Aufgelesen Zwischen Freud‘ und Leid

Klaus T. Mende über besondere Momente im Zug

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Klaus T. Mende
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Manchmal sind es nicht die großen Dramen, die eine Bahnfahrt prägen, sondern viel eher die kleinen Momente. Etwa die Fahrt mit dem leuchtend gelben Arverio-Zug von Stuttgart nach Osterburken. Alles läuft glatt, der Zug ist pünktlich – fast schon verdächtig glatt, wie eine regelmäßige Bahnfahrerin dieser Tage dachte, die eben auf diesem Streckenabschnitt unterwegs war.

Dann aber kommt die Durchsage des Zugbegleiters an ihre Adresse und die der anderen Passagiere: „Ich habe jetzt eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie.“

Die gute: „Alle Toiletten sind geöffnet“ - ein Satz, der so manchen Fahrgast in wahre Feierlaune versetzte. Endlich einmal kein „außer Betrieb“. Die schlechte folgte aber gleich auf dem Fuß: „Kein Toilettenpapier vorrätig.“

Da wurde auf es mit einem Schlag mucksmäuschenstill im Zug. Manche grinsten, andere kramten umgehend verdächtig nach Taschentüchern - schließlich ist ja nicht ausgeschlossen, dass der Weg aufs „stille Örtchen“ doch noch drohen könnte...

Und doch: Genau solche Durchsagen machen die Bahn zu einem besonderen Ort voller Geschichten. Flugzeuge bieten höchstens Erdnüsse und WLAN, die Bahn dagegen liefert gratis Stoff, mit dem man ein ganzes Buch füllen könnte.

Wer Bahn fährt, ist nicht nur von A nach B unterwegs – er reist mitten hinein ins echte Leben. Und das ist manchmal eben eine Fahrt zwischen Freud‘ und Leid, zwischen offener Toilette und leerer Rolle.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt