Mannheim. Das drohende Aus für das Herschelbad ist eine Zäsur. Die Entscheidung steht auch für die Lage, in der sich Mannheim und viele Kommunen befinden: Die Investitionsliste ist lang, die Spielräume sind eng. Mannheim stemmt zeitgleich neue Schulen, Kitas, die teure Sanierung von Nationaltheater und Multihalle, ein Kombibad – und ringt überall mit steigenden Kosten. Dass nun gerade das Herschelbad geschlossen wird, wirkt da wie ein Fanal.
Die Entscheidung schmerzt über den Einzelfall hinaus, weil sie Symbol für eine neue Realität ist: Die Haushaltslage wird dafür sorgen, dass auch andere, liebgewonnene Projekte auf den Prüfstand kommen.
Beim Herschelbad geht es um ein Denkmal des Jugendstils, einen Ort der Stadtgeschichte. Es geht um ein Stück Identität im Selbstverständnis der Stadt.
So wenig sinnvoll es ist, Projekte gegeneinander auszuspielen, so sehr drängen sich gerade bei solchen Härtefällen diese Fragen auf. Während etwa für die Multihalle Millionen bereitgestellt werden, fehlt dort bis heute ein tragfähiges Nutzungskonzept. Der architektonische Wert ist unbestritten. Aber welchen konkreten Nutzen hat es? Wäre es nicht sinnvoller gewesen, in ein Bad zu investieren, das nutzbar ist, über Generationen hinweg Identität gestiftet hat, Schwimmen gelehrt, Begegnung ermöglicht und Integration gelebt hat?
Natürlich braucht Mannheim moderne Infrastruktur. Natürlich hat ein Kombibad mit mehr Fläche und Angeboten seinen Wert. Aber das Herschelbad verdient es, bewahrt zu werden – gerade weil es eben kein x-beliebiges Bad ist und Mannheim damit mehr zu verlieren droht als nur eine Sportstätte. Es geht um ein Denkmal des Jugendstils, einen Ort der Stadtgeschichte. Es geht um ein Stück Identität im Selbstverständnis der Stadt.
Deshalb braucht es jetzt andere Wege. Der Blick richtet sich da auch auf zahlungskräftige private Investoren, die die Chance sehen, sich buchstäblich ein Denkmal zu setzen. Wer in das Herschelbad investiert, investiert nicht nur in Fliesen, Technik und Beton. Er investiert in ein bedeutendes Stück Stadtgeschichte, aber auch in Sport- und Nachwuchsförderung, in Integration und Zusammenhalt. Rendite im klassischen Sinn ist da allerdings wohl kaum zu erwarten – wohl aber gesellschaftliche Anerkennung, Dankbarkeit und eine bleibende Spur in der Stadt.
Das Herschelbad ist mehr als ein Ort zum Schwimmen. Sein drohendes Ende sollte bewusst machen, welchen Wert solche Orte für eine Stadt haben. Wer die Mittel und den Mut hat, kann dieses Erbe retten. Die Stadt wird das nicht schaffen. Aber vielleicht gibt es jemanden, der sich auf diese Weise ein Denkmal im Denkmal schafft.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentar Wer rettet das Mannheimer Herschelbad?
Das Aus für das Herschelbad ist Zäsur. Die Haushaltslage wird dafür sorgen, dass in Mannheim liebgewonnene Projekte auf den Prüfstand kommen. Alternative Wege sind gefragt, kommentiert Sebastian Koch.