Mannheim. Reis, Müsli, Chips, Gummibärchen: Viele Lebensmittel, die wir im Supermarkt kaufen, stecken in einer Plastikverpackung - und die landet bisher im besten Fall in einer Wertstofftonne. Doch nicht alles, was dort hineingeworfen wird, bekommt am Ende ein zweites Leben, ein guter Teil landet in der Verbrennungsanlage.
Noch deutlich kleiner ist der Anteil des Plastikmülls, aus dem im Recyclingprozess tatsächlich wieder eine Verpackung wird, sagt Tatiana Tsarkova, Mitgründerin des Mannheimer Start-ups CU Mehrweg. Er liege gerade einmal bei 11,5 Prozent.
Grund genug für die 24-Jährige, um nach einer nachhaltigeren Lösung zu suchen: Schon seit ihrem Studium - Tsarkova hat in Mannheim BWL und Philosophie studiert - befasst sie sich mit der Idee eines Mehrwegsystems für Lebensmittel-Verpackungen.
Bestehende Struktur an Leergutautomaten als Basis
Inzwischen ist aus der Idee ein junges Unternehmen geworden: Im April dieses Jahres haben Tsarkova und ihre beiden Mitgründer Mette-Maria Meyer und Jonathan Schröder das Start-up CU Mehrweg als GmbH eintragen lassen. Ziel ist es, im Handel ein Pfand-Mehrwegsystem für Lebensmittel zu etablieren - angelehnt an das Modell, das Verbraucherinnen und Verbraucher bereits von Getränkeflaschen kennen. In den dafür schon in Supermärkten vorhandenen Leergutautomaten sollen auch die CU-Mehrwegbehälter für Lebensmittel abgegeben werden können.
START Rhein-Neckar
- Tatiana Tsarkova ist am Donnerstag, 10. Oktober, bei der Veranstaltung START Rhein-Neckar in der Start Lounge zu Gast. Dort geht es u.a. um Female Entrepreneurship.
- Bei dem After-Work-Event an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen dreht sich von 17 bis 22 Uhr alles um Selbstständigkeit und Gründung. Dazu gibt es viele Infostände, Workshops und Talk-Formate.
- Die Teilnahme ist kostenlos. Veranstalter sind die Metropolregion Rhein-Neckar und die WirtschaftsEntwicklungsGesellschaft Ludwigshafen.
Konkret soll das Ganze laut Gründerin Tsarkova zunächst so funktionieren, dass ein Lebensmittelhersteller, der sein Produkt im Mehrwegbehälter anbieten will, seine Rohware an einen Dienstleister liefert, mit dem CU Mehrweg zusammenarbeitet. Dort wird das Produkt - also beispielsweise Müsli - in die 500 Milliliter fassenden und mit einem Deckel versehenen Mehrwegbehälter abgefüllt. Auf dem Etikett ist Platz für die individuelle Gestaltung durch die jeweilige Lebensmittelmarke.
Reinigung übernehmen etablierte Dienstleister
So kommt das Produkt dann in den Handel und wird verkauft. Ist der Pfandbehälter beim Kunden leer, kann er ihn am Leergutautomaten im Supermarkt wieder abgeben, der Behälter wird gereinigt und kann dann wieder neu befüllt werden - ein geschlossener Kreislauf also.
CU Mehrweg sieht sich dabei als Poolsystem-Anbieter, der die Behälterströme steuert, die Reinigung übernehmen laut Tsarkova etablierte Dienstleister aus der Mehrwegindustrie. In einem Pilotprojekt in Freiburg hat CU Mehrweg das System vor einiger Zeit bereits im Handel getestet. Dort wurden in einigen Edeka-Märkten Produkte eines Food-Start-ups in den Mehrwegbehältern des Mannheimer Start-ups verkauft. „Das Feedback war sehr positiv“, sagt Tsarkova.
Einen ersten größeren Aufschlag soll es nun Anfang nächsten Jahres geben. Bei einer Handelskette sollen die Mehrwegbehälter in rund 50 Märkten mit verschiedenen Produkten in die Regale kommen, unter anderem in der Rhein-Neckar-Region. Details, zum Beispiel zu der beteiligten Handelskette und den beteiligten Lebensmittelmarken, könne man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht kommunizieren.
„Zum Start konzentrieren wir uns auf Schüttgut, also trockene Lebensmittel wie Nüsse, Müsli oder Süßwaren“, sagt Gründerin Tsarvoka. Später könnten die Behälter möglicherweise auch für andere Produktkategorien verwendet werden. Für Verbraucherinnen und Verbraucher böten die Mehrwegbehälter neben dem Nachhaltigkeitsaspekt auch den Vorteil, dass man sie durch den Deckel besser wieder verschließen könne als eine einmal geöffnete Einwegtüte.
Lebensmittelhersteller wiederum könnten ihren Kundinnen und Kunden über die Zusammenarbeit mit dem Mannheimer Start-up Produkte in der nachhaltigen Mehrweg-Verpackung anbieten, ohne dafür ein eigenes Pfandsystem zu etablieren. „Mehrweg ist nur wirklich nachhaltig, wenn die Reinigungsanlagen ausgelastet sind und man kurze Wege hat“, argumentiert Tsarkova. Dafür brauche es regionale Cluster, die von mehreren Unternehmen genutzt würden. „Wenn ein Lebensmittelhersteller für seine Produkte alleine eine Mehrweglösung anbieten würde, wäre das nicht effizient.“
Landesförderung und mehrere Business Angel
Die 24-Jährige rechnet damit, dass sich das Mehrwegsystem für Lebensmittel irgendwann „genauso etabliert wie bei den Getränken.“ Dafür müsse man aber erst einmal zeigen, dass es funktioniert. Das hat sich das junge Mannheimer Unternehmen nun auf die Fahnen geschrieben.
Vor wenigen Wochen ist das CU-Mehrweg-Team für seine Geschäftsidee mit dem Mannheimer Existenzgründungspreis Mexi in der Kategorie Social Economy ausgezeichnet worden https://www.mannheimer-morgen.de/wirtschaft_artikel,-regionale-wirtschaft-mexi-fuer-kreative-unternehmensgruendungen-_arid,2244756.html. Ende Mai konnte sich das Start-up zudem eine Förderzusage aus dem Programm Start-up BW Pre-Seed sichern. Mit der Förderung unterstützt das Land Baden-Württemberg innovative Gründerinnen und Gründer in der frühen Phase. Tsarkova zufolge sind inzwischen auch mehrere Business Angel bei CU Mehrweg an Bord. Tsarkova, Meyer und Schröder arbeiten inzwischen Vollzeit für das Start-up, dazu kämen sechs Werkstudentinnen, die sie unterstützen.
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