Bad Mergentheim. Was soll aus dem leerstehenden und baufälligen Burger-Haus am Marktplatz werden? Um diese Frage drehte sich eine mehr als einstündige Debatte im Gemeinderat. Kosten von mehreren Millionen Euro wurden genannt und von Teilen des Gremiums abgelehnt.
Die ältesten Gebäudeteile des Burger-Hauses werden auf das Jahr 1433 datiert, sind also fast 600 Jahre alt. Es handelt sich um ein Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung, das die Stadt 2021 kaufte. Es steht seit vielen Jahren leer und verfällt. Früher war es einmal als Spielwaren Burger weithin bekannt und trägt daher seinen Namen.
Millionenschwere Lasten
„Ich rechne mit sieben Millionen Euro an Kosten für die Sanierung, das ist viel zu viel“, kritisierte Freie Wähler-Fraktionschef Jochen Flasbeck pessimistisch das Vorhaben, hier zu investieren. Die Stadt brauche ihr Geld an anderer Stelle – trotz hoher Förderquoten im Sanierungsgebiet „Altstadt“. Fraktionskollege Dr. Klaus Hofmann rief die schlechte Finanzsituation der Stadt in Erinnerung und warnte ebenfalls vor millionenschweren Lasten, die „finanziell nicht darstellbar sind“.
Stadtbaudirektor Bernd Straub erklärte, dass sich die Stadtverwaltung für eine öffentliche Nutzung des Gebäudes stark macht. Details wolle man auf dem gemeinsamen Weg mit dem Gemeinderat und der Bevölkerung klären, heute gehe es um das „grüne Licht“, den weiteren Weg zusammen zu beschreiten. Man verfügt laut Ratsvorlage über 417 Quadratmeter Nutzfläche verteilt über drei Geschosse. Im Erdgeschoss sind Begegnungsräume „für ein Literaturcafé, Ausstellungen, Workshops, Versammlungen oder Vereine“ denkbar. In den Obergeschossen könnte zum Beispiel „die Landesgartenschau-Geschäftsstelle Platz finden oder die Stadtverwaltung, politische Fraktionen, die Jugendmusikschule etc.“. Im rückwärtigen Hofbereich ist eine neue, barrierefreie und öffentlich zugängliche WC-Anlage möglich. In der Ratsvorlage heißt es zudem: „Eine privatwirtschaftliche Nutzung ist nicht förderfähig.“
Oberbürgermeister Udo Glatthaar warb ebenso für ein städtisches Nutzungskonzept und die Investition in „eines der stadtbildprägendsten Gebäude“. Von einem „wirtschaftlich sinnlosen Projekt“ sprach dagegen Prof. Dr. Hans-Werner Springorum (FDP). Christine Geldbach (Pro MGH) betonte, dass die Bürger ganz klar wissen wollen, wofür ihr Geld ausgegeben werde. Hier gebe es noch viele Fragezeichen für ihre Fraktion.
Maximale Förderung wird angestrebt
Stadtbaudirektor Straub verwies auf die maximale Förderung, die man anstrebe, und darauf, dass private Bauherrn das Objekt wohl kaum flott bekämen. Nicht ohne Grund stünde es in der 1A-Lage Marktplatz schon so lange leer. CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lehr meinte, dass die Chancen überwiegen und jetzt das Zeitfenster sei, zu handeln, sonst bleibe es eine Ruine. Er forderte alle Stadträte auf, Mut zu zeigen und ein Signal an alle Eigentümer im Zentrum zu senden, aktiv zu werden und das Sanierungsgebiet mit allen Fördermöglichkeiten auszuschöpfen.
Dr. Alexandra Kurfeß (Grüne) hob die Verantwortung der Stadt hervor, eine langfristig sinnvolle Nutzung des Gebäudes sicherzustellen. Ein echter Business-Plan fehlte Jochen Flasbeck (Freie Wähler). Er könne sich auch vorstellen, nur die Front zu erhalten und den Rest dahinter abzureißen. Sein Fraktionskollege Stefan Dietz erinnerte ebenfalls daran, dass die Stadt kein Geld übrig habe. OB Glatthaar rief zu Besonnenheit auf und dazu, genau auf die Chancen und Risiken zu schauen. Jetzt gehe es erstmal um einen Arbeitsauftrag. Wolfgang Herz (CDU) sagte noch, dass er den Schandfleck gerne durch eine Investition beseitigen und das kulturelle Erbe bewahren wolle.
„Es ist die Wahl zwischen Pest und Cholera“, erklärte Klaus-Dieter Brunotte (SPD). Er stimme zu, dass es wohl teuer werde, aber was soll sonst mit dem Haus passieren, fragte er in die Runde. Franz Imhof (Freie Wähler) plädierte für die Sanierung, während Jimmy Pelka (Pro MGH) auch erstmal nur die Fassade in Angriff nehmen wollte: „Ich bin hin- und hergerissen!“
Hubert Schmieg, der Fraktionschef der Grünen, fragte: „Was wollen wir: Weiterentwicklung oder Stillstand?“ Und Rainer Moritz (Grüne) fügte an: „Jahrelang ging es nicht voran. Wir sollten die Chance nutzen.“ Josef Wülk (Freie Wähler) schob noch nach: „Eigentum verpflichtet. Wir haben uns vor vier Jahren für den Kauf entschieden, jetzt sollten wir den Schandfleck mit hoffentlich hohen Zuschüssen beseitigen.“ Applaus von einigen Stadträten und Ortsvorstehern folgte.
Mit 22 Ja-Stimmen bei elf Nein von FDP, Teilen der Freien Wähler und Teilen von Pro MGH fiel dann die Entscheidung, ein „öffentliches Nutzungskonzept“ weiterzuverfolgen. Die Verwaltung wird mit der Ausschreibung der Architektenleistung als Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb beauftragt. Die weiteren Umsetzungsschritte samt Förderzusagen werden dem Gemeinderat zur Entscheidung vorgelegt. Eine konkrete Nutzung soll festgelegt und weitere Fördergeber angesprochen werden.
70 Kubikmeter Gerümpel und Bauschutt
Der Gemeinderat wurde danach noch von der Verwaltung darüber informiert, dass in einem ersten Schritt Mitte März bereits rund 70 Kubikmeter an Gerümpel, Bauschutt und sonstigem Müll sowie etwa 12 Kubikmeter Glaswolle aus dem Gebäude Marktplatz 4 entfernt wurden. Weitere Ausräumarbeiten sollen zeitnah stattfinden.
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Kommentar Bad Mergentheim: Das hätte man sich sparen können