Bad Mergentheim/Ellwangen. Dass nicht jeder Fall an deutschen Gerichten eindeutig ist, liegt in der Natur der Sache. Zu viele Aspekte einer Tat können auch nach ausführlicher Diskussion Ansichtssache bleiben. Doch dass der vorliegende Fall einer Messerattacke unter Arbeitskollegen von der Staatsanwaltschaft Ellwangen nur als gefährliche Körperverletzung angeklagt wurde, ist – vorsichtig formuliert – völlig unverständlich.
Erfahrene Prozessbeobachter wissen, dass die rechtliche Auffassung eines Tötungsvorsatzes nicht zwingend mit dem Bild einer solchen Tat in der breiten Bevölkerung übereinstimmen muss. So reicht beispielsweise ein bloßes in Wut geschrienes „Ich bringe dich um“ eher nicht für eine Anklage als versuchtes Tötungsdelikt. Die Hürden für ein solches liegen deutlich höher.
Doch im Fall der Messerattacke einen Tötungsvorsatz kategorisch abzulehnen, wie es die Staatsanwaltschaft tut, ist geradezu absurd. Denn die verbale Todesdrohung wurde hier eindrücklich mit Taten untermauert: Mit einer Schnittwaffe den Halsbereich zu attackieren, dürfte so ziemlich das gefährlichste sein, was man einem Menschen antun kann.
Wer das tut, der weiß, welche verheerenden Schäden man damit anrichten kann. So wird der Tod eines Menschen zumindest billigend in Kauf genommen, womit eine Form des Tötungsvorsatzes gegeben wäre. Vor diesem Hintergrund war die Entscheidung des Schöffengerichts, den Fall an das Schwurgericht zu verweisen, die einzig nachvollziehbare.
Es wäre der Gesellschaft kaum vermittelbar, eine derart massive Gewalttat als gefährliche Körperverletzung (mit entsprechend geringerem Strafrahmen) herabzustufen. Dass dieser Versuch in Form der Anklage vor dem Schöffengericht unternommen wurde, ist unverständlich. Spannend bleibt, wie das Schwurgericht den Fall bewertet.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/meinung/kommentare_artikel,-kommentar-die-anklage-wegen-gefaehrlicher-koerperverletzung-ist-voellig-unverstaendlich-_arid,2264595.html
Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Die Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung ist völlig unverständlich
Redakteur Simon Retzbach macht sich Gedanken zum aktuellen Prozess wegen einer Messerattacke unter Arbeitskollegen. Die Argumentation der Anklage kann er nicht nachvollziehen - zu eindeutig ist die Faktenlage