Frankfurt. Eintracht Frankfurt gegen Bayern München ist eine Bundesliga-Partie, die zu Extremen tendiert. Am ersten Spieltag der Saison 2022/2023, die Hessen traten als frischgebackener Europa-League-Sieger an, setzte es für die Eintracht eine 1:6-Demontage. Pausenstand 0:5. Dafür revanchierten sich die Frankfurter in der vergangenen Spielzeit, als der derangierte Rekordmeister in der Bankenmetropole mit 1:5 unterging.
Das spektakuläre Duell am Sonntagabend stand diesen denkwürdigen Begegnungen in nichts nach. Als Omar Marmoush in der vierten Minute der Nachspielzeit zum 3:3 (2:2)-Endstand für die Eintracht traf, sorgte dies für eine Gefühlseskalation, die selbst für Frankfurter Verhältnisse außergewöhnlich emotional ausfiel. Der Torschütze entledigte sich sofort seines Trikots, die komplette Eintracht-Bank stürmte auf den Platz - und auf den Rängen brach sowieso die totale Ekstase los. „Das Gefühl, als Omar das 3:3 macht, war einfach nur geil“, bekundete Außenverteidiger Rasmus Kristensen.
Selten hat man ein so einseitiges Topspiel gesehen, das gleichzeitig so viel Dramatik bot. Und das durch Marmoushs Schlusspointe Frankfurt zum gefühlten Sieger machte. 74 Prozent Ballbesitz, 11:0 Ecken und 24:6 Torschüsse reichten den Bayern nicht zum Sieg.
„Es war ein Punkt des Willens“, sagte Frankfurt Sportvorstand Markus Krösche nach dem gemessen an den Spielanteilen schmeichelhaften Remis. „Wir hatten wirklich Schwierigkeiten gegen eine sehr starke Bayern-Mannschaft, die in den Spitzenspiel-Modus geschaltet hatte.“
Aber die Eintracht wehrte sich gegen die erdrückende Münchner Dominanz, die vor allem in der ersten Halbzeit dazu führte, dass die Hessen kaum einmal die Mittellinie überschritten. Dass den Frankfurtern gegen die konteranfällige Münchner Defensive mit zwei rasanten Gegenstößen dennoch zwei Treffer durch Marmoush (22.) und Hugo Ekitike (36.) gelangen, gehörte zu den Kuriositäten dieses Abends. „Wir hatten in der ersten Halbzeit 20 Sekunden den Ball und haben zwei Tore geschossen“, witzelte Kristensen hinterher.
Die Bayern machten zu wenig aus ihrer Überlegenheit, zur Pause stand es nach aus zwei Eckbällen resultierenden Toren von Minjae Kim (15.) und Dayot Upamecano (38.) nur 2:2. Und als der überragende Michael Olise (53.) den Rekordmeister wieder in Führung gebracht hatte, vergaßen die Münchner, die taumelnden Hessen mit dem möglichen 4:2 zur Strecke zur bringen. „Wir haben das Spiel offengehalten“, sagte Kristensen. „Wir waren nur ein Tor hinten, und dann kann in den letzten zehn Minuten alles passieren.“
Und so kam es dann auch. In der Nachspielzeit konnte Marmoush der erstaunlich luftig angeordneten Bayern-Defensive ein weiteres Mal enteilen. Zwei Tore, eine Vorlage. Der Ägypter schraubte seine persönliche Bilanz am Sonntag auf acht Bundesliga-Treffer in sechs Spielen. Marmoush befindet sich in der Form seines Lebens. Wenn der 25-Jährige in diesem Stil weitermacht, steht für die Eintracht am Saisonende ein weiterer großer Zahltag an. Denn der schnelle Angreifer hat nie einen Hehl daraus gemacht, dass seine Karriereplanung als mittelfristiges Ziel die englische Premier League vorsieht. Und im nächsten Sommer dürfte es Interessenten anderer Güteklasse als Nottingham Forest geben. Dem Verein, der im letzten Transferfenster erfolglos um Marmoush buhlte.
Nach seiner Gala gegen die Bayern griff der Ägypter artig in die Kiste mit den gestanzten Antworten aus der letzten Medienschulung. „Ohne die Arbeit der ganzen Mannschaft würde ich die Tore nicht machen. Wir sind wie eine Familie“, sagte Marmoush. Ein wenig erkenntnisreicher fielen da schon die Aussagen von Münchens Trainer Vincent Kompany aus, der sich darüber wunderte, wie sich Marmoush vor Ekitikes 2:1 überhaupt gegen seinen körperlich wuchtigen Verteidiger Upamecano durchsetzen konnte („Das ist nicht normal. Das hat noch keiner gemacht gegen Upa“), um dann allgemeiner zu werden. „Er ist einer von diesen Spielern, die wachsen, wenn sie beim richtigen Verein sind“, sagte der Belgier. Dieser Prozess findet jedoch gerade in einem derart atemberaubenden Tempo statt, dass Marmoush der Eintracht bereits nach dieser Saison entwachsen sein durfte.
Bis dahin haben die Hessen noch einiges vor. Als Tabellendritter gehen die Hessen in die Länderspielpause, wettbewerbsübergreifend sind sie sieben Mal in Folge ungeschlagen. „Es ist ein sehr guter Start, auch von der Art und Weise her. Wir stehen zurecht da, wo wir stehen“, meinte Manager Krösche. Und Trainer Dino Toppmöller schickte gleich noch eine Warnung an Meister Bayer Leverkusen, den nächsten Frankfurter Gegner am 19. Oktober: „Wir bleiben hungrig.“
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