Klima und Artenvielfalt

„Durch Pflanzenkompetenz heben wir uns von anderen ab“

Landschaftsgärtner Achim Kluge bezieht im Interview Stellung

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bgl
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Achim Kluge ist gelernter Landschaftsgärtner, GaLaBau-Techniker, und seit 2000 auch Geschäftsführer des Familienbetriebes Kluge + Sohn in Delligsen, Niedersachsen. Gegründet als Baumschule, wird der Betrieb für Garten- und Landschaftsbau schon in der dritten Generation fortgeführt. Von 2017 bis 2023 war Kluge BGL-Vizepräsident mit dem Ressort Öffentlichkeitsarbeit und hat unter anderem die Initiative „Rettet den Vorgarten“ ins Leben gerufen. Mitte September endete seine reguläre Amtszeit.

Herr Kluge, wie wichtig ist Pflanzenvielfalt im Garten?

Achim Kluge: Pflanzenvielfalt ist sehr wichtig! Besonders wir Fachleute wissen, dass Monokulturen verstärkt anfällig sind – für Krankheiten und Schädlinge, aber auch für Klimafolgen oder andere äußere Einflüsse. Gerade in Zeiten des Klimawandels ist es entscheidend, auf vielfältige Pflanzenbestände zu achten, die an den Standort angepasst sind. Als Landschaftsgärtner sammelt man ja täglich Erfahrungswerte, welche Pflanzen sich bewähren.

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Was wissen Menschen mit Garten über Pflanzenvielfalt? Hören Sie explizite Fragen dazu?

Kluge: Es kommt oft vor, dass Menschen im ersten Beratungsgespräch fragen, was gepflanzt werden muss, um besonders Bienen, aber auch andere Insekten und Vögel in ihren Garten zu locken. Ich empfehle dann nicht gefüllte Blüten, eine angepasste Blütenfolge und insgesamt eine möglichst breite Arten- und Sortenwahl bei Gehölzen, Stauden und Gräsern. Wertvolle Lebensräume lassen sich auch mit Hilfe von integrierten Totholzhaufen oder Trockenmauern schaffen, die für verschiedene Insekten-, Spinnen- und Eidechsenarten wichtig sind.

Und wer schon vorher einen Garten hatte?

Kluge: Der hat genauere Vorstellungen als ein Mensch, der seinen ersten Garten gestalten möchte. Manche interessieren sich ausschließlich dafür, dass ihr Garten „pflegeleicht“ wird. Aber darüber, was das bedeutet, gibt es große Missverständnisse bei vielen Gartenbesitzern. Schotterwüsten sind auf jeden Fall auf Dauer nicht pflegeleicht, so viel ist sicher.

Macht es beim Thema Pflanzenvielfalt einen Unterschied, ob Sie einen großen Garten planen oder einen kleinen?

Kluge: Natürlich macht die Größe des Gestaltungsspielraums einen Unterschied: Denn in kleinen Gärten ist es oft schwierig, alles umzusetzen, was die Kunden gerne haben würden. Deshalb ist dort ist die Kompetenz der Profis besonders gefragt. Schließlich soll das Gartenkonzept langfristig funktionieren. Aber selbst auf kleinem Raum kann man vielfältige und abwechslungsreiche Gartenideen umsetzen. In größeren Gärten gibt es auch in der Pflanzenauswahl mehr Möglichkeiten, beispielsweise für Bäume und Solitärgehölze.

Wie stellen Sie betriebsintern eine gute Pflanzenkompetenz sicher?

Kluge: Als Ausbildungsbetrieb legen wir viel Wert darauf, die Pflanzenkenntnis unserer Mitarbeiter zu fördern. Wir geben unser eigenes Wissen weiter, nutzen aber auch überbetriebliche Weiterbildungskurse. Wenn wir merken, dass sich Auszubildende besonders für Pflanzen interessieren, unterstützen wir sie gezielt in dieser Richtung. Die Prinzipien „Fordern und Fördern“, aber auch regelmäßiges Feedback, sind hier ganz wichtig.

Und was empfehlen Sie jungen Landschaftsgärtnern?

Kluge: Bleibt unbedingt an dem Thema „Pflanze“ dran! Auch, weil wir uns damit von anderen Gewerken deutlich abheben. Wir lassen beispielsweise nach Möglichkeit unsere Auszubildenden die Gärten pflegen, die sie selbst gepflanzt haben. So sollen sie sehen, wie sich die Pflanzungen entwickeln und inwieweit die Planung aufgeht. Wer einmal erkannt hat, welche gestalterischen Möglichkeiten die Pflanzenwahl birgt, geht mit anderen Augen durch die Welt. Ob in Gärten, Parks oder in der freien Natur – überall kann man etwas darüber lernen, wie welche Pflanzen miteinander wirken.

2017 haben Sie als BGL-Vizepräsident die Initiative „Rettet den Vorgarten“ gegen Schotterwüsten mit initiiert. Wie entwickelt sich dieses Phänomen seither aus Ihrer Sicht?

Kluge: Wir sind jetzt seit sechs Jahren aktiv und es ist inzwischen schon eine virale Bewegung daraus geworden. Privatleute rufen bei uns an und fragen, wie viel es kosten würde, ihre Schotterwüste vor dem Haus loszuwerden. Viele haben Angst, dass ihnen die Kommune eines Tages Probleme machen wird. Wobei ich sagen muss, dass Verbote nie das Ziel unserer Initiative waren. Wir wollen die Menschen mit guten Argumenten überzeugen, dass ihre Vorgärten als grüne und blühende Bausteine einer lebenswerten Wohnumgebung vielfach positiv wirken – auf das Mikroklima, die Artenvielfalt und als Ort für soziale Kontakte. Auch Kommunen und Unternehmen verwandeln immer öfter graue Flächen in grüne Oasen, um ihren Bürgern und Mitarbeiter-Teams erholsame Räume zu bieten, in denen sie sich gerne aufhalten.

Sie waren sechs Jahre im BGL-Präsidium. Wie blicken Sie heute auf diese Zeit zurück?

Kluge: Die Verbandsarbeit war super! Man baut sich nicht nur neue Netzwerke auf und hat exklusiven Zugang zu Infos, die man nur im Verband bekommt. Zudem hat man auch die Möglichkeit, Themen selbst mitzugestalten und zu beeinflussen – von der bundesweiten Öffentlichkeitsarbeit für unsere Branche und unternehmerischen Perspektiven für die GaLaBau-Betriebe, über die Stadtentwicklung bis hin zu landschaftsgärtnerischen Fachgebieten. So gern ich diese Aufgaben übernommen habe, so überzeugt bin ich davon, dass das Rotationsprinzip richtig ist. Nach sechs Jahren übernimmt ein anderer Mensch diese Rolle und kann wieder neue Impulse und Schwerpunkte setzen. Aus eigener Erfahrung kann ich nur empfehlen: Engagiert Euch für Euren Berufsstand im Verband! bgl

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