Nun ist es ja keine große journalistische Tugend, alle beteiligten Seiten zu Wort kommen zu lassen, wenn es öffentlich diskutierte Irritationen gibt. Es ist eine Selbstverständlichkeit. Die Stadt wundert sich über die kategorische Entscheidung der Viernheimer Baugenossenschaft, im Neubaugebiet Nordweststadt II nicht zu bauen. Dieses Nein hat der Aufsichtsratsvorsitzende bei der jüngsten Bürgerversammlung erneuert, der Vorstand der BG hat es der Spitze der Stadtverwaltung direkt übermittelt. Natürlich drängt sich die Frage nach dem Grund auf. Doch auf das Ersuchen nach einem Gespräch mit dem Vorstand der BG folgt eine so stumme wie vielsagende E-Mail. Und die beginnt ausgerechnet mit der Feststellung von Vorstand Rolf Sax, es stünde viel Falsches über die BG in der Presse. Gleichzeitig indes verschweigt er die konkrete Begründung der Ablehnung. Alles klar? Nein, nichts ist klar.
Die BG habe das Neubaugebiet bereits 2018 genau unter die Lupe genommen – und sei zu eben dieser Entscheidung gekommen, schreibt Sax. Mehr Erklärung gibt es nicht. Das Projekt befindet sich in der Phase des Vorentwurfs zur Planfeststellung. Vieles steht noch nicht fest, etwa die Grundstückspreise und städtische Förderungen für sozialen Wohnungsbau. Vor diesem Hintergrund bezeichnete Erster Stadtrat Jörg Scheidel das frühe Nein der BG als verwunderlich. Da hat er recht.
Sax wirft der Presse Fehler in der Berichterstattung über die BG vor – und wehrt den Versuch der Klärung gleichzeitig ab. Er lädt zu Spekulationen ein. Etwa zu dieser: Warum die Stadt an einem Engagement der BG in dem Gebiet interessiert sei, fragt Sax. Bei einem erfolgversprechenden Projekt müssten die Interessenten doch Schlange stehen. Diesen entlarvenden Seitenhieb konnte Sax sich wohl nicht verkneifen. Es lässt sich vernehmen, dass die BG das Neubaugebiet nicht für erfolgversprechend ansieht. Oder da sind Gründe, die man öffentlich besser nicht benennt.
In Viernheim weiß man, wo die führenden Köpfe wohnen oder ihre Gärten haben. Aber – alles nur Spekulation.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Verwunderlich, tatsächlich
Martin Schulte zur Kommunikation der Baugenossenschaft