Mannheim. Man möchte eigentlich gerne das gleiche Getränk zu sich nehmen wie die Zuhörer bei dem Konzert von Thomas Siffling, das der Trompeter auf seiner neuen CD veröffentlicht hat. „Thomas Siffling’s Jazz Live at the Ella & Louis“ wurde im Januar 2024 in seinem Mannheimer Musikclub mitgeschnitten, wo das enthusiastisch mitgehende Publikum für aufgeheizte Stimmung sorgte. So wie man das von den klassischen Live-Aufnahmen Cannonball Adderleys oder Art Blakeys kennt.
Daran knüpft Siffling auch musikalisch an. Er bietet mitreißenden Gute-Laune-Jazz in bester Hardbop-Tradition. Es groovt, es swingt, Soul- und Blues-Einflüsse kommen zu ihrem Recht, Rock- und Latin-Rhythmen sorgen für Stimmung. Und die regionale Allstar-Band um den Mannheimer Trompeter, der ausschließlich eigene Stücke präsentiert, die er für eine Tanzproduktion am Staatstheater Karlsruhe komponiert hat, spielt auf höchstem Niveau.
Er versteht es, auch mit wenigen Tönen Geschichten zu erzählen
Das gilt vor allem für den Bandleader. Siffling, der sich in die höchste Liga der deutschen Szene emporgespielt hat, zeigt, warum Kritiker und Fans ihn lieben. Technische Präzision, stilvolle Eleganz und emotionaler Tiefgang gehen bei ihm eine wunderbare Verbindung ein. Er versteht es, auch bei Tempo-Läufen nicht mit Rasanz zu protzen, sondern auch mit wenigen Tönen Geschichten zu erzählen. Wie in der Rumba-Nummer „Cuban Hang“, wo er seine Trompete singen lässt wie eine menschliche Stimme, sie schwelgt mit effektvollem Dämpfereinsatz in Koloraturen wie eine Opernsopranistin. Sein ganzes Gespür für die Dramaturgie eines Solos zeigt Siffling in der hinreißenden Ballade „In Liebe“. Nuancenreich modelliert er hier die Töne: tupft sie sachte hin, haucht sie ins Flügelhorn, reichert sie mit zartem Vibrato an, bringt sie mit feinem Tremolo zum Flirren - es klingt wirklich so sinnlich wie eine Liebeserklärung.
Das Album ist das Dokument einer musikalischen Freundschaft
Das Album ist aber auch das Dokument einer musikalischen Freundschaft. Denn mit dem Saxofonisten Olaf Schönborn verbindet den Trompeter eine langjährige Verbindung. Beide befinden sich jetzt musikalisch in der Form ihres Lebens. Schönborn brilliert hier auch an der Bassklarinette, die er gegen alle Trends reizvoll unterkühlt bläst, und am Baritonsaxofon, auf dem er im erdigen Funk-Rock-Fetzer „Heavy Soundscapes“ hupt und blökt wie die ekstatischen Honkers & Screamers des Rhythm’n’Blues. Aber sein Hauptinstrument bleibt das Altsaxofon, auf dem er - röhrend, raspelnd, beißend schroff - zu einer hochexpressiven Stimme gefunden hat.
Auch der Rest der Band setzt sich bestens in Szene. Es ist schön, Erwin Ditzner mal wieder fest fixierte Metren trommeln zu hören; schließlich galt er mal einer der besten deutschen Rock-Drummer. Hier besticht er durch sein fein ziseliertes polyrhythmisches Spiel, was besonders in den Latin-Stücken zur Geltung kommt. An der Gitarre wechselt Heiko Duffner gekonnt zwischen subtiler Jazz-Stilstik und furios fräsenden Rock-Sounds, wie im hitzigen „Blues In The Morning“, wo er den frühen Eric Clapton der Bluesbreakers beschwört. Ähnlich versiert Konrad Hinsken, der mit „Erinnerung“ ein Feature bekommt, auf dem er bedächtig die Töne in die Piano-Tasten träufelt, er kann aber auch deftig und funky das E-Piano bedienen. Und Rosanna Zacharias gefällt mit ihrem schweren mächtigen Sound auf dem Kontrabass, mit dem sie die ganze Truppe trägt. Ein Album, das Klasse hat und Spaß macht.
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