Bad Mergentheim. Die Bahá’í-Glaubensgemeinschaft ist die jüngste unter den Weltreligionen. Derzeit folgen universell über sechs Millionen Bahá’í, davon rund 6000 in Deutschland, den Visionen des Religionsstifters Bahá’u’lláhs, um zum Weltfrieden, zur Weiterentwicklung der Gesellschaft und zum Fortschritt der Menschheit beizutragen.
Abdu’l-Bahá, (geboren am 23. Mai 1844 in Teheran, verstorben am 29. November 1921 in Haifa) war der älteste Sohn Bahá’u’lláhs. Nach dessen Tod im Jahr 1892 wurde Abdu’l-Bahá berufen, testamentarisch die Bestimmungen seines Vaters und der Bahá’í-Gemeinde weiterzuführen.
Auch die Bahá’í in Bad Mergentheim veranstalteten eine Gedenkstunde anlässlich Abdu’l-Bahás 100-jährigem Todestag unter anderem mit Gebeten und Geschichten aus seinem Leben. Ferner schauten sie einen Film an, der nicht nur das Leben und Werk Abdu’l-Bahás würdigt, sondern zudem aufzeigt, wie er durch seine Worte und Taten ein Verfechter der Einheit der Menschheit war, die überkommenen Annahmen und Vorurteile der damaligen Zeit herausforderte sowie einen Einigungsprozess anregte, der sich bis zum heutigen Tag fortsetzt. Einerseits war Abdu’l-Bahá dementsprechend weithin bekannt und angesehen als Kämpfer für soziale Gerechtigkeit sowie als Botschafter für den internationalen Frieden. Andererseits musste er beinahe das ganze Leben mit seiner Familie in Verbannung und Gefangenschaft verbringen.
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Im Jahre 1908, nach der jungtürkischen Revolution, erlangte er im Alter von 64 Jahren die Freiheit. Dies nutzte er, um von 1911 bis 1913 nach Ägypten, Europa und Nordamerika zu reisen, wo er mit Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenkam und über die Lehren seines Vaters sprach.
Abdu’l-Bahá traf sowohl mit Bürgern aller gesellschaftlichen Schichten zusammen als auch mit bedeutenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik sowie mit Klerikern. Viele heute weltweit bekannte Schriftsteller und Philosophen sowie sogar Staatsoberhäupter fanden in Abdu’l-Bahá Inspiration und Rat. Zum Beispiel suchte ihn die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner auf, mit der er gleichsam über die Bahá’í-Lehren und Weltfrieden sprach.
Im Jahr 1913 weilte Abdu’l-Bahá für knapp 14 Tage in Deutschland, vor allem in der Region Stuttgart. Von dort aus führte ihn der Weg nach Bad Mergentheim. Er folgte damit einer Einladung von Kommerzienrat Albert Schwarz, Bankier und Förderer des Kurbades sowie einem der ersten Bahá’i in Deutschland. „Dies ist ein herrlicher Ort, die Atmosphäre hat eine äußerst günstige Wirkung auf Kranke. Die Umgebung ist lieblich und tut dem Auge gut“, äußerte sich Abdu’l-Bahá bei seinem Besuch in Bad Mergentheim am 7. und 8. April 1913 beeindruckt über die hiesigen Kureinrichtungen und die Landschaft.
Einhergehend versammelte er Ärzte und Direktoren der Kureinrichtungen, lobte diese für ihre Tätigkeiten, die für die kranken Menschen von sehr großem Wert seien, und ermahnte sie zur äußersten Pflichterfüllung sowie Gewissenhaftigkeit in ihrer großen Verantwortung. Bei einem Rundgang konnte er erstmalig seit seiner Verbannung 1853 aus Persien wieder dem Lied einer Nachtigall lauschen. Vor seiner Abreise zurück nach Stuttgart trug sich Abdu’l-Bahá in das Gästebuch des Kurhauses mit den Worten ein: „O Gott, segne dieses Kurhaus und schenke ihm Erfolg“.
Seit 2007 neuer Gedenkstein
1920 wurde Abdu’l-Bahá in Anerkennung der von ihm in den Kriegsjahren geleisteten humanitären Hilfe zum Ritter des Britischen Empire geschlagen. Im Folgejahr verstarb er nach einem langen, aufopferungsvollen Leben in Haifa (Israel). Seiner Beisetzung wohnten auch hohe Staatsbeamte und Oberhäupter verschiedener Religionsgemeinschaften bei. Im April 2007 wurde im Bad Mergentheimer Kurpark nahe des Kursaalgebäudes ein Gedenkstein zu Ehren Abdu’l-Bahás errichtet und feierlich eingeweiht. Schon ab 1917 hatte im Kurpark ein Gedenkstein an dessen Besuch in Bad Mergentheim erinnert. Dieses Denkmal wurde jedoch 1937 von den Nationalsozialisten aufgrund eines Sondererlasses von Heinrich Himmler konfisziert und vermutlich zerstört.
Erhalten geblieben war jedoch immerhin die Matrize, aus der die in dem Stein eingelassene Gedenkplakette gegossen wurde. Mit Hilfe dieser Form konnte eine Replik der Originalplakette erstellt werden, die den neuen, 2007 von der Stadt Bad Mergentheim gestifteten Gedenkstein ziert. Dieser zieht seither regelmäßig sowohl extra angereiste Besucher aus ganz Deutschland als auch Spaziergänger im Kurpark an.
Die Aktivitäten der Bad Mergentheimer Bahá’í umfassen unter anderem Kinderklassen, die im Sommer nach der Corona bedingten Pause wieder angelaufen sind. „Diese dienen der Entwicklung und Stärkung der geistigen Eigenschaften sowie zum Wandel und zur Besserung der Gesellschaft. Diese Kinderklassen stehen allen Kindern, egal welchen religiösen Hintergrundes, offen“, erklären Sussan und Farssa Rastani von der örtlichen Bahá’í-Gemeinschaft. Viele der Kurse finden derzeit per Zoom online statt.
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