht seriös findet den Deal allerdings der Staatsanwalt: Es handele sich um „vorsätzliches unerlaubtes Überlassen von Kriegswaffen“. Die Maschinenpistolen seien wegen der Möglichkeit des Dauerfeuers „äußerst gefährliche Waffen“. Man dürfe sie nicht erwerben und auch nicht verkaufen. Er forderte ein Jahr und neun Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung sowie eine Geldauflage und die Einziehung der Gelder aus dem Handel.

Der Verteidiger sprach von einer Faszination, die für M. von den Originalwaffen ausgegangen sein. Da habe dieser einfach „nicht widerstehen“ können. Auch die „nervliche Belastung“ für die ganze Familie führte Frank Miksch als Milderungsgrund an. Seine frühere rechte Gesinnung habe der Angeklagte „ablegt“.

Das Gericht um die Vorsitzende Susanne Friedl folgte im Wesentlichen dem Antrag des Staatsanwalts. Das umfangreiche Geständnis wirke strafmildernd, auch wenn die mitverkaufte Munition den brisanten Handel noch gefährlicher gemacht habe. Denn „damit haben Sie die Möglichkeit geliefert, die Waffen auch einzusetzen.“

Für die Szene ein Verräter

Das Geständnis und die Nennung der Namen von Hintermännern führe dazu, dass „Sie in der Szene verbrannt sind“, sagte Richterin Susanne Friedl zum Angeklagten. In einen Kopf kann man nicht hineinschauen, aber weitere Kontakte in die militante rechte Szene wird es wohl nicht geben. M. gilt dort jetzt als Verräter. Über die sozialen Folgen bei Umfeld und Verein sei M. ebenfalls bestraft. Eine Geldauflage in Höhe von 1000 Euro muss er an eine soziale Organisation leisten.

Mahnende Worte ganz zum Schluss vom Richtertisch zu möglicherweise versteckt gelagerten Waffen: „Wenn Sie noch irgendwo etwas herumliegen haben, dann führen Sie es umgehend der Vernichtung zu“, so Susanne Friedl. Werde ihr etwas Einschlägiges bekannt, sei die Bewährung dahin.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Bad Mergentheim

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