Die Sportart, der er alles zu verdanken hat, begann mit einer Enttäuschung: "Ich habe gedacht, die haben da auch Ritterrüstungen", erzählt Alexander Pusch mit Blick auf sein erstes Fechttraining. Acht Lenze zählte er damals erst, und bereits elf Jahre später gelang ihm Historisches: 1975 wurde er mit nur 19 Jahren der bis heute jüngste Einzelweltmeister.
Heute wird Alexander Pusch 60. "Halbzeit", sagt er mit einem Grinsen und der inneren Überzeugung, 100 Jahre alt werden zu können. Diese Zuversicht nimmt Pusch aus seinem Hobby, dem Golfen. Wenngleich das Wort Hobby in diesem Falle deutlich untertrieben ist. Golf spielen ist die Passion des Ur-Tauberbischofsheimers. Sein aktuelles Handicap liegt bei 7,7. Fast täglich ist er auf den Plätzen der Region anzutreffen. Zudem ist er Mitglied des Golfclubs "Eagles Charity", dem unter anderem auch Franz Beckenbauer angehört. Hier spielen Promis für einen guten Zweck. Beckenbauer übrigens zählt Pusch zu seinen guten Freunden.
Doch zurück zum Fechten, dem Ursprung seiner Popularität. "Ich wollte immer gewinnen", beschreibt Alexander Pusch seinen fortwährenden Antrieb. Sein Vorbild war dabei nicht etwa ein Fechter, sondern ein Boxer: Muhammad Ali. "Mich hat sein Tänzeln begeistert und ich wollte dies auf das Fechten übertragen", blickt er zurück. Und dies ist ihm gelungen. Nach dem Überraschungs-Titel bei der WM folgte ein Jahr später der endgültige Durchbruch Puschs: 1976 in Montreal holte er olympisches Einzelgold und wurde mit der Degenmannschaft Zweiter. Stolz bezeichnet er das Einzelgold als den größten Moment in seinem Leben. "Da war ich 21 und habe nie groß nachgedacht. Das war alles wie im Rausch, und nach dem finalen Treffer im Stechen war ich erst einmal weg", erzählt er.
In seinen Worten schwingt jedoch keine Wehmut mit, so wie bei so manchem Altstar, der noch heute gerne die alten erfolgreichen Zeiten zurückholen würde. Mit dem Fechten hat der Jubilar abgeschlossen, mal abgesehen von der kleinen Trainertätigkeit im Fecht-Club Ravenstein. Seine zahlreichen WM- und Olympiamedaillen liegen daheim in Schachteln verstaut. In Sachen Trainer kommt die Wehmut dann doch für wenige Sekunden hoch. Von 1994 bis 2000 war Alexander Pusch Herren-Degen-Bundestrainer. "Man hat mich fallen lassen", sagt er, als man ihn nach den Olympischen Spielen 2000 in Sydney freigestellt hatte, weil das Team "nur" Vierter wurde. "Ich hätte vielleicht etwas beharrlicher sein sollen, aber ich bin nicht nachtragend", sagt er.
Bändchen für die Formel 1
Aber dieser Einschnitt hatte auch etwas für sich: Der Olympiasieger gründete seine Firma "Alexander Pusch Sport- und Eventmarketing", mit der er unter anderem "VIP-Bändchen" im Fußball, im Handball und in der Formel 1 vertreibt. In seiner unternehmerischen Tätigkeit hilft ihm diese eine im Fechten erlernte: "Man ist selbstständig und kann sich behaupten."
Gelernt hat er aber auch aus der Zeit seiner schweren Krankheit, als bösartiger Krebs bei ihm diagnostiziert wurde. "Gesundheit ist das höchste Gut", weiß er spätestens seitdem; und eben seit dieser Zeit genießt er auch das Leben deutlich mehr als in den Jahren zuvor: "Ich will keinen Stress mehr und meine Ruhe haben." Und deshalb sieht ein optimaler Tag für heute so aus: Schlafen bis um 9 Uhr, dann die FN lesen, zwei, drei Stunden ins Büro, anschließend mit Freunden Golfen und abends noch einmal ein paar Stunden im Büro. Seiner Frau Ute habe er viel zu verdanken: "Sie hat mich immer unterstützt."
Und freilich ist die Gattin auch heute zugegen, wenn Alexander Pusch seinen 60. Geburtstag im kleinen Kreis mit "13, 14 Personen" in Bad Griesbach feiert. "Den Fünfzigsten hat man noch groß gefeiert. Jetzt kann es ruhig etwas kleiner sein", sagt er. Klar ist aber, dass zu dieser Feier eine Runde Golf mit seinen besten Freunden dazu gehört - schließlich will Alexander Pusch ja 100 werden. "Ich fühle mich körperlich fit", sagt er.
Die Fränkischen Nachrichten schließen sich den zahlreichen Glückwünschen heute an.
Alexander Pusch
1955: Geboren am 15. Mai in Tauberbischofsheim.
1975: Einzel-Weltmeister in Budapest. Bis heute jüngster Weltmeister aller Zeiten (19 Jahre).
1976: Olympiasieger im Degen-Einzel, Silber mit der Mannschaft in Montreal.
1978: Einzel-Weltmeister in Hamburg.
1984: Mannschafts-Olympiasieger in Los Angeles.
1985: Mannschafts-Weltmeister in Barcelona.
1986: Mannschafts-Weltmeister in Sofia.
1994: Ernennung zum Degen-Bundestrainer
2000: Ende der Tätigkeit als Bundestrainer:
2001: Ehrung zum "Fechter des Jahrhunderts". mf
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