Heidelberg. Eine weitere Kunstausstellung in der Heidelberger Altstadt. Ein verschachtelter Raum, in dem Bilder in Szene gesetzt werden. Für den einen oder anderen vielleicht nur ein weiterer Ort für Kunsthistoriker und Kunstliebhaber. Doch die Ausstellung „Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen“ im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg bietet viele Facetten, so dass unter anderem das Herz eines jeden Krimi-Fans höher schlagen kann. Besucherinnen und Besucher werden hier in spannende Ermittlungs- und Detektivarbeit, aber auch in die Kunstforschung eingeführt.
Ausstellung im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg zeigt den Unterschied zwischen dem Echten und dem Falschen
Der Unterschied zwischen echt und falsch scheint in der Kunst klar zu sein. Entweder der Künstler hat das Gemälde gemalt oder eben nicht. Die Ausstellung lässt jedoch tiefer blicken. „Manchmal geht es gar nicht um die Frage, ob es ein echter oder ein falscher van Gogh oder Rembrandt ist.
Manche Gemälde werden absichtlich als Kopien gemalt“, erklärt Henry Keazor. Solche Kopien werden ohne betrügerische Absichten angefertigt. Henry Keazor ist Professor am Institut für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg und Kurator der Ausstellung „Kunst und Fälschung“.
Ausstellungen gefälschter Kunstwerke gab es schon früher, zum Beispiel im Rahmen einer Polizeiausstellung 1926, bei der beschlagnahmte und als Fälschungen identifizierte Exponate gezeigt wurden. Auch zahlreiche Museen haben unwissentlich bereits Kopien ausgestellt, weil sie sie für Originale hielten. Das werde aber oft als Schande empfunden und deshalb geheim gehalten, erklärt Keazor.
Mit der „Heidelberger Fälschungs-Studien-Sammlung“ (HeFäStuS) und den Asservaten aus den Landeskriminalämtern Berlin, Baden-Württemberg und Bayern, sei es gelungen, Studierende anhand von Fälschungen für das Richtige zu sensibilisieren. „Sie lernen aus dem Falschen das Richtige und Wichtige“, erklärt Keazor. Das schärfe nicht nur die Urteilsfähigkeit gegenüber Fälschungen, sondern auch gegenüber Originalen. „Die Studierenden standen jeweils vor einem Rätsel, das sie wissenschaftlich untersucht haben. Dabei sind sie zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen“, so Keazor.
Von Kunstbetrüger Wolfgang Beltracchi bis zu Fälschungen von Pablo Picasso und Vincent van Gogh
Als Museumsdirektor Frieder Hepp von der Sammlung erfuhr, sei ihm die Idee zur Ausstellung gekommen, erklärt er. Die verschiedenen Höhepunkte der Ausstellung spiegeln die einzelnen Erfolge im Forschungsverlauf der Studierenden wieder, ergänzt Keazor. Neben den Fälschungen des derzeit bekanntesten Kunstbetrügers Wolfgang Beltracchi oder Picasso-Fälschungen, zähle unter anderem ein Landschaftsgemälde, welches Vincent van Gogh zugeschrieben wurde, zu den Höhepunkten.
„Das Bild selbst, also die Thematik, ist ein früher van Gogh. Der expressive Farbauftrag zeigt jedoch eine spätere Phase“, beschreibt der Kurator. „Es ist üblich in der Lehre, Aufgaben zu stellen, bei denen zwei oder mehr Stile eines Künstlers vermischt werden sollen.“ Sobald diese Übungsarbeiten als Originale verkauft werden, sei es ein offensichtlicher Betrug.
"Kunst und Fälschung - Aus dem Falschen das Richtige lernen"
- „Kunst und Fälschung“ wird im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg bis zum 30. Juni ausgestellt.
- Es wird ein Rahmenprogramm mit Führungen, Vorträgen sowie Workshops vom Museum angeboten.
- Die „Heidelberger Fälschungs-Studien-Sammlung“ (HeFäStuS) wurde 2021 durch die Kooperationen zwischen der Universität Heidelberg und dem Landeskriminalämtern Berlin, Baden-Württemberg und Bayern gegründet.
- Infos gibt es unter www.museum-heidelberg.de.
„Normalerweise sieht man in einer Ausstellung nur die Vorderseite eines Gemäldes“, sagt Keazor. Im Fall des Ausstellungsstücks erzähle die Rückseite die Geschichte und verrate verschiedene Stationen des Bildes. Das Gemälde sei beispielsweise vom Stedeljik-Museum in Amsterdam untersucht worden, dies bestätige ein Aufkleber-Rest. Nach mehreren Besitzerwechseln und im Wissen, dass es eine Fälschung sei, versuchte eine Privatperson dennoch, das Gemälde im Paket mit sechs weiteren für insgesamt 49 Millionen US-Dollar zu verkaufen, sagt Keazor.
Expertenfehler befördern Betrug auf dem Kunstmarkt
Aber auch Expertinnen und Experten können Fälschungen auf dem Kunstmarkt fördern, indem sie die Geschichte eines Bildes oder gar einer Fälschung fehlerhaft wiedergeben. So habe die Kunsthistorikerin Patricia Railing in einem Ausstellungskatalog eine Fälschung im Stil von Alexandra Exter mit falschem Datum und auf dem Kopf stehend abgebildet. „Sie hat das Bild nie gesehen, sonst hätte sie die richtige Jahreszahl darauf gesehen und auch, wo oben und unten ist.“ Bis heute werde das Bild unter dem Namen „Dynamique des couleurs“ mancherorts als ein Original geführt.
Künstliche Intelligenz (KI) spielt in allen möglichen Bereichen eine immer größere Rolle. In der Kunst können mit Hilfe von KI beispielsweise Fälschungen entlarvt werden. Sie kann aber auch zur Herstellung von Fälschungen missbraucht werden. In der Ausstellung wird dies anhand von „The Next Rembrandt“ deutlich. Dies ist ein Gemälde, das von einer KI generiert und von einem 3D-Drucker produziert wurde. Die KI wurde mit Informationen über Rembrandts Stil und mit Merkmalen von 346 Gemälden gefüttert.
Der 3D-Drucker erzeugte in 13 Durchgängen eine Pinselführung und eine Oberflächenstruktur, wie sie auf den echten Gemälden zu sehen sind. „Bei einer Untersuchung würde auffallen, dass es sich um moderne Materialien handelt“, erklärt Keazor. „Je besser die KI in Zukunft gefüttert wird, desto näher könnten die Fälschungen den Originalen kommen. In Kombination mit der richtigen Farbe wird der Unterschied zum Original noch schwerer zu erkennen sein“, ergänzt er.
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