Ofenrot glüht oben die Fassade des Hotels Great Northern, beheizt von der untergehenden Sonne. Zugleich geht sie unten schon wieder auf: Vorm Eingang dieses Art-déco-Gebäudes klampft und säuselt ein George-Harrison-Double entrückt „Here Comes the Sun“. Es ist eine Art Intro für den heraufdämmernden Abend in Byron Bay: Oben in der Loggia des Great Northern rekeln sich gut gebräunte Twenty-somethings mit Drinks auf der Balustrade in den letzten Sonnenstrahlen, während sich unten die Tische der Pubs und Cafés am Straßenrand füllen. Direkt davor, am Bordstein, genießt so mancher Backpacker seinen Dauerplatz in der ersten Reihe, lässt die Beine aus der Schiebetür seines zum Campmobil umgebauten Ford Transit baumeln und zischt ein Dosenbier.
Alle paar Meter parkt so eine rollende, rostige Einzimmerwohnung, oft hippie-plüschig dekoriert mit rosa Troddeldecken und Duftkerzen. Kleine Stöber-Shops in geduckten Ladenzeilen heißen „Barefoot Boulevard“ oder „Endless Summer“, bieten Muschelketten und Surfboards, abgebeizte Vintage-Kommoden und glutenfreie Kekse.
„Ja, Byron präsentiert sich gerne als tiefenentspannte Laid-back-Oase für Surfer, Hippies, Rucksack-Touristen und Straßenmusiker“, sagt Tom Ihle. „Ein Image aus den 1980er Jahren, als vor allem Camper und Wochenendgäste hier badeten, zelteten und das Hostel-Doppelstockbett ein paar Dollar pro Nacht kostete“, erzählt der Deutsche. Er arbeitet seit 2009 als Reiseleiter hier und kennt daher sehr genau die jüngere Geschichte des Ortes. „Als persönliches Paradies, entdeckt von Stars wie Olivia Newton-John, die sich von ihrer ,Grease‘-Filmgage ein Landhaus in Byron kaufte, war es spätestens 1990 vorbei mit der Beschaulichkeit“, sagt Ihle. Denn da heiratete Paul Hogan, alias Crocodile Dundee, seine Filmpartnerin Linda Kozlowski hier – in einer Riesen-Villa, die er ihr eigens bauen ließ - als Hochzeitsgeschenk.
Ein Jahr später ließ Hogan eine heruntergekommene Bar – Spitzname „The Beachie“ – in 1-a-Strandlage renovieren und eröffnete sie neu. Byron Bay, knapp 800 Kilometer nördlich von Sydney, ist seitdem zu Australiens Promi-Beach-Hotspot geworden: Filmstar Chris Hemsworth („Star Trek“, „Thor“, „Avengers“) hat hier ein riesiges Anwesen in den Wald setzen lassen, sein Freund Matt Damon wird seitdem öfter in Byron gesehen, ebenso wie Australiens Tennis-Ikone Pat Rafter oder Nicole Kidman.
Mit Folgen für die einzige durch den 10 000-Einwohner-Ort führende Hauptstraße und die Immobilienpreise: Bei zwei Millionen Übernachtungen im Jahr dauert es in der Hochsaison mit dem Auto schon mal eine Stunde, bis Byron-Besucher die Ortsmitte erreichen. „Hier und auch im Umland kosten Häuser und Grundstücke inzwischen so viel wie in Sydneys Top-Lagen“, sagt Tom Ihle.
Australien
Anreise
Von Stuttgart aus per Bahn nach Frankfurt (www.bahn.de). Von dort fliegen Airlines wie Qantas (www.qantas.com), Emirates (www.emirates.com) oder Finnair (www.finnair.com) nach Brisbane. Von hier sind es etwa zwei Autostunden südlich nach Byron Bay.
Unterkunft
The Bower Byron Bay ist eine am Ortsrand von Byron gelegene Hotelanlage, die sowohl kleine, preiswerte Einraum-Apartments als auch geräumigere Übernachtungsmöglichkeiten bietet. Byrons Zentrum ist von hier aus noch gut zu Fuß erreichbar. DZ/F ca. 310 Euro. www.thebowerbyronbay.com.au.
Etwa 700 Meter vom Strand entfernt gelegen: Chrystalbrook Byron. Hier wohnt man in Apartments, versteckt im Regenwald, durch den Holzstege zum Strand führen. DZ/F ca. 263 Euro, www.crystalbrookcollection.com/byron
Essen und Trinken
The Mez Club ist eine Restaurant-Bar, deren Tapas-ähnliche Speisen sich an marokkanischer und griechischer Küche orientieren. Es gibt häufig Livemusik. www.mezclub.com.au/
Das Loft Byron Bay liegt mitten im Zentrum des Ortes, nur wenige Meter vom Hauptstrand entfernt und bietet hervorragende Grill-Küche mit punktgenau gebratenem Fisch und Steaks. Die Plätze auf der Loggia sind die besten, mit Blick auf das Treiben in der Straße darunter. https://loftbyronbay.com.au/
Aktivitäten
Wer Byron mit Tom Ihle erkundet, bekommt tolle Hintergrundgeschichten und Infos. Vom eintägigen Stand-up-Paddling-Kurs über Hinterland-Touren bis hin zu mehrtägigen Camping-Trips hat er vieles im Programm. https://byronbayadventuretours.com.au/
Der Trödelmarkt in Byron findet samstagvormittags statt. Infos zur Besichtigung des Leuchtturms unter www.byron-bay.com/byronbay/lighthouse.html
Allgemeine Informationen
Hogans Beach-Bar, 1991 für neun Millionen australische Dollar gekauft, wechselte zehn Jahre später den Besitzer für 100 Millionen. Byron Bay ist einer der teuersten Flecken Australiens. Auch weil der Küstenort mit sichelförmigen Strandbuchten und bewaldetem Hinterland trotz Investoren-Gedrängels eine Gran-Canarisierung verhindert hat: Bed-&-Breakfast-Landhäuser dominieren, nirgendwo schieben sich Hochkant-Hoteltresore mit Urlauberschließfächern und darmartig ineinander verschlungenen Wasserrutschen ins Bild - so wie etwa an der Gold Coast eine Autostunde nördlich. Dort ist es eigentlich immer voll, in Byron während der Nebensaison noch beschaulich.
Der Ostberliner Tom Ihle, 2007 als Zimmermann nach Australien ausgewandert, ist nach wie vor begeistert. Etwa über eine Felsnase, die der östlichste (für Besucher zugängliche) Festlandspunkt Australiens ist. „Nicht nur, weil meine Reisegruppen hier so schöne Erinnerungsfotos machen können, sondern weil man von oben steil runter ins Meer schaut und Mantarochen und Delfine sieht.“ Etwas weiter oben auf einem Hügel steht der 1901 erbaute, schwarz-weiße Leuchtturm.
„Warum hat es da hinten im fünf Kilometer entfernten Wald früher regelmäßig gebrannt?“, fragt Tom Ihle, schaut neugierig-herausfordernd in die Runde und erntet nichts als Schulterzucken und fragende Gesichter. „Na, weil das Prisma oben im Leuchtturm damals tagsüber still stand, die Sonne drauf schien und durch dieses XXL-Brennglas die Bäume entflammen konnte.“
„Hinterländ“ nennen Australier alles, was abseits von Küste und Städten landeinwärts liegt - ein aus dem Deutschen ins Englische übernommenes Wort wie „Kindergarden“. Tom Ihle ist großer „Hinterländ“-Fan – auch weil er in der hügeligen Umgebung historische Spuren der Entstehung Byron Bays zeigen kann.
Die „Cooper Shoot Road“ etwa, eine kurvige Landstraße mit bestem Panoramablick über grüne, weitläufige Farmen bis hin zur Byrons Küste. „Die Straße heißt so, weil über sie einst gefällte Bäume abwärts in Richtung Bootsanleger geschossen wurden, als Byron Bay im späten 19. Jahrhundert nur eine Bucht war, in der die Stämme verarbeitet und verschifft wurden.“
„Gönnt euch am preisgekrönten Strand von Byron die ersten Sonnenstrahlen des Tages, die Australien erreichen“, rät Tom Ihle. Das frühe Aufstehen am nächsten Morgen lohnt sich: Ein einsamer Angler ist schon am Strand, hält seine Rute in die heranschwappenden Wellen.
Dahinter wartet eine Möwe auf Beifang. Minuten später stehen beide im Rampenlicht – dem Strahl der sich scheinbar aus dem Meer erhebenden Sonne. Der Strandspaziergang durch Priele und Wellenschaum führt samstags zum Flohmarkt. Zu Buden wie „Dark Side of the Spoon“ – mit Schmuck aus alten Silberlöffeln. Byron zelebriert mal wieder sein Hippie-Image.
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