Kommentar Wir müssen uns ständig an den Klimaschutz erinnern!

Die Menschheit befindet sich in Sachen Klimaschutz in etwa der Situation einer Suchtkranken, die es einfach nicht lassen kann mit den Drogen. Auch wir benebeln uns am Luxus, obwohl wir wissen, dass es uns zugrunde richtet

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Stefan M. Dettlinger
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Der Mensch befindet sich etwa in der gleichen Situation wie eine Suchtkranke, die es einfach nicht lassen kann mit dem Kiffen, Schniefen oder Drücken. Sie benebelt sich, obwohl sie weiß, dass sie sich so zugrunde richtet. Ein Trauerspiel in einem Akt.

Auch die gesamte Menschheit weiß, was zu tun wäre, um den Planeten Erde und die auf ihm lebenden Spezies inklusive des Homo sapiens zu retten. Dennoch lässt sie sich täglich von den Drogen Wachstum, Mobilität, Luxus und Globalisierung euphorisieren, ja, narkotisieren.

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Statt einen globalen Stopp des Ausstoßes von Treibhausgasen zu erwirken, statt unser Energiesystem auf saubere, erneuerbare Energie umzustellen, statt die Energieeffizienz zu verbessern, statt den Ausstoß von Treibhausgasen aus der Landwirtschaft, den Industrien und den Transportsektoren zu senken, statt unsere Kohlendioxidspeicher, die Wälder, zu schützen und das globale Finanzsystem so umzugestalten, dass es Investitionen in nachhaltige Technologien und Infrastrukturen unterstützt, statt all dies zu tun, tun wir was? Immer munter weiter fahren, holzen, konsumieren und Dreck ausstoßen.

Damit ist jetzt endlich Schluss: Denn die Kunsthalle Mannheim zeigt ab Donnerstag die Ausstellung „1,5 Grad“ und bezieht mit ihr exakt Stellung zum Beschriebenen – dem „Übereinkommen von Paris“ vom 12. Dezember 2015 auf der Weltklimakonferenz.

Dieser kleine Scherz sei – bitte – verziehen, denn natürlich kann eine Kunstausstellung die Welt nicht verändern. Aber vielleicht kann sie die Menschen, die hingehen, um einen Millimeter nach vorn bewegen, vielleicht kann sie die eine oder andere Synapse in unserem neuronalen System so zur Neuverknüpfung anregen, dass wir das Thema (noch) ernster nehmen und ein Mal anders handeln. Wenn Tausende oder Millionen ein einziges Mal anders handeln, kann das viel bewirken.

Klar wird Kunst hier ein Stück weit als Agitation missbraucht, doch: Jede Erinnerung zählt, jede Aktion zählt, jede Maßnahme zählt, jedes Gramm zählt, alles, was wir tun, zählt. Insofern heiligt der Zweck hier die Mittel unbedingt. Er heiligt sie genauso wie im Journalismus, der sich – freilich mit wissenschaftlichem Fundament – in die Nähe von Aktivismus begibt, obwohl es das Berufsethos verbietet. Die meisten Künstlerinnen beziehen ohnehin Stellung, kämpfen, sind aktivistisch unterwegs. Steter Tropfen höhlt den Stein. Lassen wir uns also erinnern. Von der Kunst. Von den Mitmenschen. Unsere Kinder und Kindeskinder werden es uns danken. Wir müssen clean werden.

Ressortleitung Stefan M. Dettlinger leitet das Kulturressort des „MM“ seit 2006.