Mannheim. Übrigens… ist der Traditionsberuf des Schuhputzers hierzulande noch nicht ganz ausgestorben. Zumindest nicht in unseren vier Wänden. Alles fing damit an, dass sich unser Jüngster nichts sehnlicher wünschte als ein Schuhputz-Set. Daran soll es nicht scheitern, dachten wir, immerhin kümmert sich der junge Mann dann um seine Treter, die durch ständiges Fußballspielen bisher meist recht schmuddelig aussahen.
Und tatsächlich: Nachdem das Set angekommen war, konnten wir mehrfach beobachten, wie der Sohnemann akribisch sein Schuhwerk säuberte – und zwar in Etappen: Erst kam der grobe Dreck weg, dann gab’s eine Schicht Creme, dann wurde alles schön poliert. Sogar die Schnürsenkel wurden von einem pflegenden Seifenbad verwöhnt. Zwar war mitunter alles mit Schüsseln und Putzzeug vollgestellt, doch beschweren wollten wir uns keinesfalls.
Auch andere Familienmitglieder stellten schnell fest, wie ordentlich der Kerl sein Werk erledigt. Unser Ältester fackelte nicht lange und bat seinen kleinen Bruder, auch mal seine vormals weißen Sneaker zu säubern. Auch das erledigte der junge Schuhputzer trotz des Mehraufwands bei Größe 46 akkurat und kostenfrei. Dann klingelte es unlängst an unserer Haustür.
Davor stand ein Mitschüler unseres Jüngsten. „Ich würde gerne meine Schuhe abholen“, erklärte er. Bevor wir fragen konnten, ob er die Schuhe neulich vergessen hat, eilte unser Sprössling herbei – und streckte seinem Kumpel dessen frisch geputzte Schuhe hin. Und so trudeln weitere Anfragen ein – und es klingeln immer mehr Leute, die ihre Schuhe abholen wollen.
Unser Hobby-Schuhputzer hat Freude daran, und seine Freunden oder deren Eltern entlohnen es sogar – in Form von süßen Naturalien oder sogar dem einen oder anderen Euro. Wie lange der Putz-Enthusiasmus anhält, wissen wir nicht. Doch wir werden dem Nachwuchs-Business ganz bestimmt keine Steine in den Weg legen.
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Fränkische Nachrichten Plus-Artikel Glosse "Übrigens" Warum der Beruf des Schuhputzers nicht ausstirbt
Der Traditionsberuf des Schuhputzers ist fast ausgestorben, nicht jedoch im Haushalt von Eva Baumgartner. Wie ihr Nachwuchs alte Traditionen am Leben hält und dabei noch profitiert.