Carbon Capture and Storage

So wird bald Kohlendioxid in der Nordsee gespeichert

CO2 unter dem Meeresboden: Das noch junge Unternehmen Northern Lights will aus dem Transport und der Lagerung von verflüssigtem Kohlendioxid ein profitables Geschäftsmodell machen. Gefahren für die Umwelt sieht es keine

Von 
Bettina Eschbacher
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Pipelines vor dem CO-Terminal in Øygarden. © Northern Lights

Flüssiges CO2 abtransportieren, verschiffen und unter der Nordsee einlagern - das ist ein ganz neues Geschäftsmodell. Von vielen Klimaaktivisten wird es argwöhnisch beäugt, für Conner Love ist es dagegen eine besondere Dienstleistung - die der Industrie ein Riesenproblem abnimmt.

Einer der ersten Kunden von Northern Lights ist Heidelberg Materials

Love ist Spitzenmanager bei Northern Lights, einem noch jungen Unternehmen, das für das S in CCS steht. Also für die Speicherung von klimaschädlichem Kohlendioxid, das bei Industrieprozessen anfällt und abgetrennt wird. Zu den ersten Kunden von Northern Lights gehört Heidelberg Materials. Northern Lights soll 400 000 Tonnen CO2 abnehmen, die ab 2025 jährlich durch CCS im norwegischen Zementwerk Brevik aufgefangen werden.

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Bettina Eschbacher
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Das Gas wird verflüssigt und dann in Gesteinsschichten unter der Nordsee gepresst

Noch im Werk wird das Gas verflüssigt und in großen Tanks gespeichert. Vier Spezialschiffe, teilweise noch im Bau, sollen das CO2 dann abholen und zum Zwischenlager Øygarden an der norwegischen Nordseeküste bringen. Von dort wird es an die ausgewählte Lagerstelle in der Nordsee gebracht und per Pipeline in poröse Gesteinsschichten unter dem Meeresboden gepresst. Schichten von hartem Deckgestein, genannt „Cap Rock“, sollen den Speicherort dann versiegeln. „Es gab sehr viele Tests vorab, um sicherzustellen, dass der Untergrund passt“, sagt Love.

Die CO2-Lagerstätten werden sorgfältig überwacht, verspricht Conner Love

Die Sorge von Umweltschützern, dass das gespeicherte CO2 durch Lecks in die Nordsee gelangen könnte, hält er für unbegründet. Die Lagerstätten würden auch nach der Verpressung sorgfältig überwacht. „Schließlich haben wir Erfahrung in diesem Bereich“, beruhigt Love und verweist auf die Anteilseigner von Northern Lights: Equinor, Shell und TotalEnergies, die jahrzehntelang Öl und Gas in der Nordsee gefördert haben. „Wir sind Teil der Lösung“, betont Love. Frederic Hauge, Gründer der norwegischen Umweltorganisation Bellona, gibt ihm recht. Selbst wenn ein minimaler Anteil des Kohlendioxids entweichen würde, sei das alles besser als der Ist-Zustand, so Hauge. „Wir haben heute ein 100-prozentiges Leck - in die Luft!“

Deutsche Wissenschaftler sehen geringe Risiken für die Ozeane

Forschende des deutschen Helmholtz-Zentrums für Ozeanforschung haben die Chancen und Risiken für eine Speicherung in der Nordsee untersucht. Sie kamen zu dem Schluss, dass die Methode aus meeresökologischer Perspektive vertretbar sei, wenn die Lagerstätten sorgfältig ausgesucht werden. Die CO2-Speicherkapazität der Sandsteinschichten unter der Nordsee ist riesig - sie liege bei und 100 Milliarden Tonnen, so die Helmholtz-Experten.

Auch leere Gas- und Ölkavernen werden zur CO2-Speicherung genutzt

Und Norwegen habe davon das höchste Speicherpotenzial, sagt Conner Love. Allein der für die Brevik-Abfälle ausgewählte Abschnitt reiche für 25 Jahre des im Zementwerk anfallenden CO2. Northern Lights nutzt neben geeigneten geologischen Formationen zudem leere Gas- und Ölkavernen. Die Nordsee könnte künftig auch Speicherort für Kohlendioxid aus deutschen Industrie-Standorten werden. Den Weg dafür hat die Bundesregierung mit einer Gesetzesänderung freigemacht. Künftig soll CCS sowie der Transport und die Offshore-Speicherung von CO2 möglich sein, demnächst sollen auch erste Projekte gefördert werden. Ein wichtiger Kurswechsel, ohne den auch die geplanten CCS-Projekte von Heidelberg Materials in deutschen Werken wie Geseke nicht funktionieren würden.

Norwegen ist beim Aufbau einer CCS-Infrastruktur viel weiter als Deutschland

Die norwegische Regierung ist schon deutlich weiter: Sie engagiert sich massiv für den Aufbau einer Infrastruktur mit Transport und Speicherung von CO2 in dem Projekt „Longship“. Dafür gibt sie mehr als 1,4 Milliarden Euro an Förderung.

Auch Northern Lights und die CCS-Anlage von Heidelberg Materials in Brevik sind Teil dieses gigantischen Projekts.

Redaktion Bettina Eschbacher ist Teamleiterin Wirtschaft.

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