2016 in Rio de Janeiro verhalf Elisabeth Seitz den deutschen Turnerinnen zum sechsten Platz im Mannschaftswettbewerb. Acht Jahre später ist das deutsche Team im Finale nicht vertreten, aber Elisabeth Seitz. Die deutsche Rekordmeisterin hat bei den Olympischen Spielen die Fronten gewechselt, die 30-Jährige ist die neueste ARD-Expertin.
Bei der Eröffnungsfeier hatte die gebürtige Heidelbergerin, die viele Jahre für die TG Mannheim turnte, ihren ersten Auftritt vor einem Millionenpublikum. Sie saß mit erfahrenen Experten wie Felix Neureuther und Frank Busemann neben ARD-Moderator Alexander Bommes im Studio mit Blick auf den Eiffelturm. Das sei wahnsinnig aufregend gewesen, erzählt Elisabeth Seitz, die alle nur Eli nennen: „Felix Neureuther kannte ich bis jetzt ja nur aus dem Fernsehen.“
Bei der Olympia-Qualifikation reichte es nicht ganz für Elisabeth Seitz
Dass das Erste die beste deutsche Turnerin überhaupt als Expertin anheuerte, liegt an deren Leidensgeschichte. Vor der Weltmeisterschaft 2023 in Antwerpen riss ihre rechte Achillessehne. Die Lehramtsstudentin wurde operiert, kämpfte sich durch die Reha und wieder heran. Sie wollte unbedingt bei ihren vierten Olympischen Spielen ins Fernsehen - als Turnerin.
Doch bei der Olympia-Qualifikation reichte es nicht ganz. Helen Kevric schnappte ihr den letzten Startplatz weg, Seitz blieb nur die Rolle als Ersatzturnerin. Bis vergangenen Samstag hätte sie nachnominiert werden können, falls sich eine Kollegin verletzt. „Das war zwar unwahrscheinlich, aber ich habe mich auf die Spiele so vorbereitet, als hätte ich einen festen Startplatz. Ich wäre fit gewesen“, sagt Seitz. Mit der ARD sei alles abgesprochen gewesen für den Fall der Fälle.
Seitz vermittelt als TV-Expertin ihr Wissen wohltuend sachlich
Kevric erreichte in Paris nicht nur das Mehrkampf-Finale, sondern sicherte sich auch am Stufenbarren einen Platz unter den besten Acht. Als die 16-Jährige im Vorkampf an den Stufenbarren tritt, sitzt Elisabeth Seitz 15 Stufen weiter oben neben ihrem ARD-Kollegen Philipp Sohmer in der letzten Reihe der Kommentatoren-Plätze. Das hätte ihr Moment ein paar Meter tiefer sein können, der Stufenbarren ist ihr Spezialgerät.
2018 gewann sie WM-Bronze, 2022 durfte sie sich in München als Europameisterin feiern lassen. Doch Eli Seitz lässt sich keine Emotionen anmerken („Jetzt kommt der Downie, ein bisschen nah geturnt, aber insgesamt eine supersaubere Übung von Helen“). Die Übung des US-Stars Simone Biles stuft sie unter anderem so ein: „Der Jäger gestreckt ist ein komplexes schwieriges Element, da hat sie zu spät losgelassen und nicht die richtige Weite gefunden.“
Keine Frage, da hat die ARD eine Fachfrau engagiert, die den Zuschauern die Kunst des Turnens wohltuend sachlich vermittelt. Und das komplett ohne Schulung. „Die habe ich nicht bekommen, aber ich hatte ja bei der Europameisterschaft meine Generalprobe.“ Anfang Mai war das, in Rimini. Eli machte ihre Sache gut und bestand die Olympia-Qualifikation bei der ARD.
So spielerisch leicht, wie sie in Paris den Rollenwechsel zu vollziehen scheint, fällt dieser ihr jedoch nicht. „Als die Wettkämpfe losgingen hat mein Herz geblutet. Ich wäre total gerne Teil des Ganzen gewesen.“ Es wäre ihr vierter Olympia-Start seit 2012 in London gewesen.
Mittlerweile zahlreiche ehemalige Sportler als Experten bei Olympia
Es gibt mittlerweile zahlreiche ehemalige Topsportler, die als TV-Experten eine Karriere nach der Karriere gestartet haben. Felix Neureuther erfreut sich als Skisport-Spezialist im Ersten großer Beliebtheit. Davon ist die Turnerin vom MTV Stuttgart noch entfernt, aber ihr Talent in diesem Metier ist unverkennbar. „Wenn die ARD mit mir zufrieden ist, würde ich gerne weitermachen“, sagt sie, die Aufgabe empfinde sie als sehr interessant und bereichernd. Sie habe schon vieles gelernt, beispielsweise wie Journalisten ticken. „Uns Sportlern wurde immer gesagt, seid vorsichtig, was ihr der Presse oder dem Fernsehen sagt. Doch nun registriere ich, dass die Reporter nur das Beste für den Sport wollen.“
Die ARD wird sich aber noch eine Weile gedulden müssen. Eli Seitz hat nämlich noch ein großes Ziel vor Augen: „Die Europameisterschaften im Mai nächsten Jahres in Leipzig möchte ich mir nicht entgehen lassen.“ Als Turnerin, versteht sich.
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