Historische Plätze in Bad Mergentheim (Teil 1)

Bad Mergentheim: Ein Ort des Handels und der Unterwerfung

Was hat der Platz nicht alles gesehen und erlebt! Viehmärkte, Prozessionen, politische Kundgebungen, Oldtimertreffen, Stadtfeste und harte Unterdrückung.

Von 
Joachim W. Ilg
Lesedauer: 
Im Zuge der Landesgartenschau 2034 soll der Marktplatz laut Stadt „als innerstädtischer Veranstaltungsort gestärkt und seine Aufenthaltsqualität noch erhöht“ werden. Zudem soll „das häufig kritisierte Kopfsteinpflaster in der Innenstadt, das ein Hindernis für zu Fuß Gehende, Rollatoren oder Kinderwagen darstellt“, einem „weitgehend barrierefreien neuen Stadtboden“ weichen. © Joachim W. Ilg

Bad Mergentheim. Zwischen dem Alten Rathaus und den Zwillingshäusern, hinter denen der Münsterturm in die Höhe ragt, befindet sich der Marktplatz. Er zieht fast automatisch Einheimische und Gäste in seinen Bann. Mit Marktplatz verbindet man immer auch so etwas wie das Zentrum einer Gemeinde. Aber war der Marktplatz mit dem Milchlingsbrunnen schon von eh und je die lokale Mitte Bad Mergentheims, um die sich herum die Stadt gebildet hat?

Im Jahr 1820, also vor über 200 Jahren, entstand diese Zeichnung vom Mergentheimer Marktplatz, die deutlich macht, dass sich, abgesehen vom Brunnenstandort, gar nicht so viel verändert hat. © ILG

Im 12. Jahrhundert gab es als Vorgängerin des heutigen Schlosses eine Wasserburg. Auf dem vorgelagerten Platz, dem heutigen Deutschordenplatz, befand sich der wohl älteste Markt Mergentheims als Zentrum einer hochmittelalterlichen Marktsiedlung. Noch im Jahr 1748 ist dieser Platz als „Markt auf dem Schied“ bezeichnet worden.

Neben dieser Marktsiedlung gab es noch andere Siedlungsbereiche, so zum Beispiel im Umfeld des heutigen Münsters. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Ortes unter der Herrschaft des Deutschen Ordens dehnten sich die Siedlungsgebiete immer mehr aus.

Neues Stadtzentrum

Als Mergentheim 1340 zur Stadt erhoben und ummauert wurde, verlagerte sich das Marktgeschehen vom Burgplatz hin zum Zentrum der „neuen“ Stadt, und das befand sich da, wo sich heute der Marktplatz und der Hans-Heinrich-Ehrler-Platz befinden.

Damals bildeten diese beiden Plätze noch eine große zusammenhängende Fläche, die erst durch den Bau des Rathauses (1564) in zwei Teile getrennt wurde.

Wer den Marktplatz betritt, blickt unweigerlich zu dem mächtigen Gebäude mit dem auffälligen Staffelgiebel, das die benachbarten Häuserzeilen auf gehörigen Abstand hält und in dem noch bis 2007 der Oberbürgermeister seinen Amtssitz hatte.

Das 1564 unter Hochmeister Wolfgang Schutzbar, genannt Milchling, erbaute Rathaus, in dessen Untergeschoss sich Krämerläden, Fleischerbänke und der Ortsarrest befanden, hatte aber nicht immer seinen Platz an dieser Stelle. In alter Zeit tagten die Ratsherren nicht weit entfernt in einem ärmlichen Gebäude, das an der Stelle des Sambethschen Hauses, Ecke Burgstraße, stand und 1561 abgebrochen wurde.

Brunnen wurde versetzt

Fast in der Mitte des Marktplatzes steht der Milchlingsbrunnen mit dem Bildnis eines Ritters, dessen Wappen an den Rathauserbauer erinnert, der aber nicht auf dem Brunnen verewigt wurde. Der Brunnen befand sich, wie das Rathaus, in früherer Zeit an anderer Stelle: An der Einmündung zur Burgstraße (früher Burggasse). 1902 wurde der Brunnen entfernt und erst wieder 1926 anlässlich der 100-Jahr-Feier der Entdeckung der Heilquelle an der heutigen Stelle errichtet.

Wer auf das hochkantige Rathaus blickt und sich umdreht, findet eine weitere Augenweide: Die so genannten Zwillingshäuser, die um 1780 anstelle von vier kleineren Häusern entstanden.

Zentrale Lage

Dass der Marktplatz nicht nur für den Handel von Lebensmitteln wie Obst und Gemüse, Butter und Eiern zur Verfügung stand, liegt auf der Hand. Aufgrund seiner zentralen Lage und Größe eignete er sich auch für Viehmärkte, Prozessionen, politische Kundgebungen, Oldtimertreffen, Stadtfeste und Weihnachtsmärkte.

Mehr zum Thema

Veränderungen in der Kurstadt

Bad Mergentheim: Post schließt, aber nicht die Postbank

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Feuerwehreinsatz in der Altstadt

Bad Mergentheim: Am Baugraben war Schluss für die Drehleiter

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren
Kommunalpolitik

Bad Mergentheim: „Alle sind unzufrieden mit der BBV“

Veröffentlicht
Von
Sascha Bickel
Mehr erfahren

Zur Huldigung gezwungen

Auch für wichtige historische Ereignisse musste der Marktplatz herhalten. Als es im Jahr 1380 wieder unter den Bürgern gegen den Herrschaftsanspruch des Deutschen Ordens rebellisch gärte, ließ der Deutschmeister Conrad von Rüde auf dem Marktplatz das Deutschordenskreuz errichten und zwang die Bürger zur Huldigung. Sie sollten im Deutschmeister ihren „rechten Herrn“ erkennen.

Zum Andenken an diesen Tag und zur Strafe mussten die Bürger auf dem Platz, wo jetzt das Alte Rathaus steht, ein Kreuz aus Stein errichten, welches 1525 im Bauernkrieg niedergerissen wurde.

Im Gegensatz zu den Geschehnissen des Jahres 1380, gab es 600 Jahre später, am 5. Juli 1980, einen Freudentag, denn an diesem Tag wurde die Fußgängerzone zwischen dem Rathaus und dem Schloss eingeweiht, wobei besonders auch die Bedeutung der autofreien Zone für die Kurstadt hervorgehoben wurde. Während die Autos auf dem Marktplatz und in der Burgstraße verbannt wurden, belebt der Markt mit Obst und Gemüse noch heute den Platz und macht ihn nach wie vor zu dem, was er immer war und hoffentlich sein wird: Ein Ort der Begegnung.

Eine eher seltene Ansicht aus dem Jahr 1890: Der Milchlingsbrunnen am Eingang zur Burggasse. Links daneben befand sich bis Ende 1561 das frühere Rathaus. © Ilg

Bis zur Landesgartenschau 2034 sollen alle großen Plätze in Bad ...

Bis zur Landesgartenschau 2034 sollen alle großen Plätze in Bad Mergentheim baulich neu gestaltet werden. Aktuell laufen bereits die Bauarbeiten am Gäns markt. Auch der Marktplatz, der Deutschordenplatz, der Bahnhofs

Copyright © 2025 Fränkische Nachrichten

VG WORT Zählmarke