Endlich kam es nach längerer Zeit wieder im Rahmen des Würzburger Mozartfestes im Kiliansdom zur Aufführung einer Sinfonie von Anton Bruckner. Die Bamberger Symphoniker spielten die zweite Sinfonie c-Moll unter dem Dirigenten Jonathan Nott. Ein imposantes Tongemälde baut sich auf, von längeren Pausen unterbrochen, himmelwärts schreitend, unterstrichen durch die gewaltigen Tutti-Blöcke der Blechbläser, hinführend zu ruhigen melodischen Verläufen.
Voll Kraft und Leidenschaft
Nott baute enorme innere und äußere Ausmessungen auf, ließ es an Pathos nicht mangeln, Feierlichkeit und Ausdruckstiefe reichten sich die Hand. Bruckner sah im Geiste den Himmel mit Gott und den Heiligen offen, während er an seinen erhabensten Stellen schrieb. Nott brachte das Orchester dahin, die melodische Linie Bruckners mit einem Höchstmaß weihevoller Tonschönheit auf ihren Instrumenten singen zu lassen, und im langsamen Satz lehrte Nott das Orchester wirklich „beten“.
Mit voller Kraft und Leidenschaft ließ Nott die Bamberger spielen, spürte den sinfonischen Triebkräften der üppigen Dimensionen nach, verlegte sich auf eine opulente Klangentfaltung, ohne sich in eine zu weihevoll zelebrierte Klangpracht zu versteigen. Eine klingende Kathedrale breitete sich vor dem Hörer aus. Notts singende und sprechende Musizierweise erfuhr eine dynamische Nuancierung und klangfarbliche Abstufungen, die sich in der akustischen Hülle des Doms wunderbar vermischten. Man staunte über die Kontrastschärfe, mit der Bruckner die gewaltigsten Klangballungen direkt neben die subtilsten Solopassagen platziert hat.
Zu Beginn des Konzertes hatten sich die Bamberger „Lontano“ von György Ligeti vorgenommen. Diese Musik für großes Orchester entwickelt sich nicht mit gewohnten formgebenden Stilmitteln, wie motivisch-thematische Arbeit oder Kadenzierungen. Ligeti schafft Atmosphäre. Aus einem einzigen Ton entwickelt das Orchester kanonartig dichtere polyphone Strukturen, die sich gegenseitig überlagern, woraus sich eine Klangflächenmusik ergibt. Jonathan Nott ließ eine Klangskulptur unterschiedlicher Stärke und Farbe entstehen, dessen Gesamtbild bald schärfer, bald unschärfer zu hören war. Insgesamt erlebte man ein Konzert verschiedener Wirkungsgrade, das ungeachtet geringer unsauberer Tonansätze des Horns bei Bruckner nachhaltige Eindrücke vermittelt hat. Langer Beifall im nicht ganz ausgebuchten Dom.