Hitzige Debatte im Gemeinderat

Bad Mergentheim: „Autofreier Ehrler-Platz“ sorgt für Unmut

Ein Sturm der Entrüstung brach über die Stadtverwaltung herein, dabei ging es um eine Karte. Das Sanierungsgebiet „Altstadt/Stadtgarten“ begrüßen jedoch alle.

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Sascha Bickel
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Ein eingezeichneter, autofreier Hans-Heinrich-Ehrler-Platz war Abstoß für eine hitzige Debatte im Gemeinderat. © picture alliance/dpa

Bad Mergentheim. Die Verkehrsführung und die Autoparkplätze sind in Bad Mergentheim hochpolitische Themen. Das ist allgemein bekannt. So war es für manch Beobachter keine Überraschung, dass ein Sturm der Entrüstung am Donnerstagabend über die Stadtverwaltung hereinbrach, den die Verwaltung und der Oberbürgermeister nach eigener Darstellung so nicht hatten kommen sehen.

Worum ging es? Eigentlich nur um die Fortschreibung der Sanierungsziele für das große Sanierungsgebiet „Altstadt/Stadtgarten“, das enorme Investitionen mit hohen Zuschüssen zwischen Mall-Gelände und Würzburger Straße (am Alten Friedhof) in den nächsten Jahren für Stadt und private Eigentümer ermöglicht. Was war passiert? Das Sanierungsgebiet ist weiterhin hochwillkommen und wird von allen Fraktionen geschätzt und befürwortet. Der Streit in der jüngsten Gemeinderatssitzung entzündete sich an einer Karte (Stand August 2025) in der Ratsvorlage, die das Sanierungsgebiet räumlich aufzeigt und den Hans-Heinrich-Ehrler-Platz sowie die Krumme Gasse als „autofrei“ ausweist! Dazu gibt es bislang keinen Ratsbeschluss und auch ist keine Mehrheit dafür bisher absehbar.

CDU-Fraktionsvorsitzender Andreas Lehr trat die hitzige Debatte los, die später an einigen Stellen auch den sachlich-kritischen Ton vermissen ließ und zu verbalen Attacken auf die Stadtverwaltung führte, die dem Vorbildcharakter des Gremiums in keiner Weise entsprechen. Deutlich wurde aber auch, wie groß der Vertrauensverlust hier mittlerweile gegenüber der Verwaltung ist und wie genervt einige Stadträte über das unsensible Vorgehen sind.

„Bin nicht einverstanden“

„Ich bin nicht damit einverstanden, dass der Ehrler-Platz im Plan als autofrei gekennzeichnet ist! Die CDU trägt das nicht mit!“, machte Lehr einleitend deutlich und erhielt Beifall aus verschiedenen Ecken des Gemeinderates. Stadtbaudirektor Bernd Straub versuchte noch, die aufflammende Debatte einzufangen, indem er darauf hinwies, dass alle Entscheidungen immer bei den Stadträten liegen und der Gemeinderat alles absegne – doch er konnte den folgenden Sturm der Entrüstung nicht mehr aufhalten.

„Das sind die Ziele der Stadtverwaltung“, beklagte sich aufgebracht Stefan Dietz (Freie Wähler): „Das sind Hirngespinste und die Einzelhändler haben das Nachsehen und werden vorgeführt. Ich ärgere mich über diese Salami-Taktik der Verwaltung“, die immer wieder versuche, so Dietz, die autofreien Zonen in Bad Mergentheim auszuweiten und das gegen den Willen vieler Unternehmer und Bürger. Reger Beifall im Saal folgte. „Ich weise das zurück, dass die Innenstadt vollkommen autofrei wird – mit mir nicht“, antwortete Oberbürgermeister Udo Glatthaar. Und der Rathaus-Chef sagte weiter: „Der Hans-Heinrich-Ehrler-Platz wird ein Parkplatz bleiben, aber nach der Sanierung mit mehr Grün.“

Glatthaar bat dringend darum, die Schärfe aus der Diskussion zu nehmen. Auch er betonte: „Der Gemeinderat entscheidet, was kommt und was nicht.“ Jordan Murphy (SPD) empfand die Karte in der Ratsvorlage mit den „Autofrei“-Kennzeichnungen an einigen Stellen als „höchst unglücklich“. Und Dr. Klaus Hofmann (Freie Wähler) verlangte mit kritischem Ton, die „Autofrei-Zeichen“ zu entfernen. Wolfgang Herz (CDU) legte nach und meinte: „Die Begeisterung für diesen Plan hält sich im Gremium in Grenzen.“ OB Glatthaar schlug schließlich vor, die Vorlage zurückzuziehen. Er erinnerte aber auch daran, dass es im vorberatenden Bauausschuss 19 Ja-Stimmen aus allen Fraktionen und nur eine Enthaltung gegeben habe, wahrscheinlich wohlwissend, dass die großen Sanierungsziele im Fokus stehen und die Innenstadt nach dem Gänsmarkt noch einige Veränderungen erfahren soll, während die künftigen Parkmöglichkeiten auf dem Ehrler-Platz später erst zur Detailentscheidung anstehen.

Gemeinderat in Kürze

Der ArbeitskreisVolksfest“ der Stadt hat sich für die Vergabe der Volksfeste 2026 bis 2028 an einen neuen Betreiber stark gemacht und der Gemeinderat folgte nun dem Vorschlag. Das Unternehmen Papert aus Bechhofen bei Ansbach wurde einstimmig (bei einer Enthaltung) für diesen Zeitraum ausgewählt. Neuer Termin für das Fest ist das zweite Juli-Wochenende. Papert hatte aufgrund eigener anderer Verpflichtungen Ende Juli/Anfang August um die Terminänderung gebeten, dem entsprachen der Arbeitskreis und jetzt auch der Rat.

Die Planungsleistungen „Gebäude“ für das neue Fachraumzentrum am Campus Au vergab der Rat an BJW Architekten Part aus Zimmern ob Rottweil. Die Planungsleistungen „Freianlagen“ übernimmt faktorgruen Landschaftsarchitekten bdla Beratende Ingenieure Partnerschaft (Rottweil). Beide Büros sind Gewinner des zuvor veranstalteten Ideen-Wettbewerbs.

Die Freigabe weiterer Planungsleistungen für die Sanierung und Erweiterung der Grundschule Markelsheim erfolgte einstimmig. Momentan geht man von 9,1 Millionen Euro an Gesamtkosten aus. Der Ortschaftsrat macht sich unter anderem dafür stark, dass das Parken im Innenhof außerhalb der Schulzeit weiterhin möglich ist. Die Wünsche des Ortsgremiums wurden dem Beschlussantrag beigefügt.

Das Sanierungsgebiet „Buchener Straße ist einstimmig aufgehoben und Geschichte.

Für den Bebauungsplan „Urbanes Gebiet Herrenwiesen Süd“ wurde der Geltungsbereich räumlich angepasst. Er gilt vom ehemaligen Sägewerksareal „Rudolph“ (hinter dem Toom-Baumarkt) entlang der Gleise bis vor zum Bahnübergang Poststraße/Wolfgangstraße.

Das Sondergebiet „Freiflächenphotovoltaik Furtwiesen“ (5,4 Hektar) rund 650 Meter südlich von Herbsthausen und 100 Meter vom Oberen See entfernt ist einen Schritt vorangekommen. Der Planentwurf des Bebauungsplans wurde einstimmig von den Stadträten gebilligt und der Veröffentlichungsbeschluss gefasst.

„Wenn die Wogen so hochgehen“

„Wenn die Wogen heute so hochgehen, vertage ich das Thema in den Ältestenrat“, bot Glatthaar den Rückzug auf ganzer Linie an. CDU-Fraktionschef Lehr regte an, hier abzubrechen und die Aggressivität aus der Debatte herauszunehmen. Sein Fraktionskollege Alexander Hay sprach den Vertrauensverlust an und fragte, warum diese Zeichen im Plan dort überhaupt stehen. Damit werde doch ein Wille ausgedrückt. Als Negativbeispiel der jüngsten Vergangenheit benannte er die neue 30er-Zone in der Theodor-Klotzbücher-Straße (im Kurgebiet). Der Rat wollte hier Tempo 30, dass damit beispielsweise aber auch eine neue Rechts-vor-Links-Regelung an der Ecke Wolfgangsbrücke/Edelfinger Straße einhergeht, sei vielen Räten nicht klar gewesen und die Verwaltung habe darauf nicht ausreichend bei der Beschlussvorlage hingewiesen.

Karl Kuhn (CDU) lenkte die Gedanken wieder auf das Sanierungsgebiet im Großen und Ganzen. Es bringe die Stadt voran und biete viele Chancen. Dr. Alexandra Kurfeß (Grüne) schloss sich dem an: „Wir wollen die Stadt weiterentwickeln. Warum diese Debatte heute? Es geht um die großen Sanierungsziele. Zum Ehrler-Platz gibt es in der Zukunft noch eine Einzelfallentscheidung.“

Die Debatte drehte sich nun immer mehr darum, ob an diesem Abend noch eine Entscheidung getroffen werden soll, die Zeichen im Plan gestrichen werden oder ob eine Vertagung sinnvoll sei. Stefan Dietz wiederholte seinen Hirngespinst-Vorwurf gegenüber der Verwaltung, die den Rat in eine bestimmte Richtung lenken wolle, woraufhin OB Glatthaar scharf dagegen hielt, dass die Stadt „nicht in den Dreck geredet“ werden sollte. Stadtbaudirektor Straub versuchte erneut, zu beschwichtigen: Es gehe mit dem Sanierungsgebiet darum, städtebauliche Missstände zu beseitigen.

Sitzungspause beantragt

Dr. Klaus Hofmann verlangte eine fünfminütige Sitzungspause und der OB gewährte sie auch. Sie dauerte knapp 15 Minuten, doch dann war der Weg frei, den Tagesordnungspunkt abzuschließen. Ein gemeinsamer Beschlussantrag wurde vorgelegt. Dieser lautete: „Die Fortschreibung der Sanierungsziele, dem Zielkonzept, dem Maßnahmenkonzept und der Kosten- und Finanzübersicht der städtebaulichen Erneuerung im Sanierungsgebiet Altstadt/Stadtgarten wird zugestimmt. Die verkehrstechnischen Fragen werden dem Gemeinderat in jedem Einzelfall zur Beschlussfassung vorgelegt, wobei der Gemeinderat erklärt, dass auch künftig der Autoverkehr auf dem Hans-Heinrich-Ehrler-Platz möglich sein soll.“ 27 Ratsmitglieder inklusive OB stimmten dafür, es gab eine Enthaltung und fünf Nein-Stimmen von den Grünen sowie Silke Karl-Ulshöfer (Freie Wähler).

Im Rahmenplan für die Landesgartenschau 2034 ist der Ehrler-Platz auch nicht als autofrei dargestellt. © Stadt Bad Mergentheim

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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