Landshut. Die Jungadler Mannheim sind das Nonplusultra im deutschen Nachwuchs-Eishockey. Im Kader der Nationalmannschaft stehen viele Spieler, die in der Kurpfalz den Sprung zum Profi geschafft haben. Die gebürtigen Mannheimer Marc Michaelis und Lukas Kälble sind gute Beispiele dafür. Aber auch Stars, die in der nordamerikanischen Profiliga NHL gutes Geld verdienen, haben zumindest Teile ihrer Ausbildung in Mannheim erlebt: Leon Draisaitl von den Edmonton Oilers trug von 2009 bis 2012 das blau-weiß-rote Trikot, Moritz Seider von den Detroit Red Wings holte 2019 in seinem ersten richtigen Profijahr mit den Adlern den Titel in der Deutschen Eishockey Liga (DEL), und auch Tim Stützle von den Ottawa Senators wurde in Mannheim (2017 bis 2020) groß.
Mannheim ist also ein gutes Sprungbrett, aber nicht das einzige. Das zeigt Phillip Sinn. Der 21-Jährige wurde in der Quadratestadt geboren, begann dort 2010 im Alter von sechs Jahren mit dem Eishockey-Sport und blieb seinem Heimatverein auch bis 2018 treu. Doch dann wählte er einen anderen Weg; einen, der besser zu ihm passte und der im Rückblick genau der richtige für ihn war. Beim Deutschland Cup in Landshut, den die Mannschaft von Bundestrainer Harold Kreis nach Siegen gegen Lettland (4:1) und die Slowakei (3:0) sowie der Niederlage gegen Österreich (2:5) gewann, absolvierte Sinn seine Länderspiele drei bis fünf. Und: Beim Auftaktsieg gegen die Letten schoss er in Überzahl sein erstes Tor für die A-Nationalmannschaft.
2018 verlässt Phillip Sinn Mannheim und wechselt nach Salzburg
Als Sinn 2018 Mannheim und seine Familie verließ, um in der Red-Bull-Akademie in Salzburg an seinem Lebenstraum zu arbeiten, war das keine Entscheidung gegen die Jungadler, sondern eine für eine Alternative. „Natürlich waren die hervorragenden Trainingsmöglichkeiten in Salzburg ein Grund für meine Wahl. Ein anderer war Helmut de Raaf, der mich gefragt hat, ob ich nicht zu ihm nach Salzburg kommen wolle“, erzählt Sinn.
Bis 2013 hatte de Raaf die Jungadler trainiert und in der Deutschen Nachwuchs-Liga (DNL) von Meisterschaft zu Meisterschaft geführt. Dann suchte der heute 64-Jährige aber eine neue Herausforderung, wechselte zunächst als Co-Trainer zum DEL-Club nach München, dann als Chefcoach nach Schwenningen, ehe es ihn 2016 zur in Europa einzigartigen Akademie nach Salzburg zog. De Raaf kannte Phillips Vater Peter Sinn, der selbst viele Jahre den Mannheimer Eishockey-Nachwuchs betreute, und pflegte gute Kontakte zur Familie. Eins kam zum anderen.
Phillip Sinn
- Phillip Sinn wurde am 13. Januar 2004 in Mannheim geboren . In seiner Heimatstadt begann er auch mit dem Eishockey, bis 2018 trug Sinn in der Schüler-Bundesliga das blau-weiß-rote Trikot.
- Danach wechselte der Verteidiger in die Akademie nach Salzburg , in der Schritt für Schritt aufgebaut wurde.
- Seit dieser Saison ist Sinn Stammspieler beim DEL-Club EHC Red Bull München . Beim Deutschland Cup schoss er sein erstes Länderspieltor.
Mit 14 Jahren das gemachte Nest zu verlassen, um in Österreich flügge zu werden, war bestimmt nicht einfach. Doch Phillip Sinn ist mit den Herausforderungen gewachsen. Heute profitiert er davon, dass das System in der Salzburger Akademie so aufgebaut ist, dass Talente Schritt für Schritt ans Profi-Eishockey herangeführt werden. In Deutschland wird häufig kritisiert, dass der Sprung von der DNL in die DEL zu groß sei. Deshalb arbeiten viele DEL-Clubs mit unterklassigen Vereinen zusammen, um ihren Talenten Spielpraxis im Erwachsenen-Eishockey zu ermöglichen. Adler-Verteidiger Colin Schlenker ist zum Beispiel an den Zweitligisten EHC Freiburg ausgeliehen, sein Mannheimer Teamkollege Nick Mähler komplettiert die Abwehr des Zweitligisten Eisbären Regensburg. In Salzburg bleibt alles unter einem (Red-Bull)-Dach.
Über die Junioren ging es für Sinn in die Alps Hockey League, die er vom Niveau her zwischen der deutschen Oberliga und der DEL2 ansiedelt. Die nächste Etappe war der EC Salzburg in der ICE Hockey League, seit dieser Saison ist der Linksschütze Stammkraft beim DEL-Club EHC Red Bull München. „Für mich war der Wechsel zum Profi kein großer Sprung, sondern ich wurde Schritt für Schritt darauf vorbereitet“, sagt Sinn.
Die positive Entwicklung des Verteidigers, der Brock Faber vom NHL-Club Minnesota Wild als ein Vorbild nennt, sich aber auch viel von Moritz Seider abschauen will, ist auch dem Bundestrainer nicht verborgen geblieben. Harold Kreis lud Sinn schon 2024 zum Deutschland Cup ein. Die Reise nach Landshut fiel aber flach, weil sich der 1,88 Meter-Mann im letzten Ligaspiel vor dem Vierländerturnier verletzte und absagen musste. „Das war natürlich Mist, umso mehr habe ich mich gefreut, dass ich wieder eine Einladung bekommen habe“, betont Sinn.
Nach dem Auftaktsieg gegen Lettland lobte Kreis den 21-Jährigen fast überschwänglich– nicht nur, weil dieser im Powerplay das 3:1 erzielt hatte. Wie geht Sinn mit solch warmen Worten um? So wie immer. „Ich gebe zu, dass eine gewisse Versuchung da ist, abzuheben. Ich trichtere mir ein, dass ich nur dann gut bin, wenn ich nichts Besonderes machen will. Ich nehme das, was da ist und forciere nichts“, sagt Sinn zu seiner Spielweise, die für einen 21-Jährigen schon recht abgezockt daherkommt. Und die ihn zu einem ernsthaften Kandidaten für das deutsche Team für die Olympischen Spiele in Mailand und Cortina D‘Ampezzo (4. bis 22. Februar 2026) macht.
Phillip Sinn ist großer Fan des 1. FC Kaiserslautern
Seitdem Sinn für München spielt, ist der Weg in die Heimat nicht mehr so weit. In Rheinau-Süd fühlt sich der Senkrechtstarter wohl. Seine jüngere Schwester ist eine gute Handballspielerin, sein Bruder lebt seine sportliche Leidenschaft beim Basketball aus. Spielt Fußball bei den Sinns gar keine Rolle? Weit gefehlt. Die Liebe zum 1. FC Kaiserslautern ist Phillip in die Wiege gelegt, schließlich halten es auch der Opa und der Papa mit dem Traditionsverein in der Pfalz.
Würde er zu den Adlern wechseln, wäre der Weg auf den „Betze“ für ihn nicht mehr so weit. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, irgendwann für seine Heimatstadt aufzulaufen, antwortet Sinn wie ein Profi: „Im Moment ist das kein Thema. Ich bin sehr glücklich in München.“
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/sport/vereine_artikel,-adler-mannheim-red-bull-akademie-statt-jungadler-mannheim-phillip-sinns-weg-zum-profi-_arid,2339726.html