Adelsheim. Ist die Unechte Teilortswahl noch rechtmäßig und zeitgemäß? Mit dieser Frage hatte sich der Adelsheimer Gemeinderat bereits in seiner Sitzung im Januar befasst. Er beauftragte die Gemeindeverwaltung damit, die aktuelle Sitzverteilung zu überprüfen und über die Folgen zu informieren, die eine Abschaffung dieses Wahlmodus’ für die Gemeinde mit sich bringen würde. Bei der Sitzung am Montagabend informierte Andreas Wiltschko vom Fachbereich „Öffentliche Ordnung/Wahlen“ zu diesem Thema.
Dieser ging auf das Urteil des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg im vergangenen Jahr ein, nach dem die Wahl in Tauberbischofsheim wiederholt werden musste. Denn der Stadtteil Impfingen war mit rund 39 Prozent im Gemeinderat stark unterrepräsentiert.
Leibenstadt ist überrepräsentiert
Aus diesem Grund berechnete Wiltschko, wie nach der aktuellen Sitzverteilung die einzelnen Stimmbezirke, bezogen auf die Einwohnerzahl, im Gemeinderat vertreten sind. Demnach ist die Kernstadt Adelsheim mit rund 13 Prozent unterrepräsentiert. Dagegen sind die Stadtteile Sennfeld und Leibenstadt überrepräsentiert, und zwar Sennfeld zu etwa 14 Prozent und Leibenstadt zu rund 49 Prozent. „Würde man die aktuelle Sitzverteilung beibehalten, besteht die Gefahr, dass die nächste Gemeinderatswahl angefochten werden kann“, stellte Wiltschko fest. Die Gemeinde könne auf zwei Arten auf diesen Sachverhalt reagieren: Sie könne die Sitzverteilung anpassen oder die Unechte Teilortswahl durch Änderung der Hauptsatzung abschaffen. Bei der Änderung der Sitzverteilung kann der Gemeinderat die Anzahl der Sitze im Gemeinderat erhöhen. Vor der vergangenen Wahl hatte er diese reduziert , weil vor fünf Jahren die Einwohnerzahl der Stadt unter 5000 Personen gesunken war.
Zum Stichtag 30. September 2022 lebten 5075 Menschen in Adelsheim. Demzufolge kann das Gremiums die Anzahl der Sitze auf einen Wert zwischen 12 und 22 Sitze festlegen. Derzeit verfügt das Gremium regulär über 15 Sitze: neun für Adelsheim, vier für Sennfeld und zwei für Leibenstadt. Wegen eines Ausgleichssitzes gehören derzeit 16 Personen dem Rat an.
Der Gemeinderat nahm die Informationen von Andreas Wiltschko zur Kenntnis. Da die Gemeindeordnung festlegt, dass wichtige Gemeindeangelegenheiten mit den Einwohnern erörtert werden sollen, beschloss das Gremium, zu einer Bürgerversammlung am Freitag, 16. Juni, 19 Uhr, in die Eckenberghalle einzuladen. Dort wird auch Norbert Brugger, Dezernent und Wahlrechtsexperte des Städtetags Baden-Württemberg, informieren und Fragen beantworten. In einer schriftlichen Information, die dem Gemeinderat vorlag, geht der Städtetag auf Vor- und Nachteile der Unechten Teilortswahl ein. So soll dieser Wahlmodus „der Bevölkerung räumlich getrennter Ortsteile einer Gemeinde eine gesonderte Vertretung im Gemeinderat sichern“. Sie sei geeignet, „in den früher selbstständigen Gemeinden (...) die Pflege eines örtlichen Gemeinschaftslebens zu ermöglichen und zur Bürgernähe der Verwaltung beizutragen.“ Die Bezeichnung „unecht“ erhält diese Wahlform, weil auch Wähler anderer Stimmbezirke die Kandidaten in anderen Ortschaften wählen dürfen. Damit das Gesamtstimmenverhältnis gewahrt bleibt, wird das Gremium durch Ausgleichssitze oft größer als eigentlich vorgesehen.
Kompliziertes Wahlverfahren
Ein großer Nachteil der Unechten Teilortswahl ist das komplizierte Wahlverfahren. Dies führe zu mehr ungültigen Stimmabgaben als in Gemeinden ohne diesen Wahlmodus. Außerdem ist es nicht immer möglich, in jeder Ortschaft dausreichend Kandidaten für die Gemeinderatswahl zu finden.
Gemeinderat in Kürze
Der Gemeinderat hatte in nicht-öffentlicher Sitzung zugestimmt, einen Vertrag über Car-Sharing mit dem Unternehmen Deere abzuschließen.
Der Gemeinderat hat dem Vorentwurf des Bebauungsplans „Sondergebiet Freiflächenphotovoltaikanlage Hühneräcker“ zugestimmt. Wie Simone Weiß vom Büro „Enviro-Plan“ erläuterte, wird die Anlage auf einer Fläche von 12,2 Hektar Größe errichtet. Die einzelnen Solarmodule werden über Höhen von 3,50 bis 4 Meter verfügen. Es ist geplant, 2025 mit dem Bau der Anlage zu beginnen.
Die Stadt Adelsheim schafft sich ein Netzersatzaggregat mit einer Leistung von 75 Kilovolt-Amperes an. Sie rechnet dafür mit Kosten von rund 120 000 Euro. Das Gerät soll im Katastrophenfall zur Versorgung der Eckenberghalle eingesetzt werden. Denn diese wird dann als sogenannter Notfalltreffpunkt dienen. Die Adelsheimer Feuerwehr wird das Aggregat alle drei Monate in Betrieb nehmen und auf Funktionsfähigkeit überprüfen.
Einstimmig beschloss der Gemeinderat, die beiden verkaufsoffenen Sonntage in diesem Jahr auf den 2. Juli anlässlich des Adelsheimer Volksfestes und auf den 25. Oktober im Rahmen des Adelsheimer Herbstes zu legen.
Der Gemeinderat vergab Ingenieurdienstleistungen an das Büro „Sack und Partner“ in Höhe von rund 197 000 Euro für die Sanierung der Oberen Eckenbergstraße. Dort sollen außerdem Parkplätze und ein Kommunikationsplatz mit Boule-Anlage und Soccerplatz eingerichtet werden. Der Beschluss steht unter dem Vorbehalt, dass die Kommunalaufsicht zustimmt.
Bei der Vergabe der Kanalinspektionsarbeiten an die Firma Butz in Höhe von rund 69 000 Euro machte Stadtrat Marco Rieß (Freie Wähler) einen Einsparvorschlag: So könne man auf die Befahrung der Anschlussleitungen an die Haushalte verzichten. Denn bis mögliche Wartungsarbeiten getätigt werden, vergehen in der Regel Jahre. Und dann müsste man die Leitungen erneut inspizieren.
Der Gemeinderat genehmigte Zuwendung in einer Gesamthöhe von rund 67 000 Euro, die der Stadtverwaltung für Gruppen und Institutionen im Stadtgebiet zugegangen sind. Dabei fand der Aufruf für Spenden zur Unterstützung von Opfern des Ukrainekriegs besonders großen Zuspruch.
Der Gemeinderat beauftragte den Bürgermeister damit, bei der Gesellschafterversammlung der „EE BürgerEnergie Adelsheim“ der Beschlussvorlage zuzustimmen. Demnach soll der Wirtschaftsplan 2023 des Unternehmens, an dem die Stadt zu 51 Prozent beteiligt ist, genehmigt werden.
Das Progymnasium am Eckenberg-Gymnasium darf rund 2400 Euro aus seinem Schuletat für zwei Beschallungssysteme ausgeben.
Der Gemeinderat nahm zur Kenntnis, dass die Ausfallhaftung der Stadt aufgrund von Förderdarlehen bei der L-Bank rund 900 000 Euro beträgt.
Stadtrat Ralph Gaukel (SPD) regte an, Neubürger wichtige Informationen über das Leben in Adelsheim auszuhändigen. Bürgermeister Wolfram Bernhardt sagte zu, im Rahmen der Innenstadtentwicklung ein entsprechendes Konzept aufzustellen. mb
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