Mannheim. Der englische Sänger und Pianist Tom Odell tritt mit seiner Band im gut gefüllten Palastzelt beim 8. Zeltfestival Rhein-Neckar auf dem Mannheimer Maimarktgelände auf. Dabei bespielt er souverän die Pop-Klaviatur von der seelenvollen Ballade bis zum rockigen Rausch.
Pop kann so vieles sein. Mal bietet er, frei nach Edward Elgar, gewissermaßen „Pomp and Circumstance“, kommt mit großer Geste, Gedöns und theaterdonnernder (Sound)Inszenierung daher. Und dann wieder, womit wir bei diesem Konzertabend mit dem britischen Sänger und Pianisten Tom Odell angekommen wären, besinnt er sich auf seine Grundtugenden: die Musikalität und den Kunstsinn seiner Schöpfer.
Die Bühnenwände im Palastzelt sind mit hellem Stoff abgehängt, es gibt keine Videoanimationen und Kameraprojektionen, und die Musik wird von Odell und seiner sechsköpfigen Band in Bausch und Bogen live gespielt - was beileibe keine Selbstverständlichkeit ist im Zeitalter perfektionistischer Konzertproduktionen.
Kein pompöses Intro, stattdessen eine organische Band-Ouvertüre
Odells Auftritt beim 8. Zeltfestival Rhein-Neckar beginnt - auch das ist geradezu überraschend für einen Akteur seiner Star-Kragenweite - nicht mit pompösem Intro, sondern eher mit einem lässigen Hineinschlendern in den Abend, mit einer organischen Band-Ouvertüre, die auch den Jazzliebhaber in einem gespannt darauf sein lässt, wie es hier wohl weitergehen wird.
Und als der Eröffnungssong „Loving You Will Be The Death Of Me“ dann seine volle Spannweite erreicht, einen dabei an Popkunst-Koryphäen wie die Sparks oder Arcade Fire denken lässt, verfestigt sich die Ahnung, dass dies ein ziemlich gutes Konzert werden könnte.
Odell, der einst von Popstar-Lily Allen entdeckt und für deren Plattenlabel unter Vertrag genommen worden war, veröffentlichte 2013 sein Debütalbum. Mit „Black Friday“ erschien im Januar sein sechster Langspieler, dessen Songs im bis zu 5000 Menschen fassenden und zu recht gutem Teil gefüllten Palastzelt eine prominente Rolle spielen.
Odell sitzt und singt dort am Flügel auf der Bühne, auf der Trompete, Saxofon und Geige die Gitarre-Bass-Schlagzeug-Sektion der Band komplettieren. Wobei der 33-Jährige seine exzellente, hochspannungsleitende Stimme, vornehmlich in den Song-Expositionen, auch allein am Klavier begleitet.
„Can’t Pretend“ rockt alsbald angenehm schroff, „The End“ ist der betörend traurige Ausklang einer Beziehung, und beim folkigen „Spinning“ verlässt Odell erstmals seine Piano-Position, um in freier Bewegung zu singen. Bei „Hold Me“ bittet er das Publikum hierfür um stimmliche Unterstützung - die bereitwillig gewährt wird.
„Parties“ wirbelt sich in einen Klangrausch, während „Black Friday“ wieder tief in den balladesken Seelengrund hinabtaucht. Subtil geht „Best Day Of My Life“ schließlich in Odells Signatur-Single „Another Love“ über: Aberhunderte von Handykameras leuchten auf, während sich das Stück in ein furioses Finale steigert. Mit rund 75 Minuten Dauer ist dies beileibe kein sehr langes, aber es ist ein sehr gutes Konzert.
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