Eine Glatze wäre für manche Männer eine Katastrophe. Könnte man sich etwa Robert Smith, den Kopf der britischen Rockband The Cure, ohne Haare vorstellen? Seit über 40 Jahren kultiviert er mit Hingabe sein Image: bleich geschminktes Gesicht, verschmierter Lippenstift, Wuschelmähne. Eine pubertäre Maske, die er auch im Alter noch zur Schau trägt. Am Sonntag, 21. April wird Robert Smith, einer der wenigen Weltstars der Postpunk- und Wave-Ära, 65 Jahre alt.
Smith singt von Ängsten, Entfremdung und Selbstzweifeln
Nach wie vor singt er von Ängsten, Entfremdung, Selbstzweifel, der Sinnlosigkeit des Lebens. Berühmt wurde die Auftaktzeile des Albums „Pornography“ von 1982: „Es ist egal, ob wir alle sterben.“ The Cure lieferten damals den Soundtrack für ein Jahrzehnt, das bedrohlich war: Atomkriegsgefahr, Umweltzerstörung, Aids, Tschernobyl.
Smith bot einer verstörten Generation Musik, in der man versinken konnte wie in einer schützenden Matratzengruft. Seinem jammernd lamentierenden Gesangsstil ist er seither ebenso treu geblieben wie dem flächig verwaschenen, metallisch rumorenden Gitarren-Sound, den er durch Effektpedale erzeugt.
Doch schon früh entdeckte er ungeahnt eingängige Klänge. Die jazzig swingende Single „The Lovecats“ deutete 1983 eine neue Richtung an, die The Cure zur Arena-Band werden ließ. Die Band veröffentlichte unverschämt poppige Songs und betörende Liebesballaden: das soulige „Close To Me“ (1985), die tanzbare Motown-Nummer „Why Can’t I Be You“ (1987), den romantischen „Lovesong“ vom Erfolgsalbum „Disintegration“ (1989).
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Auf dem ergaben sich The Cure nach sonniger Zwischenphase wieder trüber Melancholie. Was sie aber nicht davon abhielt, vier Jahre später das fröhliche „Friday I’m In Love“ zu präsentieren; ein „dummer Popsong“, wie Smith selbstironisch bekannte.
Immer wieder die Frage nach dem Sinn des Lebens
Oft wurde sein schwarzer britischer Humor übersehen, der etwa beim Hit „Lullaby“ (1989) im Video wie im Songtext („Der Spinnenmann wird mich heute zum Abendessen verspeisen“) spürbar war. Oder in Zeilen wie: „Gestern fühlte ich mich so alt, ich dachte, ich würde sterben.“ Für manche sensible Gemüter freilich war das wie Gift; es gab Teenager, die zu Cure-Musik Suizid begingen.
Manches deutet darauf hin, dass die Songs der Band The Cure, die Smith mit wechselndem Personal leitet, künftig, so wie einst, von tiefer Verzweiflung überschattet werden könnten. Denn die Frage nach dem Sinn des Daseins stellt sich in zwei Lebensphasen mit unerbittlicher Härte: in der Jugend - und im Alter, in dem das Sterben von Freunden und Angehörigen zum Alltag gehört. 2023 spielten The Cure bei US-Auftritten düstere und neue, von Todesangst geprägte Stücke aus einem Album, das seit einigen Jahren angekündigt, aber noch nicht erschienen ist. Es soll „Songs Of A Lost World“ heißen.
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