Bad Mergentheim/Main-Tauber-Kreis. Dass Neubaugebiete oft eine gewisse Uniformität aufweisen, dürfte eine Binse sein. Moderne Architektur, viel weiß und cremefarben, dazu dunkle Türen, Fenster und Garagentore – recht viele Neu-Bauherren werden sich hier aktuell (auch ohne explizite Absprache) einig.
Ein weiteres Element dieser Einigkeit sind Steingärten. Selbst ohne gezielt darauf zu achten, findet man sie in manchen Vierteln recht häufig. Annähernd nahtlos geht da die dunkelgraue Einfahrt in die ebenfalls oft dunkelgrauen Schotter-Vorgärten über. So entsteht ein nüchtern-kühles, irgendwie lebloses Bild.
„Leblos“ ist das Stichwort. Denn in Sachen Artenvielfalt kriegen die Steingärten bekanntermaßen keine gute Note, stellen für Insekten keinen Lebensraum dar. Genau deshalb schärfte der Gesetzgeber 2020 mit einer Novelle des Naturschutzgesetzes nach und verbot die Schottergärten ausdrücklich, nachdem bereits in der Landesbauordnung ein Vorrang bepflanzter gegenüber anderer Flächen festgeschrieben war.
Keine Verstöße gegen Gesetzesverschärfung bekannt
Die FN berichten nicht zum ersten Mal zu diesen Gärten. Doch während es damals noch eine Art Regelungslücke gab, in der die Kommunen auf das Land und das Land auf die Kommunen verwies, sind nun klare Regelungen geschaffen. Das Land gibt vor, die Kommunen setzen es um. So zum Beispiel in Bad Mergentheim. Im neuen Baugebiet Auenland III sind die Gärten ausdrücklich verboten, wie Pressesprecher Carsten Müller mitteilt.
„Die Verwaltung wird nicht aktiv auf die Suche nach Schottergärten gehen. Wenn jedoch ein Hinweis bei uns eingeht oder unseren Bauverständigen bei der Baukontrolle ein Schottergarten auffällt, dann würden wir uns an den Gebäude-Eigentümer oder die Eigentümerin wenden“, erklärt er das Vorgehen. Dann würde ein Rückbau gefordert. Sofern dieser nicht freiwillig geschieht, wäre sogar ein Zwangsgeld möglich. Über deren Höhe ist jedoch noch nichts zu sagen, hier würde die Stadt laut Müller Einzelfallentscheidungen treffen.
Auch in Wertheim und Tauberbischofsheim sind keine Verstöße bekannt. „Beim Thema Schottergärten setzt die Stadtverwaltung Wertheim auf Aufklärung statt Bestrafung“, erklärt Sprecherin Angela Steffan. Nach einer Beratung würde ein entsprechender Um- oder Rückbau durch das Referat Bauordnungsrecht überwacht. Das gilt allerdings nicht für alle Gärten: Als Stichtag für „Altfälle“ gilt der 31. Juli 2020. Bei Schottergärten, die vorher entstanden sind, werden die Gartenbesitzer zwar ebenfalls informiert und aufgeklärt, es findet jedoch keine weitere Verfolgung durch die Baurechtsbehörde statt.
Es scheint also, als wäre die ehemals beliebte Gartenform mittlerweile kein Thema unter Hausbauern mehr. Doch ist das wirklich so? Und was ist jetzt im Trend? Andreas Sprügel beobachtet die Trends im Garten- und Landschaftsbau genau.
Landschaftsgärtner: „Ich hatte Anfragen für Steingärten“
Seit über 14 Jahren führt Sprügel seinen Betrieb mit neun Mitarbeitern in Wachbach. Der gelernte Landschaftsgärtner und Diplom-Ingenieur ist mit seinen Mitarbeitern im Raum Bad Mergentheim und Umgebung tätig. „Ich hatte Anfragen für Schottergärten, habe sie aber abgelehnt“, erklärt er.
„Ihr Garten in guten Händen“ – so das Motto des Betriebs. Und mit Schottergärten lässt sich dieses Motto offensichtlich nicht vereinbaren. Auch mit der fachlichen Meinung des Experten lässt sich diese Form der Gartennutzung keinesfalls vereinbaren. So schlug er selbst Aufträge mit höherem Volumen aus.
Doch warum waren die Gärten überhaupt so beliebt? War es die Optik oder die vermeintliche Pflegeleichtigkeit? „Das am häufigsten genannte Wort in meinen Beratungsgesprächen ist ’pflegeleicht’“, erzählt er mit einem Grinsen. „Doch was heißt ’pflegeleicht’ überhaupt? Schottergärten sind nicht pflegeleicht“, gibt er zu bedenken.
Allzu leicht würden durch nicht ganz gesäuberte Steine Beikräuter wie die Ackerwinde in den Schottergärten sprießen. Diese können trotz karger Bedingungen wachsen. Herabfallende Blätter seien ein weiterer Faktor. Zum einen sei es ein enormer Aufwand, die Blätter aus der Steinfläche herauszuholen. Man schaffe es zudem nicht, alle Blätter vollständig herauszubekommen. Wenn sich diese Blätter dann zersetzen, entsteht eine neue Grundlage für Wachstum.
Experte rät immer von Steingärten ab
Dementsprechend rät Sprügel seinen Kunden klar von solchen Überlegungen ab, macht „fachlich fundierte“ Vorschläge. Denn „es gibt immer eine bessere Möglichkeit als die Schotterfläche“ und auch bepflanzte Flächen müssen nicht aufwendig sein. Eine Pflanzfläche mit klimaresistenten Arten wie Lavendel, dem Sonnenhut oder verschiedenen Gräsern sei „viel einfacher“ in der Pflege. Die alternativen Ideen zur Gestaltung würden von den Kunden gerne angenommen. Auch in der modernen Gartenarchitektur gebe es sehr attraktive, pflanzliche Varianten.
Er begrüßt die Gesetzesänderung, welche Schottergärten ausdrücklich verbietet. „Das wäre sonst deutlich mehr geworden“, ist er sich sicher. Doch nicht nur dieses Gesetz bricht den früher scheinbar unaufhaltsamen Trend zum steinernen Vorgarten. „Seit etwa zwei Jahren sind natürliche Gärten wieder stark im Kommen“, beobachtet der Garten- und Landschaftsbauer. Natürliche oder naturnahe Gärten, das heißt: Blühpflanzen aller Art und allgemein natürliche Materialien. So wird der Garten auch für Insekten zum lebenswerten Ort.
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