Rhein-Neckar. Die Unternehmen in Deutschland haben die Gefahr durch Cyberkriminalität offensichtlich erkannt und wappnen sich mit speziellen Versicherungen. Diesen Schluss legt jedenfalls eine repräsentative Befragung des ZEW Mannheim nahe. Rund 1.200 Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes und der Informationswirtschaft haben daran teilgenommen. Die befragten Betriebe haben alle ihren Sitz in Deutschland.
Zahl der Versicherungen variiert nach Branche und Größe
„Fast jedes zweite Unternehmen in den von uns untersuchten Branchen verfügt über eine Cyberversicherung, um sich gegen Cyberangriffe und dadurch verursachte Schäden abzusichern“, sagt ZEW-Forscher Daniel Erdsiek. Aber: „Je nach Branche und Unternehmensgröße variiert die Verbreitung solcher Versicherungen teils deutlich“, so Erdsiek.
Cyberversicherungen können bei betroffenen Unternehmen im Schadensfall die Kosten für Eigen- und Drittschäden tragen und durch IT-Experten, Anwälte und PR-Spezialisten unterstützen.
Dass Unternehmen sich gegen Cyberattacken versichern, ist kein sensationeller Befund. Immerhin steigt die Zahl der Angriffe im Netz seit Jahren an. Da sind Länder wie Russland und China, die mit ihren Sabotageattacken nicht nur die demokratischen Staaten im Westen destabilisieren, sondern auch die Privatwirtschaft treffen beziehungsweise ausspionieren wollen. Kriminelle Akteure setzen immer ausgefeiltere Techniken ein. Und schließlich bietet auch flexiblere Arbeitsmodelle wie das Homeoffice ein zusätzliches Einfallstor für Cyberattacken.
In der Informationswirtschaft hat etwa die Hälfte der Unternehmen eine Cyberversicherung abgeschlossen. Dabei steigt die Verbreitung mit der Unternehmensgröße. „Bei den großen Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten verfügen etwa zwei Drittel über eine Cyberversicherung. Bei den mittleren Unternehmen mit 20 bis 99 Beschäftigten sind es noch 59 Prozent, während der Anteil bei kleinen Unternehmen mit 46 Prozent deutlich geringer ausfällt“, sagt Erdsieks Kollege Thomas Niebel, der an der Studie mitgearbeitet hat.
Die höhere Nutzungsrate von Cyberversicherungen bei größeren Betrieben ist insofern plausibel, als sie häufiger zum Ziel von Cyberattacken werden. Insgesamt will etwa jedes fünfte Unternehmen künftig eine Cyberversicherung abschließen.
Chemie- und Pharmaindustrie schützt sich besonders
Im Vergleich zur Informationswirtschaft nimmt der Grad der Nutzung im verarbeitenden Gewerbe noch mehr mit der Unternehmensgröße zu. Nur etwa ein Drittel der kleinen Unternehmen mit fünf bis 19 Beschäftigten verfügt derzeit über eine solche Versicherung. Dieser Anteil steigt bei mittleren Betrieben auf 47 Prozent und bei großen sogar auf 64 Prozent.
„Neben der Größe spielt auch die Branchenzugehörigkeit eine wichtige Rolle für die Verbreitung von Cyberversicherungen“, sagt Niebel. Besonders hoch fällt demnach die Nutzungsrate in der Chemie- und Pharmaindustrie aus. Hier verfügen 58 Prozent der Betriebe über eine Absicherung. Mögliche Ursache hierfür könnten spezielle Sicherheitsaspekte und auch besonders hohe finanzielle Verluste beim Ausfall der IT-Systeme sein.
Unter den wissensintensiven Dienstleistern und den Unternehmen im Maschinenbau, Fahrzeugbau und der IKT-Branche hat jeweils etwa die Hälfte eine Versicherung. Am wenigsten nutzen Mediendienstleister mit 26 Prozent diesen Schutz.
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