Zuzenhausen. Das ging gerade noch mal gut: Am 24. Spieltag der vergangenen Saison war die TSG Hoffenheim noch Tabellenletzter. Der Klassenerhalt gelang den Kraichgauern erst am vorletzten Spieltag. Am Ende wurde es der Rang zwölf. Von höheren Zielen wie vor einem Jahr ist beim Club aus dem Kraichgau nicht mehr die Rede.
Wie lassen sich zwei verkorkste Spielzeiten in Folge erklären?
Nur am Trainer kann es nicht liegen, wenn man zweimal in der Tabelle dermaßen durch lange Sieglosserien abschmiert. In der Saison 2021/22 ging es im Endspurt von Rang vier auf neun, ein Jahr später nach 14 Partien ohne Dreier vom vierten bis auf den 18. Platz hinab. Viel Wohlfühlatmosphäre in Kombination mit wenig Medien- und Fandruck wirkt eben nicht immer leistungsförderlich. Erst als im Frühjahr der Druck maximal war, gelangen Siege. „Ich habe es lieber so, als wenn wir unter Druck nicht performen könnten“, sagt der neue Direktor für Profifußball, Pirmin Schwegler: „Wenn es nötig sein sollte, müssen wir den Druck eben erhöhen.“
Welche Veränderungen gibt es nach dem Fastabstieg?
Am sichtbarsten sind diese an einer zweistelligen Zahl an Abgängen. Das Vereinsmotto „TSG ist Bewegung“ trifft in diesem Sommer mehr als zuletzt auf den Kader zu. Auch im Team um das Team (Analyse, Koch, medizinische Abteilung) gibt es viele neue Gesichter. Der bisherige Sportdirektor Alexander Rosen wurde im Sommer hingegen zum Sportgeschäftsführer befördert. Zudem hat die TSG die Führungsebene mit Rosen-Zöglingen erweitert, sich breiter aufgestellt. „Es kann hier ja nicht alles schlecht sein, sonst wären wir nicht einer der fünf Clubs, die seit 16 Jahren ununterbrochen in der Bundesliga spielen“, sagt Rosen.
Wer ist der stärkste Mann im Verein?
Rosen hat in den vergangenen zehn Spielzeiten ein sattes Transferplus von rund 230 Millionen Euro erwirtschaftet, um den Spielbetrieb ohne Geldzufluss von Gesellschafter Dietmar Hopp zu finanzieren. Allerdings floppten in den vergangenen Spielzeiten auch viele der teuren Einkäufe des 44-Jährigen. Kasim Adams (8 Millionen Euro), Jacob Bruun Larsen (9 Millionen Euro), Munas Dabbur (12 Millionen Euro), Diadié Samassékou (12 Millionen Euro) und Stanley Nsoki (12 Millionen Euro) kosteten allesamt viel Geld, sind aber nun schon wieder weg (Dabbur), verliehen (Bruun Larsen) oder spielen sportlich keine große Rolle mehr - bei aktuell viel geringerem Marktwert. Das ist kein gutes Omen für Abwehrzugang Attila Szalai, der für 12 Millionen Euro aus der türkischen Liga von Fenerbahce kam. Mit ihm erhöht sich die Zahl der von Hopp-Freund Roger Wittmann beratenen Spieler auf fünf.
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Was ist die Hauptaufgabe von Trainer Pellegrino Matarazzo?
„Wir haben die Marke TSG Hoffenheim im Blick. Das wollen wir wieder einbringen“, sagt Matarazzo. Im Abstiegskampf lautete das Motto meist: Hoch und weit gibt Sicherheit. Es fehlte spielerische Schönheit. Ohne attraktiven und erfolgreichen Fußball bleibt das Sinsheimer Stadion aber zu leer. Junge Spieler auszubilden, die dann irgendwann zweistellige Millionensummen einbringen sollen - wie zuletzt Christoph Baumgartner, der für 24 Millionen Euro zu RB Leipzig wechselte - ist das Hoffenheimer Geschäftsmodell: „Wir werden nicht einen Baumgartner durch einen Baumgartner ersetzen“, sagt Rosen: „Es entsteht Raum für Neues. Wieder und wieder entwickeln sich Spieler, die man heute noch nicht sieht.“ Gemeint sind Akteure wie Tom Bischof, Muhammed Damar und Umut Tohumcu.
Wo ist die TSG Hoffenheim denn Ligaspitze?
Nicht nur bei der Ausbildung von deutschen U-Nationalspielern, sondern auch in der Kategorie „preiswerteste Dauerkarte der Bundesliga“. Alle 17 Heimspiele für 150 Euro - die bekommt der Fan sonst nirgendwo in der Liga zu sehen. Aufsteiger Darmstadt 98 nimmt beispielsweise rund das Doppelte für ein Stehplatz-Abo.
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