Berlin. Einen Ausblick auf die Preise für die Kfz-Versicherungen stimmt Autobesitzer missmutig. Am Jahresende droht vielen eine deutliche Verteuerung der Police. Schon vor Beginn der Wechselsaison zum Jahresende registriert das Vergleichsportal Verivox anziehen Preise. „Im Schnitt sind Kfz-Versicherungen aktuell 21 Prozent teurer als im Vorjahr“, heißt es. Am stärksten legen demnach die Preise für die Haftpflichtversicherung mit plus 25 Prozent zu. Teilkasko- und Kaskopolicen verteuerten sich um 21 beziehungsweise 20 Prozent. „Die Preissteigerungen im letzten Jahr haben noch nicht ausgereicht, um die Defizite der Kfz-Versicherer zu kompensieren“, sagt Verivox-Experte Wolfgang Schütz.
Auch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) rechnet mit einem Kostenschub. Der Verband sieht dafür vor allem zwei Gründe: So leiden die Versicherer unter mehr Schäden durch Extremwetterereignisse und zugleich steigenden Reparaturkosten. „Nach unserer aktuellen Hochrechnung werden die Kfz-Versicherer einen Verlust von rund zwei Milliarden Euro verzeichnen“, erläutert GDV-Chef Jörg Asmussen.
Schon im vergangenen Jahr musste die Branche ein Minus von drei Milliarden Euro verkraften. Insgesamt bezahlen die Autofahrer in Deutschland jährlich knapp 34 Milliarden Euro für den Schutz bei Schäden. Für jeden eingenommenen Euro müssen die Versicherer aber laut Asmussen 1,06 Euro zur Schadensbeseitigung ausgeben - so komme der Milliardenverlust zustande.
Die Reparaturen werden immer teurer. Im vergangenen Jahr kostete ein Haftpflichtschaden im Schnitt 4000 Euro. Vor zehn Jahren schlug er noch mit 2500 Euro zu Buche. Auch die Kosten für die Werkstatt schossen zuletzt in die Höhe. 188 Euro kostete 2023 eine Stunde Arbeit der Monteure, ein Rekordwert. Maßgeblich tragen die geradezu explodierenden Ausgaben für Ersatzteile zu der Entwicklung bei.
Während die Verbraucherpreise in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 2,4 Prozent zulegten, erhöhten sich die Preise für Ersatzteile jährlich im Schnitt um 5,4 Prozent. Da die Werkstätten in der Regel auf Originalteile der Hersteller zurückgreifen müssen, haben diese bei der Preisgestaltung eine erhebliche Marktmacht.
Bei einer Preiserhöhung besteht ein Sonderkündigungsrecht
Inwieweit sich diese Entwicklung auf die Prämiengestaltung einzelner Versicherer auswirkt, lässt der Verband offen. Dies sei Sache der einzelnen Unternehmen. Für gut sieben Millionen Autobesitzer steht auch aus einem anderen Grund eine Verteuerung ihrer Kfz-Versicherung an. Denn in der neuen Einteilung der Typklassen wird ihr Fahrzeug hochgestuft. Immerhin können laut ADAC auch fünf Millionen Kunden mit einer Absenkung ihrer Prämien rechnen, weil ihr Fahrzeug herabgestuft wurde. Bei allen anderen Fahrzeughaltern ändert sich nichts.
Welche der rund 100 Anbieter von Kfz-Versicherungen seine Tarife zum Jahreswechsel stark erhöht, ist noch offen. Auf jeden Fall haben Kunden in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht. Um den Vertrag zum Jahresende zu kündigen, müssen sie dies ihrer Versicherung schriftlich bis zum 30. November mitteilen. Über die einschlägigen Preisvergleichsportale können sich Kunden dann ein günstigeres Angebot suchen. Laut Verivox lag der Preisunterschied zwischen dem günstigsten und dem teuerstes Angebot im September bei 31 Prozent.
Sparen können Autofahrer auch, wenn sie die Merkmale ihrer Police überprüfen und eventuell anpassen können. Dazu rät das Verbraucherportal finanztip.de. Das geht auch bei einem laufenden Vertrag. Die Kosten für die Police hängen von verschiedenen variablen Faktoren ab. Dazu zählt zum Beispiel die Fahrleistung. Je weniger das Auto bewegt wird, desto weniger kostet die Versicherung. Auch ist die Zahl der Fahrer ein preisbildender Faktor. Wer das Fahrzeug nur alleine fährt, kommt ebenfalls günstiger davon. Eine Selbstbeteiligung, eine Bindung an die Werkstatt des Versicherers oder die Bezahlung der Jahresrechnung auf einen Schlag statt in Raten sparen bares Geld. In einem Musterfall hat finanztip.de für eine Golf-Fahrerin eine Ersparnis von rund 1500 Euro durch eine derartige Optimierung errechnet.
Auf einige Bestandteile sollten Verbraucher unbedingt achten
Der Preisvergleich ist durch das Internet längst recht unkompliziert geworden. Finanztip.de rät dazu, bei den Vergleichsportalen check24.de und verivox.de sowie der Direktversicherung huk24.de nach Angeboten zu stöbern. Der Blick auf mehrere Portale ist sinnvoll, da diese jeweils nicht alle Anbieter in ihre Vergleiche einbeziehen. Der ADAC rät dazu, die alte Police erst zu kündigen, wenn die neue unter Dach und Fach ist. Denn bei Kasko- oder Teilkaskoversicherungen können Unternehmen Kunden ablehnen.
Es ist nach Einschätzung des ADAC zudem nicht sinnvoll, um jeden Preis bei der Versicherung zu sparen. Auf einige Bestandteile des Leistungsumfangs sollten die Kunden demnach achten. So sollte die maximale Abdeckungssumme in der Haftpflicht bei 100 Millionen Euro liegen. Enthalten sein sollte auch ein Verzicht des Einwands der groben Fahrlässigkeit sowie eine so genannte Mallorca-Police, die im Ausland verursachte Schäden mit einem Mietwagen abdeckt.
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