Start-up aus Bad Mergentheim

Bad Mergentheim: „KI-Sommelier“ berät zu Vielzahl an Weinen

Online beraten werden beim Finden „des richtigen“ Weins, als stünde ein echter Experte daneben. Das bietet Vinolin – ein Start-up-Unternehmen aus Bad Mergentheim.

Von 
Sascha Bickel
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Geschäftsführer Simon Blank (rechts) und sein Bruder David Blank freuen sich über den Erfolg ihres Start-ups "Vinolin". © Sascha Bickel

Bad Mergentheim. Online beraten werden, als stünde ein Sommelier, also ein echter Experte, daneben – mit verständlichen Erklärungen, passenden Empfehlungen und direkter Hilfe beim Finden „des richtigen“ Weins. Das bietet Vinolin. Das Bad Mergentheimer Start-up-Unternehmen haben zwei Brüder aus Löffelstelzen gegründet, Simon (27) und David Blank (25). Die FN sprachen mit ihnen über ihre Pläne, die über Deutschland hinaus bis in die USA reichen.

„Vinolin ist zu 100 Prozent auf Wein spezialisiert - mit tiefem Fachvokabular, sensorischen Profilen und chemischen Parametern. Das System ist feinjustiert auf Weinhäuser, Sortimente und Anwendungsfälle statt allgemeiner Smalltalk-Logik“, erklärt Geschäftsführer Simon Blank stolz. „Vinolin wird direkt in die Onlineshops der Weingüter integriert. Dort können Kunden - ob am Handy oder am PC - wie auch bei einem menschlichen Sommelier Fragen stellen, etwa welcher Wein zu welchem Essen passt oder welcher Wein das persönliche Geschmacksprofil am besten trifft“, beschreibt Blank die Einfachheit des entwickelten und mit Künstlicher Intelligenz (KI) unterstützten Systems.

„Das Potenzial ist riesig“

Der „KI-Sommelier“ berät heute schon online in den Shops seiner Partner zu knapp 3000 Weinen aus der Region und vorwiegend Baden-Württemberg. Und das Wachstum seit der Firmengründung vor rund einem Jahr in Bad Mergentheim soll stetig weitergehen, erzählen Simon Blank und sein jüngerer Bruder David, der mehr für den technischen Part, also die Produktentwicklung, zuständig ist. Die Perspektiven seien hervorragend, denn allein in Deutschland gebe es rund 3000 Weingüter – „bei aktuell knapp 20 Kunden, darunter auch die Winzergenossenschaften in Beckstein und Heilbronn, die wir schon gewonnen haben und deren Zahl wir bis Ende 2025 verdoppeln wollen, ist das Potenzial somit riesig“, sagt Simon Blank und fährt fort: „Wir arbeiten aber auch daran, Vinolin in den Lebensmitteleinzelhandel zu bringen, auch dort gibt es große Weinsortimente und Beratung ist hier ebenso Mangelware. Erste Pilotprojekte sind für Anfang 2026 geplant, derzeit sind wir in diesem Bereich bei der Auswahl von Pilotpartnern.“ Zunächst will sich das Start-up noch auf Europa konzentrieren, aber auch die USA könnten auf lange Sicht in den Fokus rücken.

Die Brüder sind in Bad Mergentheim in die Schule gegangen und in der Weinbauregion Taubertal mit all ihren (Wein-)Festen groß geworden. Während andere junge Leute erstmal das Bier für sich entdecken, interessierte sich Simon Blank mit seiner Volljährigkeit schon früh für die guten Tropfen. Prägend war dann Simons Studium der Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim – und der studentische Weinverein vinUM Mannheim. Simon Blank war bis vor kurzem im geschäftsführenden Vorstand der Initiative tätig. Mit Abschluss seines Studiums schied er aus dem Vorstand aus. Seinen jüngeren Bruder, der nach dem Abitur ein duales Studium „Wirtschaftsinformatik“ absolvierte und danach noch seinen Master an der Technischen Uni in Darmstadt machte, steckte er irgendwann mit dem Genuss guter Weine zu bestimmten Anlässen an.

KI-basierte Beratungslösung

Wie ist die Idee zu Vinolin entstanden? „Die Initialzündung kam aus dem studentischen Weinverein“, berichtet Simon Blank: „Viele junge Menschen finden den Zugang zu Wein schwierig. Hemmschwellen, etwa einfach mal ein Weingut zu kontaktieren oder persönlich vorbeizufahren, sind spürbar. Online gibt es häufig nur umständliche Beratungstermine per Video. Als Wirtschaftsinformatiker dachten wir: Das lässt sich smarter lösen. Nach einer Befragung von 50 Weingütern zeigten über 90 Prozent großes Interesse an unserer KI-basierten Beratungslösung.“ David Blank ergänzt: „Wir wollten einfach was Cooles bauen, was der Weinbranche hilft.“

Die Becksteiner Winzer waren schließlich der erste Partner des Start-ups. „Marketingchef Michael Spies prägt bis heute mit seinem Fachwissen unsere Produktentwicklung maßgeblich - dort bei der WG Beckstein hat Vinolin inzwischen auch mehrere Tausend echte Beratungsgespräche geführt“, betont Simon Blank.

Mit ihrer Start-up-Idee überzeugten die Brüder auch die Campus Founders in Heilbronn und erhielten ein Stipendium mit Coaching. Über das Pre-Seed-Programm der Landeskreditbank Baden-Württemberg bekam Vinolin ein Wandeldarlehen über insgesamt 160.000 Euro und dazu noch 40.000 Euro von der Campus Founders Ventures GmbH als privater Investor.

Anfänge in der Poststraße, im „Tauberwerk“

Große Unterstützung gab es für Vinolin auch von der Wirtschaftsförderung der Stadt Bad Mergentheim. Dr. Tim Schnyder, der Leiter der Stabsstelle, setzte sich sehr ein, lobt Simon Blank und vermittelte den Junggründern Büroräume im Coworking-Space „Tauberwerk“ in der Poststraße 5. Doch das starke KI-Unternehmen-Netzwerk in Heilbronn lockt dorthin. Der Vinolin-Firmensitz soll Ende des Jahres in ein neues Gebäude der Campus Founders auf dem Bildungscampus der Dieter-Schwarz-Stiftung verlegt werden. Die Brüder Blank haben noch viel vor und beschäftigen aktuell schon zwei Mitarbeiter, ein weiterer wird bereits gesucht. Die Verbindung zur Kurstadt soll aber durch ein Büro erhalten bleiben, zumal man neue Weingüter auch in der Heimat fürs eigene KI-Konzept gewinnen will.

Auf dem gerade zu Ende gegangenen Heilbronner Weindorf sammelte Vinolin jetzt weitere wichtige Erfahrungen. Denn die KI half den Besuchern, kostenfrei mit dem Handy den richtigen Wein zu finden. Alle der rund 400 angebotenen Weine auf dem Weindorf waren zuvor bis ins Detail hinterlegt worden und ebenso die kulinarischen Angebote, um die perfekte Verbindung je nach Geschmack und Kundenwunsch zu schaffen.

Fragt man die beiden Brüder nach ihren persönlichen Wein-Vorlieben, dann erfährt man von Simon Blank, dass er gerne Rotwein trinkt: „Tauberschwarz und Schwarzriesling sind meine Lieblingsweine aus der Region.“ David Blank outet sich mehr als „Weißwein-Typ“, besonders angetan hat es ihm ein kräftiger, im Holzfass ausgebauter Chardonnay von der „Selektion“ der Becksteiner Winzer.

Die "Vinolin"-Erfinder in der Weinwelt Beckstein. © Peter D. Wagner

Niedrigschwelliger Zugang

Zur aktuellen Lage der Weinbranche meinen beide, dass es leider eine weltweite Überproduktion von Wein gebe und gerade günstiger Importwein den deutschen Betrieben starke Konkurrenz macht. Zudem würden junge Menschen nicht genug für das Thema Wein gewonnen, es fehle häufig der niedrigschwellige Zugang. Hinzu komme noch die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Winzer, da der Konsum insgesamt zurückgehe.

Mit Vinolin wolle man auch in Zeiten des Fachkräftemangels die Weingüter bei der Beratung entlasten, die Zahl der E-Mail- und Telefonanfragen senken, so Simon Blank, eine höhere Kundenzufriedenheit erreichen und die Reichweite in jüngere Zielgruppen durch den unkomplizierten Zugang erhöhen: „Unser Angebot lohnt sich für alle Betriebe mit Onlineshop und mehr als drei Weinen - überall dort, wo Kundinnen und Kunden auf dem Hof oder in der Vinothek Beratung bekommen, sollten sie diese auch online erhalten.“

Die KI könne auch noch personalisiert werden, so Blank vorausblickend, „indem Kunden wiedererkannt werden und dann Vorschläge zu ihrem ganz individuellen Weingeschmack bekommen“.

„Unser Ziel ist es, Vinolin zum führenden Anbieter von KI-basierter Weinberatung weltweit zu machen“, so Simon und David Blank. Die Künstliche Intelligenz solle künftig auch noch mehr können und dazulernen. So denke man darüber nach, dass Vinolin zu einem Wein auch die genaue Lage der Weinberge etwa in Google Maps anzeigen kann.

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Redaktion Stellvertretender Reporter-Chef; hauptsächlich zuständig für die Große Kreisstadt Bad Mergentheim

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