Die Szenerie war fast schon ein wenig witzig: Während es auf den farbigen Finalbahnen um die Medaillen ging, fochten die deutschen Florett-Frauen ihre nerventötenden Platzierungsgefechte auf der grauen Planche 7 in einer Nebenhalle aus.
Was daran lustig ist? Im Grunde gar nichts, eher das Gegenteil ist der Fall. Witzig ist vielmehr, dass neben den Deutschen, auf Bahn 8, Japan focht, das am Samstag letztmals von "Star-Trainer" Andrea Magro gecoacht wurde. Der Italiener, so viel steht fest, wechselt ab September zum deutschen Verband und trainiert in Tauberbischofsheim.
Tränenreich war dessen Abschied von den Japanerinnen, die er nun vier Jahre lang betreut hatte. Es war herzzerreißend. Die Tränen hätten einem allerdings auch in die Augen steigen können, als man die deutschen Fechterinnen während ihres Achtelfinal-Kampfes gegen China sah. Verkrampft, verzockt, verloren.
China führte zwar nur einmal, aber das eben zum entscheidenden Zeitpunkt - am Ende des Gefechtes. Auch das mag witzig klingen, ist es aber nicht. "Sie haben gefochten, um nicht zu verlieren und nicht, um zu gewinnen", analysierte Bundestrainer Yoann Lebrun.
Erneut blieben Carolin Golubytskyi, Katja Wächter, Anne Sauer und Sandra Bingenheimer (alle FC Tauberbischofsheim) den Nachweis schuldig, eine Mannschaft zu sein. "Uns ist bekannt, dass wir Probleme mit der mannschaftlichen Gesamtsituation haben. Wir haben gute Fechterinnen, aber im Team können wir das nicht rüberbringen", sagte DFeB-Sportdirektor Sven Ressel, der "extrem enttäuscht" war.
Dieses zarte Abklatschen untereinander könnte man, etwas boshaft betrachtet, schon fast als Heuchelei bezeichnen.
Die frischgebackene Vizeweltmeisterin Carolin Golubytskyi hatte gegen China zum Schlussgefecht mit drei Punkten Vorsprung übernommen und mit dem Ablauf der letzten Sekunde den Ausgleich kassiert. Schlimmer noch: Den "Sudden death" verlor sie: 39:40. "Sie können zwar", so Ressel, "einen Vorsprung herausfechten, diesen dann aber nicht halten." Es ehrt das Team, dass es dann alle drei Platzierungsgefechte gewann (das letzte immerhin gegen Gastgeber Ungarn mit 45:41), aber... Am Ende war man Neunter.
Nun also Magro. Diese Verpflichtung erfreut die Verbands-Oberen, nicht aber Yoann Lebrun, der nun zum Herren-Florett in Tauberbischofsheim "geschoben" wird. "Ich habe gemacht, was ich tun konnte und bin traurig und enttäuscht", sagte er über seine "Versetzung". Er habe, so der Franzose, die Mädels auf Platz zwölf der Weltrangliste übernommen, nun sei man Achter. Lebrun hätte gerne weitergemacht, sah sich und "die Mädels", trotz dieser Rückschläge bei EM und WM auf einem guten Weg. Aber: Ein Angebot aus Amerika hat er ausgeschlagen. "Ich werde weiter alles für Tauber geben", sagte er.
So musste er die Realität letztmals auf Planche 7 erleben, während der Hoffnungsträger an Bahn 8 coachte.
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