Der Filosof Pütagoras

Sabine Holroyd zu den deutschen Rechtschreibregeln

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Sabine Holroyd
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Als kleines Kind dachte ich immer, die deutsche Sprache müsste jeder Mensch auf der ganzen Welt verstehen. Meine Begründung: Es ist doch Deutsch! Als ich ein bisschen älter war, bildete ich mir ein, mit der deutschen Rechtschreibung gut zurechtzukommen. Man hatte Leitlinien wie „Wer nämlich mit h schreibt, ist dämlich“, „Gar nicht schreibt man gar nicht zusammen“ oder „Trenne nie st, denn es tut ihm weh“. Das Wehklagen tausendfach getrennter st verhallt heutzutage ungehört. Ich verstehe das st. Der Anblick von Wörtern wie Portmonnee oder Tunfisch bereitet mir ebenfalls Unwohlsein. Verantwortlich für diese hanebüchene Schreibweise ist Rechtschreibregel D 38, bitte nicht verwechseln mit dem französischen Département de l’Isère.

Sieben Rechtschreibtipps

Im Internet fand ich sieben Tipps, wie man seine Rechtschreibung verbessern kann. Die ersten drei lauten: „Benutzen Sie ein Wörterbuch“, „Lesen Sie die 169 Rechtschreibregeln und lernen sie auswendig“ sowie „Suchen Sie sich jemanden, der mit Ihnen regelmäßig übt“. Das reichte mir schon. Wer soll denn mit mir üben? Es blickt doch niemand mehr durch.

Probleme habe ich bei Wörtern wie „Jeder andere“ – groß oder klein? „So mancher“ – groß oder klein? Der Duden klärt auf: „Zwar werden die unbestimmten Zahladjektive ein, andere, viel, wenig in der Regel kleingeschrieben, auch wenn sie formale Merkmale der Substantivierung aufweisen, man darf sie aber auch großschreiben, wenn man das „Substantivische“ besonders betonen möchte.“

Also werde ich in Zukunft jemanden, der gerade die 169 Regeln auch nicht im Kopf hat und jedoch meint, meine Rechtschreibung korrigieren zu müssen, darauf hinweisen,dass ich mit meiner Schreibweise klar erkennbar Wert auf das Substantivische legen möchte.

Leute, die mathematisch sehr bewandert sind, haben von vornherein (groß, klein, zusammen, auseinander?) meinen uneingeschränkten Respekt. Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wächst meine Hochachtung. Bislang kam aus diesen Kreisen nämlich (ohne h) noch niemand auf die Idee, mal eben schnell das Kommutativ-, Assoziativ- oder Distributivgesetz zu ändern. Und a² plus b² war schon immer c².

Wenn die Rechtschreibung weiter so emsig reformiert wird, ist der Tag, an dem man – ohne Konsequenzen befürchten zu müssen – , „Filosof Pütagoras“ schreiben darf, nicht mehr fern.

Das gelbe Helferlein

Dankenswerterweise (auseinander? „Weise“ groß?) hat man sich bei Duden die Mühe gemacht, eine Liste „rechtschreiblich schwieriger Wörter“ zusammenzustellen. Rechtschreiblich? Ich kenne nur das Wort leserlich.

Dort findet man angeblich oft und gerne benutzte Begriffe wie Ammenhai oder Säbelzahntiger – und auch das ausgesprochen schwierige (?) Wort Arzt. Weiter heißt es da: „Auskunft zu Zweifelsfällen rund um die deutsche Sprache erteilt Ihnen das Team der Duden-Sprachberatung schnell und zuverlässig am Telefon“ (für 1,99 Euro die Minute, aber das nur am Rande). „Haben Sie eine besonders knifflige Frage, die selbst unsere Profis nicht direkt beantworten können, rufen wir Sie gerne zurück.“ Ich ruf’ da mal an.

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim