Mannheim. Zur Frustbewältigung war Besuch aus der Heimat nach Kiew gereist. Liverpools Trainer Jürgen Klopp feierte die schmerzliche 1:3-Niederlage im Champions-League-Finale 2018 gegen Real Madrid einfach weg. Von der nächtlichen Party in der ukrainischen Hauptstadt fand am Tag darauf ein Video den Weg ins Internet, auf dem Klopp unter anderem mit Fernsehmoderator Johannes B. Kerner und Campino, Sänger der deutschen Punkrock-Ikonen Die Toten Hosen, sichtlich angeheitert ein Liedchen schmettert: „Wir haben den Henkelpott gesehen, es war so wunder-, wunderschön. Er musste leider nach Madrid, wir holen ihn nächstes Jahr zurück.“
Campino kennt man nicht nur als Edel-Fan des LFC – seine Mutter stammt aus England –, sondern vor allem als langjährigen Anhänger seines Heimatvereins Fortuna Düsseldorf. Die Hosen unterstützten ihren Lieblingsclub in schweren Zeiten mit Spenden und Benefizkonzerten, Campino sieht man regelmäßig auf der Tribüne bei Fortuna-Spielen. „Ich reise meiner Mannschaft gerne hinterher. Allerdings kündige ich mich vorher nie an“, hat der 56-Jährige einmal in einem Interview gesagt.
Fußball und Popkultur – das ist eine seit jeher stabile Verbindung mit vielen Verknüpfungspunkten. Zwei Unterhaltungsindustrien, die sich gegenseitig befruchten: Viele Rockstars mögen Fußball, viele Fußballer mögen Popmusik, die Gesänge in den Fankurven sind häufig von großen Hits inspiriert.
Niedeckens Köln-Liebe
„Ich wollte immer ein Performer sein – und zwar vor einer großen Menge. Fußballprofi zu sein bedeutet: Jede Woche ein Konzert vor 40 000 Leuten“, beschreibt Noel Gallagher die Parallelen. Der frühere Gitarrist der Britpop-Legenden Oasis ist genauso wie sein Bruder Liam Gallagher glühender Verehrer von Manchester City – und äußerst zufrieden mit dem aktuellen Trainer: „„Pep Guardiola ist ein verdammter Messias. Ich denke, wir spielen einen Teil des besten Fußballs, den man jemals gesehen hat.“
Nicht nur Campino oder die Gallaghers sind Stammgäste in den Arenen ihrer Vereine. Wolfgang Niedecken zum Beispiel, der Mann hinter den Kölschrock-Veteranen BAP, hat seinen FC durch etliche Höhen und Tiefen in den vergangenen Jahrzehnten begleitet – und mit „Effzeh, jeff Jas“ auch eine Stadionhymne aufgenommen. „Der erste Name, der sich fest eingebrannt hat, war Hans Schäfer. Von dem habe ich mir dann auch mein erstes Autogramm geholt, im Möbelhaus Heinrich am Chlodwigplatz. Das war für mich so, als würden dort Tarzan und Elvis in einer Person vor mir stehen. Seitdem bin ich infiziert. Selbst heute noch kann ich nicht mal klar denken, wenn der FC spielt und ich nicht dabei bin oder im Fernsehen zuschauen kann“, erklärt Niedecken.
Ohnehin können die Kölner als Musterbeispiel für die Symbiose von Fußball und Popmusik im Stadion gelten. Die Höhner schrieben das offizielle Vereinslied („Mer stonn zu dir“), „In unserem Veedel“ von den Bläck Fööss ist zum emotionalen Gänsehaut-Song der Kölner Anhänger geworden, den kurz vor dem Abpfiff tausende Fans anstimmen.
Probleme der jungen Generation
„Fußball, Fusel und Frauen“ – das ist der Dreiklang, der der schottischen Rocklegende Rod Stewart laut eigener Aussage zeit seines Lebens immer am Wichtigsten war. In den 60er Jahren wollte er sogar selbst Profi werden, schlug dann aber eine Karriere als Sänger (unter anderem „I Am Sailing“) ein – die Liebe zu seinem Verein Celtic Glasgow überdauerte die wilden Zeiten. Kurz vor seinem 70. Geburtstag 2015 ließ sich Stewart mit aufgeknöpftem Hemd vor der Trophäensammlung des Clubs fotografieren.
Ganz reibungslos verläuft die Beziehung zwischen Rockern und Kickern mittlerweile aber nicht mehr – die junge Generation der Stars auf dem Rasen fährt häufig eher auf Hip-Hop und Elektro als auf Handgemachtes mit der Gitarre ab. Das hat neulich auch Guardiola-Fan Noel Gallagher in seiner unnachahmlichen Direktheit kritisiert: „Fußballer mit gutem Musikgeschmack? Ich habe noch keinen getroffen. Neun von zehn Fußballern sind große Idioten. Komplette, vollkommene Idioten.“
Popstars und ihre Vereine
- Grunge-Ikone Eddie Vedder (Pearl Jam) schrieb zur sensationellen ersten Meisterschaft der US-Baseballer der Chicago Cubs seit 1908 in diesem Jahr sogar ein neues Vereinslied („All The Way“) und feierte den Titel gemeinsam mit den Sportlern.
- Pop-Sänger Ed Sheeran ist regelmäßiger Gast bei den Spielen von Premier-League-Club FC Chelsea. Diese Liebe teilt der Engländer mit Kollegin Ellie Goulding und Damon Albarn von Blur.
- Wenig überraschend: Der Hip-Hopper Snoop Doggy Dogg hat sich in einem Trikot von Ajax Amsterdam fotografieren lassen. Ob es am Fußball oder den in der niederländischen Metropole frei erhältlichen Rauchmitteln liegt, ist nicht überliefert.
- Ein Herz für den Underdog beweist Gitarren-Legende Eric Clapton. Er hält es seit jeher mit West Bromwich Albion, dem Club aus dem Großraum Birmingham, der in der vergangenen Saison als Letzter aus der Premier League abstieg.
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