Während wir enttäuscht an die in zwei Wochen beginnenden Schwetzinger Festspiele mit Isabel Mundrys abgesagter weil unfertiger Opernuraufführung denken, ging der Heidelberger Frühling jetzt munter und fröhlich zu Ende – trotz eines weiteren Jahrgangs in der Diaspora der Neuen Universität, trotz Postpandemie, trotz weniger illustrer Künstlerinnen. Dennoch waren die meisten Konzerte ausverkauft – sagt zumindest der Frühling. Genaue Zahlen will Intendant Thorsten Schmidt aber auch im persönlichen Gespräch nicht verraten. Offenbar will er das Narrativ eines seit 27 Jahren stetig wachsenden Festivals nicht zerstören.
Beide Festivals sind Phänomene. In Schwetzingen, das weit mehr Tradition und Alleinstellungsmerkmale hätte, ahnen wir den Haken: Es ist der Sparkurs des SWR, die Organisation mit einer aus dem fernen Berlin abstrakten Programmierung sowie einer Leitung aus Stuttgart. Das Festival scheint sukzessive geschrumpft und marginalisiert zu werden, ja, fast denkt man, erst seit der veranstaltende SWR seinen Namen mitten ins Zentrum der Schwetzinger „SWR“ Festspiele gerückt hat, geht es mit ihnen bergab. Reine Ironie?
In Heidelberg indes reiben wir uns Jahr um Jahr die Augen und suchen – vergeblich – nach einem Haken. Wen man auch sieht und spricht – alle sind voll des Lobes für Baden-Württembergs größtes Klassikfestival, das auch in diesem Jahr – unter dem Banner „Zusammen“ – wieder einen gelungenen Riesenslalom zwischen gesellschaftlicher Relevanz, musikalischer Breite und künstlerischer Exzellenz hingelegt hat. Und dabei geht es nie um Bestzeiten. Es geht ums elegante Umfahren der Fahnen. Dass dabei der altehrwürdigen Klassik eine Verjüngungskur verpasst wurde, war deutlich zu sehen. Nicht nur Multiplikatoren in Kleid und Anzug sind gekommen, auch hippe Junge in Jeans, Parka und Sneaker. Blicken wir nach Heidelberg, so müssen wir uns um anspruchsvolle Musik wie Klassik jedenfalls keine Sorgen machen. Mit dem Heidelberger Frühling denkt eine Stadt offenbar über sich selbst hinaus.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Kommentare Kultur Heidelberger Frühling: Um Klassik keine Sorgen machen
Selbst wenn man nach einem Haken beim Klassikfestival Heidelberger Frühling sucht, wird man nicht fündig. Intendant Thorsten Schmidt kreiert sogar in Krisenzeiten mit Stadthallensanierung ein zukunftsweisendes Festival.