Rhein-Neckar. Die Familienheim Rhein-Neckar hat Grund zu feiern: Die eingetragene Baugenossenschaft besteht ein Dreivierteljahrhundert. Eigentlich wollte sie sich schon vor dem 75. Geburtstag in eine Aktiengesellschaft umwandeln. Es kam anders: Weil das Mannheimer Registergericht den während der Corona-Pandemie per Videoschalte gefassten Beschluss der Vertreterversammlung nicht anerkannte, liefen (wie berichtet) Prozesse bis zum Bundesgerichtshof (BGH) – mit Erfolg. Nun soll im Jubiläumsjahr aus der eG eine AG werden.
„Den Kriegsflüchtigen muss geholfen und die Wohnungsnot in Mannheim gelindert werden“, lautet 1947 das Anliegen der Gründungsversammlung in einem Hockenheimer Gemeindehaus – initiiert vom erzbischöflichen Ordinariat Freiburg. Der damalige Name Neue Heimat ist Programm. Schließlich liegt die Kurpfalzmetropole weitgehend in Schutt und Asche. Bereits 1948 verlegt die für den Stadt- und Landkreis Mannheim zuständige gemeinnützige Baugesellschaft ihren Sitz in die Quadratestadt nach M6.
Aus dem Nichts entstehen innerhalb von elf Jahren 1364 Wohnungen. Das Wirtschaftswunder lässt die Neue Heimat Stein um Stein gen Himmel streben. Als das Unternehmen 25-Jähriges feiert, ist die Zahl der 29 Gründungsmitglieder auf 3147 angewachsen. Und seit dem ersten Richtkranz-Hochziehen in Weinheim-Lützelsachsen sind knapp 3000 Wohnungen fertiggestellt worden.
Flächen auch im Umland
- Die Familienheim Rhein-Neckar hat 2322 Wohnungen und 33 Gewerbeeinheiten im Bestand.
- Die Bilanzsumme beträgt knapp 204 Millionen Euro, der Jahresüberschuss etwas weniger als 2,7 Millionen Euro.
- Als Baureserven wurden größere Areale in Hemsbach, Laudenbach und Neckarhausen erworben. Die Genossenschaft baut auch in Mannheim.
Dass sich die Neue Heimat 1973 in Familienheim Mannheim umbenennt, kommt nicht von ungefähr: Die dem Deutschen Gewerkschaftsbund zugehörige Wohnungsbaugesellschaft trägt den gleichen Namen und ist ebenfalls in der Region aktiv. Als die Neue Heimat Anfang der 1980er zerbricht, steht der Name für Missmanagement und Selbstbereicherung. Aber da gibt es mit der Familienheim längst keine Verwechslungen mehr. 1990 modifiziert das Unternehmen erneut seinen Namen und heißt nun Familienheim Rhein-Neckar. Schließlich werden in der gesamten Region Wohnblocks wie Eigenheime errichtet. Die Talfahrt nach dem Bau-Boom spürt auch die Genossenschaft – sie kann sich aber mit bereits angeschobenen Großprojekten über die mageren Jahre retten.
Ab 2013 werden die Weichen neu gestellt: Die Übernahme der Treubau Verwaltung, der Bank für Wohnungswirtschaft und der Treureal (Management) leitet die Entwicklung zu einem ganzheitlich tätigen Dienstleiter der Immobilienwirtschaft ein. Davon kündet auch die 2016 als Dachmarke gegründete Immobiliengruppe Rhein-Neckar (IGRN), die im Verbund deutschlandweit über 1 000 000 Wohnungen und mehr als zwei Millionen Quadratmeter Gewerbefläche bewirtschaftet.
Zur Erfolgsgeschichte gehört, dass ein Mann 44 Jahre lang das Unternehmen strategisch ausgerichtet hat: Gerhard A. Burkhardt. Der weitsichtige Manager gibt zwar 2018 sein Spitzenmandat ab – ist aber als Aufsichtsratsvorsitzender weiterhin im Boot. Und wie sieht der amtierende Vorstand die Zukunft? „Wir haben viel vor – machen aber keine waghalsigen Experimente“, betonen Mike Kirsch sowie Florian Grabarek und verweisen mit Blick auf eine Eigenkapitalquote von 34 Prozent auf eine „komfortable Kapitalausstattung“. Als besondere Herausforderung nennen beide die Überprüfung der Wohnungen mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß deutlich zu vermindern.
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