Bad Mergentheim. Wieder endet ein Prozess zu einer Gewalttat am Amtsgericht Bad Mergentheim. Es ist nicht der erste Fall, der in jüngerer Vergangenheit verhandelt wurde. Wieder gab es ein Urteil, das für Außenstehende eher schwer nachvollziehbar sein dürfte. Es ist gewissermaßen eine „Schere“ zwischen Tat und Urteil aufgegangen. Genau diese Schere wird, unabhängig vom aktuellen Fall, in Gesprächen mit zahlreichen Lesern ebenfalls wahrgenommen.
Es bleibt daher die Frage offen, ob mit solchen Ergebnissen tatsächlich „im Namen des Volkes“ gesprochen und geurteilt wird. Der Eindruck nach vielen Gesprächen ist eher ein anderer. Denn die Menschen sorgen sich, wenn Verurteilte nach massiven Gewalttaten nur kurz oder überhaupt nicht ins Gefängnis müssen. Massive Gewalt auf der einen, geringe Strafmaße auf der anderen Seite – das hinterlässt trotz nachvollziehbarer juristischer Argumente oft einen unguten Eindruck.
Ein im letzten Moment hochgerissener Arm hier, eine mutig einschreitende Zeugin da – es sind meist Kleinigkeiten, die mögliche Todesfälle verhindern können. Da wirken Plädoyers und Urteile dann oft seltsam distanziert zum Geschehen.
Mir geht es bei dieser Schilderung ausdrücklich nicht um eine generelle Schelte gegenüber Richtern und Staatsanwälten, deren hochkomplexe Arbeit ich sehr respektiere. Man erlebt dort Juristen, die mit gewissenhafter Arbeit zu einem für alle Seiten gerechten Ergebnis kommen möchten.
Angesichts der beschriebenen Schere muss ein grundsätzliches Nachdenken des Gesetzgebers eintreten. Wird genug getan, um die Gesellschaft vor Gewalttätern zu schützen? Kann ein selbst herbeigeführter Zustand verminderter Selbstkontrolle ein Grund für Strafminderung sein? Was soll Ziel der Rechtsprechung im Strafrecht sein? Dieser Debatte sollte sich die Politik nicht verweigern; damit Urteile tatsächlich „im Namen des Volkes“ sind.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Im Namen des Volkes...?
Simon Retzbach macht sich Gedanken über die Urteile bei massiven Gewalttaten