Ludwigshafen. Das ist eine Überraschung: Für Mannheimer ist es eigentlich undenkbar, doch jetzt zieht es ihr City-Flaggschiff Engelhorn auf die andere Rheinseite - zumindest vorübergehend: Die Mannheimer Modegruppe startet schon nächste Woche einen Testversuch in der Ludwigshafener Rheingalerie. Das bestätigte Engelhorn-Chef Fabian Engelhorn dieser Redaktion. "Wir testen für einige Monate ein Sport- und Freizeit-Sortiment in der Rheingalerie. Es wird eine Art Pop-up-Outlet", so Engelhorn.
Outlet bedeutet, dass die Ware mit deutlichen Rabatten angeboten wird und etwa aus der Vorsaison stammt. Es gehe darum, Warenbestände auf einem alternativen Weg anzubieten. Engelhorn zieht auf eine freigewordene Fläche im ersten Obergeschoss des Ludwigshafener Einkaufszentrums, in der Nähe des Food-Courts.
Deutliche Rabatte sind im Outlet vorgesehen
Der Testlauf ist auf einige Monate begrenzt, eine genaue Frist gibt es aber nicht. Was danach passiert, etwa wenn der Pop-up-Store gut läuft, sei noch völlig offen, so Engelhorn. "Wir wollen erstmal schauen, wie die Kunden aus der Pfalz unser Sortiment annehmen." Genau diese Kunden seien früher in die Mannheimer Innenstadt und in die Engelhorn-Häuser an den Planken gekommen. Die Pfalz gilt als wichtiges und kaufkräftiges Einzugsgebiet für die Mannheimer City.
Engelhorn reagiert mit dem Rheingalerie-Test auf Mannheimer Verkehrsversuch
"Aber der Verkehrsversuch hat diese Kunden abgeschreckt, jetzt kommen sie nicht mehr nach Mannheim", sagt Engelhorn. Also nähert sich Engelhorn - zumindest zeitweise - der vermissten Klientel an und springt erstmals in seiner mehr als 130-jährigen Firmengeschichte über den Rhein.
Der Verkehrsversuch, der mit teils gesperrten Straßen den Autoverkehr aus dem Zentrum herausziehen sollte, war von vielen Händlern, auch Engelhorn, heftig kritisiert worden.
Verträge für Engelhorn-Sporthaus in Mainz sind unterschrieben
Für den Center-Manager der Rheingalerie, Patrick Steidl, ist Engelhorn ein "bedeutender regionaler Player", den er gerne längerfristig für sein Einkaufszentrum gewinnen würde. Das sagte er im Interview mit der "Rheinpfalz". Während das noch offen ist, freut sich die pfälzische Landeshauptstadt bereits über eine Ansiedlung Engelhorns: Die Mannheimer planen im neu entstehenden Mainzer "Lu:Quartier" ein Sporthaus. Als „Lu“ bezeichnen die Mainzer die Ludwigsstraße in ihrer Innenstadt.
„Die Verträge sind unterschrieben“, erklärt Fabian Engelhorn. „Das ist für uns ein wichtiger Schritt, um über die Grenzen Mannheims zu expandieren.“ In rund zwei Jahren soll es so weit sein. Das Lu:Quartier entsteht zum Großteil auf einer Fläche eines ehemaligen Karstadt-Kaufhauses. Neben Einzelhandel sind Büros, Wohnungen, ein Hotel sowie ein Proben- und Konzertsaal für das Staatstheater geplant. Engelhorn soll im Handelsbereich Ankermieter werden.
Aktuell ist Engelhorn außerhalb Mannheims nur im Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum vertreten, das ebenso wie die Rhein-Galerie von der ECE-Gruppe betrieben wird. Engelhorn hält es für wichtig und gut, dass ECE dort gerade eine große Umgestaltung des Standorts gestartet hat.
IHK-Präsident hat Verständnis für Schritt nach Ludwigshafen
Dass Engelhorns Annäherung an die Pfalz auch eine wirtschaftspolitische Dimension hat, zeigt die prompte Reaktion von Manfred Schnabel. Der Präsident der IHK Rhein-Neckar kommentierte die Nachricht so: „Die Entscheidung von Engelhorn für den ’Testlauf’ in Ludwigshafen demonstriert, dass der stationäre Handel quicklebendig ist. Zu diesem Ergebnis ist auch unsere IHK-Kaufkraftanalyse gekommen.“ Schnabel betonte aber, es hänge „von den konkreten Rahmenbedingungen vor Ort ab, wie Investitionsentscheidungen ausfallen“.
Dass Mannheim Kunden aus der Pfalz verloren habe, liege an den Problemen bei den Rheinquerungen und der Erreichbarkeit der Innenstadt, „die insbesondere durch den Verkehrsversuch erheblich beeinträchtigt war“. Schnabel bezeichnete die Entscheidung des Mannheimer Traditionsunternehmens daher als „nur konsequent“. Er forderte gleichzeitig: „Für den Wirtschaftsstandort Mannheim gilt es nun, die Erreichbarkeit der Innenstadtunternehmen deutlich zu verbessern.“
Fabian Engelhorn: „Müssen in Mannheim an einem Strang ziehen“
Darin ist er sich mit Fabian Engelhorn einig. Für Mannheim sei „eine perfekt organisierte Erreichbarkeit“ ebenso wichtig wie eine hohe Aufenthaltsqualität. „Die Zeiten sind für den Handel herausfordernd“, sagt der Engelhorn-Chef mit Blick auf die hohe Inflation und geringe Konsumlust der Deutschen. Es gehe darum, Leben in die Stadt zu bringen – davon profitiere dann auch der Einzelhandel. Engelhorn engagiere sich dafür bereits stark mit Aktionen in den eigenen Häusern. Er lobte auch Events wie „Wein und Genuss“.
Engelhorn: „Es ist entscheidend, dass wir in Mannheim an einem Strang ziehen. Alleine schaffen wir es nicht.“ Neue Lösungen für den Stadtverkehr müssten pragmatisch und durchdacht sein, betonte er. Er hoffe weiterhin, dass die verlorenen Kunden etwa aus der Pfalz wieder den Weg nach Mannheim finden. „Mannheim lebt auch von seinem großen Einzugsgebiet.“
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