Magdeburg. Patrick Groetzki und David Späth sitzen am Sonntagabend draußen vor der Getec Arena auf einer Mauer. Der Mannschaftsbus der Rhein-Neckar Löwen ist nicht da, wird ein paar Minuten später aber vor einem italienischen Restaurant gesichtet. Vermutlich mit Pasta und Pizza an Bord, bevor es für den Handball-Bundesligisten durch die Nacht in Richtung Heimat geht.
Während die Spieler auf ihren Bus warten, gewährt Trainer Maik Machulla nach der 24:28 (14:11)-Niederlage seiner Mannschaft beim SC Magdeburg einen kleinen Blick in sein Innenleben: „Dieses Ergebnis tut weh.“ Und das aus guten Gründen: Denn 50 Minuten lang machen die Mannheimer beim Champions-League-Sieger eine überragende Partie. Aber ein 0:7-Lauf binnen zehn Minuten von einer 20:17-Führung (40.) zu einem 20:24-Rückstand (50.) zerstört alle Hoffnungen auf die wahrlich mögliche Überraschung.
Bei den Löwen mischen sich Stolz und Enttäuschung
Nach dem Spiel ist bei den Löwen viel von Stolz die Rede. Zu sehen sind aber vor allem Schmerz, Frust und Enttäuschung. Alles lässt sich in den Gesichtern ablesen. Bei Sportchef Uwe Gensheimer, der mit leerem Blick in den Katakomben der Getec Arena steht. Bei Torwart Späth, der frustriert auf dem Boden sitzt. Und auch bei Trainer Machulla, der mit gesenktem Kopf vor der Kabine auf und ab geht. Sie alle wissen: Hier war deutlich mehr drin.
Der ehrgeizige Machulla will sich deshalb auch nicht mit der Leistung zufriedengeben – und schon gar nicht mit dem Ergebnis anfreunden. Das widerspräche auch komplett seiner Mentalität: „Ich will nicht, dass die wir gleich im Bus sitzen und uns sagen, dass wir das als Team richtig gut gemacht haben. Denn so kommen wir nicht weiter. So werden wir nichts erreichen. Ich möchte, dass die Jungs enttäuscht sind, wenn wir verlieren. Egal gegen wen. Denn unser Anspruch ist es, jedes Spiel zu gewinnen. Auch in Magdeburg.“
Löwe Späth: „Es ist bitter. Wir scheitern wieder an uns selbst.“
Diesmal sind die Löwen beim Titelfavoriten kurz davor. Sie spielen eine überragende erste Halbzeit, führen 14:11 zur Pause dank einer 78-prozentigen Angriffseffektivität und einer konzentrierten Abwehrleistung. Der zweifache deutsche Meister spielt diszipliniert und geduldig, lässt den SCM nicht ins Tempospiel kommen und setzt seinen konzentrierten Auftritt auch nach dem Seitenwechsel zunächst fort. Ehe innerhalb von wenigen Minuten alle Dämme brechen und die Mannheimer es anschließend nicht mehr hinbekommen, beim 24:22 (52.) noch einmal den Anschlusstreffer zu erzielen. Die Chancenverwertung wird in der Schlussphase einmal mehr zum Problem.
„Es ist bitter, einfach so bitter, weil wir wieder ein bisschen an uns selbst scheitern. Es wäre verdient gewesen, mit mindestens einem Punkt zurückzufahren. Denn wir waren auf Augenhöhe. Allerdings müssen wir anfangen, uns zu belohnen – auch bei einer Top-Mannschaft“, ärgert sich Späth, dass die Löwen in Magdeburg nur Komplimente einheimsen, aber eben keine Punkte mitnehmen. Das passiert ihnen nicht zum ersten Mal in dieser Saison.
Wenn man so will, brauchen die Badener nun so etwas wie ein Schlüsselerlebnis. Also einen Moment, von dem an sie nicht mehr nur wissen, dass sie gegen gute Gegner bestehen können, sondern von dem an ihnen klar ist, dass sie gewinnen werden. Dieses Selbstverständnis fehlt. Man muss es sich erarbeiten, keine Frage. Vielleicht aber auch irgendwann mit einer Willensleistung erzwingen. Oder wie es Sportchef Gensheimer formuliert: „Wir müssen ein Bewusstsein dafür entwickeln, was wir brauchen, um in solch entscheidenden Phasen die richtigen Entscheidungen zu treffen.“
Für die Löwen geht es um den nächsten Schritt
Nun ist es aber in der Regel so, dass die letzten Schritte in einer Entwicklung die schwersten sind. Weil es um Nuancen geht. Um Kleinigkeiten. Und um mentale Stärke, die man nicht lernen kann, sondern sich durch Siege aneignen muss. Sie kommt dann automatisch. „Diesen Punkt müssen wir erreichen. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. Es ist das Ziel, in Magdeburg zu gewinnen. Wir müssen aber auch davon ausgehen, dass wir es mal nicht schaffen. Aber wir sind nah dran“, glaubt Machulla, der keine Debatte darüber zulässt, dass er genau diese oder ähnliche Sätze bereits mehrfach in dieser Saison sagte. Der gebürtige Greifswalder weiß das selbst: „Natürlich können wir jetzt immer wieder über das Gleiche reden, aber wir haben auswärts schon gegen viele gute Mannschaften gespielt. Ich finde, wir sind auf einem extrem guten Weg.“
Allerdings eben auch auf einem, der noch nicht zu Ende sei, wie der Trainer betont: „Wenn wir irgendwann ganz hoch hinaus wollen, müssen wir qualitativ noch mehr reinstecken. Aber meine Spieler werden besser und nächstes Jahr sind wir wieder einen Schritt weiter.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/sport/vereine_artikel,-rhein-neckar-loewen-darum-sind-die-rhein-neckar-loewen-noch-kein-spitzenteam-_arid,2339698.html