Heilbronn. Der Heilbronner Weihnachtscircus ist startklar, alle Beteiligten sind bis in die Haarspitzen motiviert. Premiere soll am 17. Dezember sein. Doch Corona schwebt wie ein Damoklesschwert über der Zirkuskuppel. Ein Gespräch mit Direktor Sascha Melnjak.
Sein unverwüstlicher Optimismus gehört zu Sascha Melnjak wie das Sägemehl zur Manege. Jetzt kann er ihn wieder besonders gut brauchen: In knapp zwei Wochen soll mit dem Aufbau des Heilbronner Weihnachtscircus auf der Theresienwiese begonnen werden. Doch waren vielleicht alle Anstrengungen umsonst?
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Es wäre maßlos übertrieben zu behaupten, dass es für ihn und allgemein für die Zirkusbranche gut gelaufen ist in den letzten beiden Jahren. Die Tournee des Zirkus Charles Knie, dessen Geschäftsführer Sascha Melnjak ist, musste just am Premierentag im März 2020 abgeblasen werden – Lockdown. Und der Weihnachtsmarkt mitsamt Eisbahn und 200 geschmückten Bäumen im neu erschaffenen Freizeitpark in Einbeck wurde Opfer des nächsten Lockdowns. „Das war alles vergebliche Liebesmüh’“, sagt Melnjak gegenüber den FN. Doch für die Menschen im südlichen Niedersachsen war und ist dieser Park mit dem Namen „Circus-Land“ eine neue Attraktion, und für seine Mitarbeiter ein wichtiges Zeichen: „Wir wollten unser Team motivieren und zeigen, dass es immer irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels gibt. Deshalb haben wir diesen Park gebaut. Wir sind nicht diejenigen, die dasitzen und warten, dass es wieder besser wird. Außerdem“, sagt er, „schätzen wir uns glücklich, dass unsere Firma in Deutschland ansässig ist. Ohne die staatlichen Hilfen wäre es sehr schwierig geworden, wir hätten wahrscheinlich nicht überlebt.“
Die Vorstellungen im Weihnachtscircus Heilbronn
Der Heilbronner Weihnachtscircus gastiert vom 17. Dezember bis 9. Januar auf der Heilbronner Theresienweise.
Eine große Familienvorstellung findet am 17. Dezember um 15.30 Uhr statt. Festliche Gala-Premiere ist am selben Tag um 20 Uhr.
Weitere Vorstellungen: Täglich 15.30 und 20 Uhr, Heiligabend nur 14 Uhr. Am 1. Januar gibt es keine Vorstellungen. Am 9. Januar ist die allerletzte Vorstellung um 15.30 Uhr.
Eintrittskarten gibt es in den Kundenforen der Fränkischen Nachrichten. FN-Card-Inhaber bekommen eine Ermäßigung.
Weitere Informationen zum Programm gibt es auf www.weihnachtscircus.com im Internet.
Er berichtet von Artisten aus Südeuropa, die bereits im Heilbronner Weihnachtscircus aufgetreten sind und komplett ohne Hilfe dastanden. Viele seien nun Trucker, denn die meisten besitzen den Lkw-Führerschein. „Zirkusleute sind flexible Alleskönner. Sie sind optimistisch und verlassen sich darauf, dass auch wieder bessere Zeiten kommen.“
Nun blickt er „mit Mut und Hoffnung“ auf den Heilbronner Weihnachtscircus. „Wir glauben fest daran, dass er stattfinden kann“, sagt er im FN-Interview. Melnjak freut sich über die große Resonanz in der Bevölkerung: „Die Leute sind nicht in Schockstarre gefallen – ganz im Gegenteil. Der Vorverkauf läuft super. Wir spüren, dass die Menschen förmlich nach Unterhaltung lechzen.“
Mit seinem Anspruchsdenken, immer noch bessere, noch spektakulärere Nummern anbieten zu wollen, hat sich der leidenschaftliche Zirkusfreund allerdings noch jede Menge zusätzlichen Stress aufgeladen.
Denn das Motto der ausgefallenen Saison 2020/21, „Schätze der russischen Zirkuskultur“, sollte jetzt auch gelten und setzte ihn gehörig unter Druck: „Ich kann doch nicht solch ein Motto wählen und dann keinen einzigen russischen Artisten dabeihaben – das wäre fatal gewesen“.
Und so kommt es, dass sich Sascha Melnjak nicht nur fast besser mit der jeweils aktuellen Corona-Verordnung auskennt als das Heilbronner Gesundheitsamt, sondern inzwischen auch weiß, wie man russische Botschaften von der Notwendigkeit überzeugt, ihre Künstler nach Deutschland einreisen zu lassen.
Auch der OB setzte sich ein
Ein höfliches Schreiben des Heilbronner Oberbürgermeisters, in dem er betont, welch wichtige, von über 80 000 Menschen besuchte Veranstaltung der Weihnachtscircus für Heilbronn sei, reicht dazu nicht aus. Der gebürtige Stuttgarter fand heraus, dass für solche „Riesengeburten“, wie er es lachend nennt, das baden-württembergische Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst zuständig ist, das dann auch für das vorläufige Happy End sorgte: Die Künstler bekamen allesamt ihre Visa.
Melnjak schwärmt gegenüber den FN von den „vielen tollen Attraktionen“, die in dieser Saison für Nervenkitzel und Freude sorgen sollen – angefangen von der seiner Meinung nach „total abgefahrenen“ LED-Dance-Performance ,Extrem Light’ über Jongleure, die auch unter der 16 Meter hohen Kuppel noch agieren – „so was habe selbst ich noch nie gesehen“ – bis hin zur schrillen Clownesse aus der Ukraine. „Das“, sagt er stolz, „ist moderner Zirkus im Jahr 2021“. Licht- und Soundtechnik müssten auf dem neuesten Stand, die Nummern immer neu und noch nie dagewesen sein: „Es gibt nichts Schlimmeres, als wenn die Leute sich langweilen und nach der dritten Nummer gehen, weil sie alles schon mal gesehen haben.“
Aus Russland werden sich nun bald drei Sattelschlepper auf den Weg nach Heilbronn machen, die mit nichts Anderem als Requisiten und Dekomaterial beladen sind. Melnjak spricht von Weihnachtsbäumen so hoch, dass sie bis unter die Zirkuskuppel reichen.
„Wir haben ein sehr gutes Konzept erarbeitet, bei uns stehen alle Zeichen auf ,Go!’. Am 1. Dezember wollen wir auf der Theresienwiese aufbauen“, sagt er. Für Besucher und Artisten gelte die strikte 2G-Regel. „Wir haben bereits mit der Alarmstufe gerechnet und das auch so an die Ticketkäufer kommuniziert. Wir machen jetzt keinen Rückzieher mehr – es sei denn, er wird staatlich angeordnet.“
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