Informationen für Betroffene

Wo es Hilfe bei psychischen Problemen gibt

Psychische Erkrankungen scheinen normaler geworden zu sein. Betroffene äußern sich freier, Anlaufstellen zeigen viel Präsenz. Doch immer noch ist das Thema trotzdem mit Scham und Unsicherheit besetzt.

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Bei der Woche der seelischen Gesundheit informierten Ärzte und Therapeuten im Neckar-Odenwald-Kreis darüber, wo Betroffene sich Hilfe holen können. © DPA

Neckar-Odenwald-Kreis. Experten aus dem Neckar-Odenwald-Kreis gaben anlässlich des Welttags der seelischen Gesundheit und der dazugehörigen Aktionswoche Antworten auf Fragen wie: Wo bekomme ich Hilfe vor Ort? Und wie erkenne ich, ob ich psychisch erkrankt bin?

Wie das Netzwerk funktioniert

Zugleich machten die Fachleute deutlich, wie das Netzwerk psychiatrischer Angebote im Neckar-Odenwald-Kreis funktioniert. Eine wichtige Anlaufstelle im Landkreis ist die Diakonie-Klinik Mosbach. Zur Einrichtung der Johannes-Diakonie gehören eine Kinder- und Jugendpsychiatrie, aber auch neuro-psychiatrische Angebote für Erwachsene. Zur Frage nach den Kriterien einer psychischen Erkrankung sagt der Ärztliche Leiter der Diakonie-Klinik, Dr. Karsten Rudolf: „Eine Erkrankung liegt in der Regel vor, wenn psychische Einschrankungen den Alltag und die Teilhabe erschweren.“

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Von
Daniela Käflein
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Speziell bei jungen Menschen komme hinzu, dass deren Entwicklung durch die Erkrankung stark beeinträchtigt werde.

Wer Anzeichen einer psychischen Erkrankung spüre, habe oft mit Unsicherheit zu kämpfen und stelle sich die Frage: Ist das noch normal oder bin ich krank? In diesem Fall riet Dr. Lukas Alexa dazu, das Gespräch mit vertrauten Menschen zu suchen.

Der Mediziner leitet das Zentrum für Psychische Gesundheit Neckar-Odenwald, das in der Neckar-Odenwald-Klinik am Standort Mosbach untergebracht ist. „Auch der Hausarzt ist eine wichtige Anlaufstelle und kann bei Bedarf das passende Hilfsangebot vermitteln“, erklärte er. Dr. Rudolf und Dr. Alexa verwiesen auch auf neue digitale Möglichkeiten der gesundheitlichen Versorgung. Sich Informationen bei seriösen Quellen online zu holen, sei ein wichtiger Schritt, betonte Alexa.

Digitaler Wegweiser

Ein regionaler digitaler Wegweiser für Hilfsangebote stehe auf der Website des Neckar-Odenwald-Kreises bereit. Gerade angesichts fehlenden Personals und voll besetzter Sprechstunden könnten Webseiten, Apps und andere Möglichkeiten der Telemedizin helfen, sagte Dr. Rudolf: „Wir werden bei der Versorgung mehr in die digitale Welt gehen müssen. Da ist noch viel möglich.“

Klar sei aber auch: „In Notfällen müssen wir immer bereit sein, Menschen zeitnah Hilfe zu bieten.“ Richtige Anlaufstationen seien bei Notfällen die Kliniken vor Ort. Wie wichtig der Austausch mit vertrauten Menschen für Erkrankte ist, bestätigte Susann Ottmanns-Heller, Fachgebietsleiterin im Sozialpsychiatrischen Dienst des Diakonischen Werks: „Oft sind es Angehörige, die in unsere Sprechstunden kommen“, sagte die Expertin. Ihr zufolge kommt dem Sozialpsychiatrischen Dienst und anderen Beratungsstellen eine Lotsenfunktion zu. „Durch unsere Arbeit im Netzwerk mit anderen Fachstellen können wir den weiteren Weg zum passenden Angebot leichter machen.“

Um die Nachsorge, etwa nach einem Klinikaufenthalt, kümmern sich wiederum Einrichtungen wie die AWO Neckar-Odenwald. Dort koordiniert Fachgebietsleiterin Felicitas Tumfart Unterstützung in Form von Alltagsbegleitung, tagesstrukturierenden Maßnahmen und ambulant betreutem Wohnen. Zunehmend würden auch Wohnheimplätze nachgefragt. „Begonnen haben wir einmal mit 15 Plätzen.“ Inzwischen gebe es in Mosbach 64 Plätze, die derzeit alle belegt seien.

Hohe Hürden auf dem Weg zur Hilfe stellten sich häufig Suchterkrankten, machte die Leiterin der Suchtberatungsstelle im Neckar-Odenwald-Kreis, Martina Kirsch, deutlich. Viele kämen erst spät in die Beratung; die offene Sprechstunde werde noch wenig genutzt. Ein Grund sei das besondere Stigma, das der Sucht nach wie vor anhafte, obwohl sie in allen gesellschaftlichen Schichten zu finden sei. Dieses Stigma halte viele davon ab, sich Hilfe zu holen und offen mit der Erkrankung umzugehen, selbst dann, wenn sie überwunden sei. „Schade ist, dass Menschen, die den Weg aus der Sucht gefunden haben, darauf nicht stolz sein können“, sagt Kirsch. „Dabei sind sie Helden, die Enormes geleistet haben.“

Die Johannes-Diakonie ist ein sozialwirtschaftliches Unternehmen der Diakonie in Baden mit den Schwerpunkten Behindertenhilfe beziehungsweise Eingliederungshilfe, Medizin und berufliche Rehabilitation, Bildung, Jugend- und Altenhilfe. Sie beschäftige über 3000 Mitarbeitende. Die Johannes-Diakonie verfolge in verschiedenen Geschäftsfeldern das gemeinsame Ziel einer optimalen Förderung und Versorgung von Menschen mit Behinderung und vergleichbarem Hilfebedarf als Beitrag zum gesellschaftlichen Inklusionsprozess.

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