Wertheim. Es duftet noch nach Druckerpresse. Vor wenigen Tagen erschien in einem christlichen Verlag das erste Buch von Naomi Bosch. Am Montag las die Autorin in der Wertheimer Stiftskirche daraus. Der Titel: „Und dennoch pflanze ich einen Garten. Wie wir in der Umweltkrise Hoffnung säen“.
Erst vor wenigen Wochen hat die 25-jährige ihr Studium der Agrarwissenschaften in Zagreb abgeschlossen. Monika Diez von der Evangelischen Allianz stellte die junge Autorin den etwa 20 Zuhörerinnen und Zuhörern vor. Bosch erklärte ihre Motivation zum Schreiben: „Im Studium habe ich immer mehr über die ökologischen Probleme der heutigen Zeit erfahren. Auf der Grundlage meines christlichen Glaubens möchte ich für einen neuen Umgang mit der Natur werben.“
Wachstumsfixiert
In ihrem Buch beschreibt die Agrarwissenschaftlerin, wie wir durch unser Wirtschaftssystem sowie unser individuelles Verbraucherverhalten Raubbau an der Natur betreiben und zeigt Alternativen auf. Dabei bezieht sie sich auf Erkenntnisse aus dem Ökolandbau und der regenerativen Landwirtschaft. Bei diesem Ansatz steht der Erhalt der Bodenqualität im Zentrum.
Ihr Plädoyer gegen Flächenfraß und Artensterben ist nicht neu. Originell ist jedoch, dass sie ihre Kritik an der modernen Landwirtschaft mit einer Rückschau in die göttlichen Gebote aus den fünf Büchern Mose, der Thora, verbindet. Ihre Ausführungen über die Funktion der Brache als Erholung der Böden verbindet sie mit dem Sabbatjahr. Nach dieser Weisung aus dem Alten Testament sollen alle sieben Jahre die Felder nicht bebaut werden. Naomi Bosch ist überzeugt: „Innehalten, nicht immer produktiv sein müssen, dem Hamsterrad entkommen – dies würde unser Verhältnis zur Schöpfung verändern.“
Ausgehend von den biblischen Geboten entwickelt sie Ansätze zu einer Theologie der Nachhaltigkeit, etwa wenn es in der Bibel heißt, dass Felder und Weinberge nie völlig bis zum Rand abgeerntet werden sollen. Für die Armen sollte eine Nachlese möglich sein. Für Bosch ist das ganz aktuell: „Heute sind wir so nahe an die Ränder gekommen, dass wir drohen, von den Klippen zu fallen. Nachlese heute heißt, Raum für Insekten zu lassen und für die Menschen, die jenseits unseres Überflusses zu wenig haben.“
Optimistisch
Die Autorin übersetzt die alten biblischen Gebote ins Heute, ohne sie, wie viele andere evangelikale Christen, wortwörtlich zu nehmen. Ihr Buchtitel klingt optimistisch und erinnert an ein Lutherzitat: „Wenn ich wüsste, dass sie Welt morgen untergeht, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.“ Auch Naomi Bosch ist überzeugt: „Jeden Tag können wir am Reich Gottes mit bauen“. Ihr religiöses Fazit: „Unser Verhältnis zu Gott leidet durch unsere Entfremdung von der Schöpfung.“ Das Motto „Bewahrung Schöpfung“ haben sich die Kirchen bereits vor 40 Jahren zu eigen gemacht.
Naomi Bosch reicht das nicht aus. Sie ist überzeugt: „Gott hat uns als sein Ebenbild erschaffen, um in der Nähe seiner Schöpfung zu leben. Wenn der Mensch respektvoll mit der Natur umgeht, kann er zur Artenvielfalt beitragen und vom Schädling zum Segen werden. Unser Auftrag ist es doch, die Schöpfung besser zu hinterlassen als wir sie vorgefunden haben.“ Damit sprengt Bosch den Begriff des Bewahrens und greift das jüdische ethische Prinzip der „Heilung der Welt“ auf.
Bio-Hof mit Bildungszentrum
Die junge Agrarexpertin möchte dazu einen persönlichen Beitrag leisten. In der Stiftskirche verriet sie dem Publikum ihre Pläne: „Ich mochte schon immer die Natur und war begeistert von den Naturwissenschaften. Ich möchte jetzt etwas Praktisches machen und in Kroatien in der Nähe von Zagreb, wo ich aufgewachsen bin, einen Bauernhof aufbauen.“ Wie auch in Franken üblich, möchte sie dort Nutztierhaltung mit Obstanbau verbinden. Über solche Systeme hat sie ihre Masterarbeit geschrieben und will es nicht bei der Theorie stehen lassen. Ein erster Schritt dazu soll ein Hektar Schnittblumen sein: „Mit ökologischer, lokaler und saisonaler Blumenproduktion möchte ich Alternativen zu chemieverseuchten Importen anbieten.“
Doch ihr Projekt weist weit darüber hinaus. Sie erzählt: „Ich möchte im ländlichen Raum in Kroatien Perspektiven schaffen und ein Zeichen setzen für Ökolandbau. Nach und nach soll dann dort auch ein spirituelles Zentrum entstehen. So etwas gibt es natürlich schon, aber nicht in der Nähe von Zagreb.“ Das Publikum in der Stiftskirche ließ sich von Boschs Optimismus anstecken und spendete nachdenklich Beifall.
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