Mannheim. Die Mannheimer Regionalfluggesellschaft Rhein-Neckar Air (RNA) schöpft wieder Hoffnung. RNA-Geschäftsführer Axel Reißmann hatte am 28. Oktober einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Mannheim gestellt. „Wir arbeiten auf das Ziel zu, den Insolvenzantrag möglichst zurückzuziehen. Leider ist es so, dass die Antragsrücknahme an einige Hürden gekoppelt ist“, sagt Reißmann. Daher seien jetzt alle Beteiligten gefragt: "die Gesellschafter, der Insolvenzverwalter und ich“, so der Geschäftsführer. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist der Mannheimer Rechtsanwalt Thomas Oberle.
Warum besteht denn jetzt wieder Hoffnung für die RNA? „Es gibt zwar noch offene Forderungen unsererseits, aber kurz nach dem Einreichen des Insolvenzantrags hat die Rhein-Neckar Air die sehnlich erwarteten Geldeingänge verzeichnen können. Hätten wir den Eingang zwei Tage früher gehabt, wäre der Insolvenzantrag vermutlich nicht nötig gewesen.“, so Reißmann. Also alles nur Pech? „Der gesetzliche Handlungsspielraum des Geschäftsführers ist begrenzt, und so blieb mir letztlich keine andere Wahl, als den Antrag beim Amtsgericht einzureichen“, sagt Reißmann.
Mannheimer Regionalfluggesellschaft Rhein-Neckar Air war zahlungsunfähig
Der Geschäftsführer hatte den Insolvenzantrag vor dem Amtsgericht eingebracht, weil die Mannheimer Regionalfluggesellschaft zahlungsunfähig war. Dies musste Reißmann tun, weil er sich sonst der Insolvenzverschleppung schuldig gemacht hätte – selbst bei einem nur vorübergehenden Liquiditätsengpass. Auch die Höhe des Fehlbetrags spielt keine Rolle. Wer nicht zahlen kann, muss sofort handeln. „Wenn größere Rechnungen von Partnern nicht beglichen werden, kann dies unsere finanzielle Stabilität ernsthaft gefährden. Vor dem Insolvenzantrag haben wir daher versucht, offene Forderungen einzutreiben, um unsere eigenen Verpflichtungen bedienen zu können.“, sagt Reißmann.
Als ehemaliger Prokurist bei der RNA kennt sich Reißmann natürlich mit den Finanzen aus. Die Kapitaldecke der RNA ist offensichtlich sehr dünn. Das liegt auch daran, dass am Ende der Saison kein Geld fließt. Das gehört aber zum Geschäft in saisonalen Branchen, ein Eisverkäufer setzt im Winter auch weniger Kugeln um und braucht deshalb ein finanzielles Polster.
Unabhängig davon plagen die RNA aber offensichtlich auch andere Sorgen, die sich negativ auf die Einnahmeseite auswirken: „Unser Geschäft basiert auf Ticketeinnahmen. Ohne einen veröffentlichten neuen Flugplan gehen die Erlöse zum Saisonende naturgemäß zurück. Da eine Gesellschafterversammlung zur Diskussion des Flugplans 2025 erst für November angesetzt werden konnte, ließ die Freischaltung auf sich warten. Zudem sind wir gegenwärtig dabei, unser Reservierungssystem zu wechseln“, sagt der RNA-Geschäftsführer.
Die regionale Airline plagt ein strukturelles Problem: Die RNA leidet noch immer darunter, dass sie während der Pandemie die Geschäftsreisen nach Hamburg und Berlin aus dem Programm genommen hat. Gegenwärtig ist es unwahrscheinlich, dass die RNA diese Destinationen unter den gegebenen Umständen wieder anfliegen wird. Für Hamburg fehlt einfach die Nachfrage. Und Berlin lohnt sich wegen der hohen Flughafengebühren nicht mehr. Deshalb bietet die RNA nur noch vier Linienflüge pro Woche nach Sylt, Usedom und Elba an.
Zahl der Flüge ist zu gering
Obwohl die Passagierauslastung stimmt, landet wegen der geringen Zahl der Flüge einfach zu wenig Geld in der Kasse. Deshalb will die RNA in der neuen Reisesaison einen zusätzlichen wöchentlichen Flug von Mannheim nach Elba anbieten. Das Zusatzgeschäft mit Flügen zur italienischen Mittelmeerinsel könnte die Finanznot lindern. Da sich die Destination in der ersten Saison als Renner erwiesen hat, rechnet die RNA mit einer entsprechenden Nachfrage.
Operativ hat die RNA das Jahr 2023 – der Abschluss liegt noch nicht vor – wie bereits 2022 wahrscheinlich mit einem leichten Verlust von rund 100 000 Euro abgeschlossen. Die Gesellschafter müssen also weiter Geld in das Unternehmen stecken.
Das dürfte allmählich für Unmut bei den Gesellschaftern sorgen. Die Preisfrage lautet jetzt: Hätten die Gesellschafter nicht den entstandenen Liquiditätsengpass sofort beheben müssen? Der Imageschaden für die RNA ist jetzt jedenfalls groß. Die Negativ-Schlagzeilen sind Gift für die Regionalfluggesellschaft. Man darf ja nicht vergessen, dass es in Mannheim Leute gibt, denen es am liebsten wäre, wenn die RNA vom Markt verschwinden würde.
Wie 2012 die Cirrus-Airlines, die damals den Flugbetrieb eingestellt hatte. Kurz darauf wurde die RNA auf Betreiben von Unternehmen aus der Region wie zum Beispiel SAP, Heidelberg Cement und Südzucker gegründet und nahm im März 2014 den Flugbetrieb mit einer Verbindung nach Berlin-Tegel auf.
Rhein-Neckar Air chartert Flieger von der MHS Aviation
Die Gesellschafter sind über die Geschäftsentwicklung der RNA in den vergangenen zehn Jahren wenig begeistert. Der Verein zur Förderung der Wiederaufnahme des Linienflugbetriebs auf dem City Airport Mannheim e. V. hält nur noch rund zehn Prozent der Gesellschafteranteile. Der größte Anteilseigner ist die Fluggesellschaft MHS Aviation mit Sitz in Oberhaching. Die RNA chartert von ihr die drei Maschinen vom Typ Dornier 328 und vermarktet die Flüge. Die MHS Aviation stellt neben den Passagierflugzeugen auch das Cockpit- und Kabinenpersonal.URL dieses Artikels:
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