Handel - Mustafa Baklan über die Expansionspläne der Suntat-Gruppe in Mannheim – und den jahrelangen Rechtsstreit mit seinen Neffen

Suntat-Chef Mustafa Baklan: "Ich bin persönlich sehr enttäuscht"

Von 
Tatjana Junker und Bettina Eschbacher
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Der Mannheimer Unternehmer Mustafa Baklan. © Tröster

Mannheim. Wirtschaftlich hat die Mannheimer Suntat-Gruppe den Rechtsstreit innerhalb der Familie gut verkraftet - aber die persönliche Enttäuschung ist groß, sagt Geschäftsführer Mustafa Baklan.

Herr Baklan, wir befinden uns seit Monaten in einer Pandemie - wie wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?

Mustafa Baklan: Wir hatten im Frühjahr wegen des Ramadans viele Waren auf Lager - für diese Zeit brauchen wir immer einen Puffer an Lebensmitteln. Also waren wir erst einmal gut auf die höhere Nachfrage vorbereitet. Spontan haben wir einige Grundnahrungsmittel und Toilettenpapier ins Sortiment aufgenommen, die wir sonst nicht führen. Damit konnten wir unsere Kunden, türkische Supermärkte und regionale Unternehmen wie Edeka oder Rewe, gut versorgen. Einige Marktleiter haben sich danach bei uns bedankt - das hat mich gefreut.

Wo haben Sie denn Toilettenpapier und Mehl herbekommen? Das war doch alles ausverkauft.

Baklan: In Deutschland war das schwierig. Aber ich habe dort geordert, wo es noch Vorräte gab, zum Beispiel bei unseren Partnern aus Italien und der Türkei. Wir haben extra einen Zug gemietet, um die zusätzliche Ware zu transportieren. Da haben wir 35 Waggons gefüllt, unter anderem mit Containern voller Mehl, Teigwaren oder Toilettenpapier. Wir haben ein weltweites Netz von Geschäftspartnern, ob in Südeuropa, China, asiatischen Ländern oder Nordafrika. Dadurch kann man vieles möglich machen. Und wir haben unsere fünf eigenen Produktionsstätten in der Türkei schnell auf den aktuellen Bedarf umgestellt.

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat 2017 entschieden, dass Ihr Unternehmen den früheren Marken-Namen Baktat zumindest in Deutschland an die Erben Ihres 1992 verstorbenen Bruders abgeben muss. Vor dem Landgericht Mannheim laufen weitere Klagen in dem Familienstreit. Worum geht es da genau?

Baklan: Das Urteil des Oberlandesgerichts hatte ich so nicht erwartet. Wir waren immer ein Familienunternehmen. Die Marke Baktat war nur in Deutschland auf meinen Bruder Muharrem angemeldet. Alle Brüder waren aktiv im Unternehmen beschäftigt. Als Muharrem 1992 bei einem Autounfall ums Leben kam, bei dem ich selbst auch im Wagen saß, war Baktat ein Einzelhandelsgeschäft mit 1,5 Millionen Schulden bei den Lieferanten. Wir mussten vieles sehr schnell regeln, in der Türkei und in Deutschland. Für die Abwicklung aller geschäftlichen Tätigkeiten hat die Witwe meines Bruders uns Brüdern Halil, Mustafa und Ali Baklan eine Vollmacht erteilt, da die Erben nicht in der Lage waren, die Angelegenheiten selbst zu regeln. Ich wollte alles sauber abschließen, wir haben alle Schulden bezahlt und dann den Laden geschlossen.

Und wie ging es dann weiter?

Baklan: Wir haben unter demselben Namen BAK Kardesler dann ein Großhandelsunternehmen aufgebaut und auch die Marke Baktat weiter genutzt. Aber die Richter haben später bei der Übertragung der Namensrechte durch Muharrems Witwe auf uns Brüder einen formellen Fehler beanstandet. Deshalb wurde die Übertragung im Nachhinein als unwirksam erklärt. Geklagt hatten die Söhne meines Bruders, ihnen wurden als dessen Erben die Markenrechte in Deutschland zugesprochen. Außerhalb Deutschlands ist unsere türkische Gesellschaft weiterhin im Besitz der Rechte an der Marke Baktat.

Sie haben mittlerweile erfolgreich die Marke Suntat als Ersatz aufgebaut. Warum laufen immer noch Prozesse?

Baklan: Meine Neffen überziehen mich und unser Unternehmen, die BLG Kardesler GmbH, mit immer neuen Klagen. Jetzt wollen sie vor dem Landgericht Mannheim Schadenersatz in Höhe von über 4 Millionen Euro für die frühere Nutzung der Marke Baktat in Deutschland einklagen. Schadenersatz steht ihnen nach dem Karlsruher Urteil von 2017 auch zu - aber die Höhe ließ das Gericht offen.

Halten Sie die Forderung für gerechtfertigt?

Baklan: Auf keinen Fall. Ich bin sicher, meinen Neffen steht viel, viel weniger zu. Kurz vor dem Tod meines Bruders, also 1991, hat das Unternehmen gerade einmal 33 000 D-Mark Gewinn gemacht. Und das zu 90 Prozent mit Fremdartikeln im Sortiment, da die Marke Baktat auch erst Ende 1992 markenrechtlich geschützt wurde. Danach habe ich jahrelang 16, 18 Stunden täglich gearbeitet und die Marke Baktat aufgebaut, mit dem Sonnen-Logo erweitert und mit der türkischen Gesellschaft weltweit bekannt gemacht. Das war wie ein Kind, das ich dann auf einmal wieder abgeben musste. Meine drei Neffen waren damals zu klein, um überhaupt einen Beitrag zum Erfolg des Unternehmens zu leisten. Und schauen Sie, seit 2017 haben sie es nicht geschafft, mit der Marke Baktat etwas aufzubauen. Jetzt wollen sie sie wohl verkaufen. Die Marke hatte nur einen Wert im Zusammenhang mit den unternehmerischen Leistungen von mir und meinem Bruder Kadir Baklan. Das hat sich auch daran gezeigt, wie schnell wir die Marke Suntat etabliert haben.

Ist der juristische Streit so schwer zu lösen, weil dahinter so viele Emotionen stecken, weil es um die Familie geht?

Baklan: Ich bin persönlich sehr enttäuscht. Ich habe meine Neffen nach dem Tod meines Bruders immer finanziell unterstützt, die ganze Familie hat sich um sie gekümmert. Meine Frau hat sie zum Beispiel jeden Tag zur Schule gebracht und abgeholt. Es trifft mich auch sehr, dass sie versuchen, meinen Ruf als anständigen Geschäftsmann zu beschädigen. Ich bin in meinem Umfeld bekannt als ein sozialer, fürsorglicher Unternehmer.

In Zusammenhang mit der Gründung eines Betriebsrats in Ihrem Unternehmen gab es Anfang des Jahres Konflikte vor dem Mannheimer Arbeitsgericht. Was ist da schief gelaufen?

Baklan: Wir haben als Familienunternehmen immer versucht, unsere Mitarbeiter gut zu behandeln. Wir leisten seit Jahren diverse Prämienzahlungen, Weihnachtsgeld und Betriebsrente. Auch wurde in manchen Fällen ein Auge zugedrückt - so wie man es auch bei Familienangehörigen macht. Als aber einige Mitarbeiter mit allen Mitteln neue Arbeitszeitregeln einführen und einen Betriebsrat gründen wollten, haben wir darauf bestanden, dass auch alle anderen Regeln eingehalten werden. Deshalb kam es zu Konflikten mit einzelnen Mitarbeitern. Mittlerweile ist der Betriebsrat installiert, und die Zusammenarbeit klappt gut.

Wirtschaftlich haben Sie sich von dem Markenstreit erholt. Wie hoch ist der Umsatzanteil von Suntat?

Baklan: Suntat macht rund 90 Prozent unseres Umsatzes aus - und der ist mit unserer neuen Marke seit 2017 kontinuierlich gestiegen, im vergangenen Jahr um 12 Prozent. Wir wachsen so stark, dass unsere Zentrale in Mannheim-Neckarau zu klein wird. Wir wollen expandieren.

Was haben Sie vor?

Baklan: Wir suchen Flächen für ein neues Lager, das wird eine Investition von rund 20 Millionen Euro. Uns wurden Flächen in der Pfalz angeboten, aber wir wollen in Mannheim bleiben. Hier sind wir groß geworden, hier ist unsere Heimat.

Das Suntat-Logo prangt jetzt auf den Fußballtrikots des SV Waldhof. Was bringt das Sponsoring?

Baklan: Wir wollen als türkischstämmige Unternehmer Migranten mit der deutschen Gesellschaft zusammenbringen. Ich habe schon viele Vereine und Organisationen mit diesem Ziel ins Leben gerufen. Bildung, Kultur und Sport - das ist mir wichtig. Mit dem Trikotsponsoring beim Waldhof wollte ich ein Zeichen setzen, gerade in diesen schwierigen Pandemie-Zeiten. Es ist mir wichtig, das soziale Engagement unseres Unternehmens sowie unsere neue Marke mit dem regionalen Sport zu verbinden. Und damit zeigen wir: Ob Waldhof-Mitglieder oder hier lebende Migranten - wir sind eins.

Exporte in mehr als 50 Länder

  • Mustafa Baklan führt gemeinsam mit seinem Bruder Kadir Baklan die Mannheimer Unternehmensgruppe Suntat. Schwerpunkt ist der Handel mit mediterranen Lebensmitteln.
  • Die Gruppe beschäftigt in Deutschland rund 200 Mitarbeiter, davon etwa 100 in Mannheim. In der Türkei, wo es fünf Produktionsstätten gibt, arbeiten je nach Saison 1500 bis 2000 Mitarbeiter. Insgesamt exportiert das Unternehmen in mehr als 50 Länder.
  • Die Suntat-Gruppe erwirtschaftet nach eigenen Angaben einen Umsatz im niedrigen dreistelligen Millionenbereich.

Redaktion Wirtschaftsreporterin

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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