Heilbronn. Nach einem knappen Jahrhundert geht die Ära Hans Becker zu Ende. Im Beisein zahlreicher Weggefährten, Mitarbeiter, Freunden und seiner Familie ist der Heilbronner Polizeipräsident am Freitag in der „Experimenta“ von Innenminister Thomas Strobl in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet worden – mit gebührenden Worten und stehenden Ovationen.
Von einem „besonderen Tag“ für Hans Becker sprach der Minister. Dieser habe zunächst „einfach nur auf Streife gehen wollen“ und den Beruf von der Pike auf gelernt – vom Wachtmeister bis zum Präsidenten habe er sich 13 Dienstgrade emporgehangelt. Der 64-Jährige sei in all den Jahren ein „sympathischer Werbeträger für die Polizei“ gewesen. Immer wieder sei von den Mitarbeitern der Satz zu hören „Unser Chef ist einer von uns“– ein tolleres Kompliment könne es kaum geben.
Strobl nannte den Mühlhausener „bodenständig und bescheiden“, ein Präsident, ausgestattet mit einem modernen und offenen Führungsstil sowie einer natürlichen Autorität, kompromissbereit und „ein Brückenbauer“. Hans Becker habe ihn wissen lassen, so der Innenminister schmunzelnd, dass er „nicht zu sehr beweihräuchert“ werden wolle, denn „zu viel Weihrauch schwärzt ja den Heiligenschein . . .“ Schlussendlich sei der bisherige Präsident allerdings „ein Stück weit selbst Schuld an all den lobenden Worten“.
Professor Dr. Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts und ein enger Freund des künftigen Polizeipräsidenten a.D., hob das große Ansehen der Polizeibeamten in der Bevölkerung hervor, für das sicher auch Hans Becker mit verantwortlich sei. „Der Staat darf seine Werte nicht aufgeben, sonst gibt er sich selbst auf und sich den Gegnern geschlagen“, so Harbarth. Um dies zu erreichen, dürften die Polizeibeamten nicht wegschauen, müssten aber gleichzeitig schnell und besonnen reagieren: „Eine Herausforderung, die in der öffentlichen Debatte viel mehr Anerkennung verdient.“
Der oberste Verfassungsrichter nannte Hans Becker einen verantwortungsvollen Mitstreiter, der sich in allen Bereichen der Justiz große Verdienste erworben habe. Den leidenschaftlichen Beamten beschrieb Harbarth als „geradlinig, gewissenhaft, fleißig“ und als eine „Antriebskraft“, die alle Facetten erfolgreicher Polizeiarbeit bis in Detail kenne. Sicherheit habe bei ihm einen ganz hohen Stellenwert, deswegen nehme die Region Heilbronn-Franken hier auch einen Spitzenplatz ein – mit zurückzuführen auf Hans Becker, ein „Motor, Motivator und nahbarer Mensch“.
Für Heilbronns OB Harry Mergel ist Hans Becker „kein Dampfplauderer“, sondern „ein geerdeter Mensch, der immer weiß, was er will“. Es sei traurig, dass „du mich verlässt, während ich nochmals verlängert habe . . .“
Für die vier Landkreise im Präsidiumsbereich sprach der Neckar-Odenwälder Landrat Dr. Achim Brötel – und würdigte das gute und harmonische Miteinander zwischen Polizei und kommunalem Bereich. Dafür die richtigen Worte zu finden, sei trotz der langen gemeinsamen Zeit eine Herausforderung. „Ich könnte es mir jetzt zwar vergleichsweise leicht machen und einfach auf den bekannten Sportreporter Jörg Dahlmann verweisen, der seinerzeit ja den Abschied von Lothar Matthäus mit den legendären Worten kommentiert hat: ,Da geht er. Ein großer Spieler. Ein Mann wie Steffi Graf’ (Zitat Ende). Ob Sie, lieber Herr Polizeipräsident Becker, jetzt wirklich ,ein Mann wie Steffi Graf’ sind, weiß ich aber auch nicht so recht. Ich würde stattdessen sagen: Hauptsache, Sie sind keiner wie Lothar Matthäus, ohne das jetzt weiter vertiefen zu wollen.“
Das alte Leitbild „Die Polizei, dein Freund und Helfer“ mag für manche vielleicht etwas verstaubt und antiquiert klingen. „Für mich trifft es aber inhaltlich immer noch den Kern. Und: Das beschreibt vor allem sehr gut das Selbstverständnis, das Hans Becker auch als moderner Polizeimanager immer gelebt hat – und das in einer Zeit, in der sich Polizeibeamte zunehmend selbst einer realen Gefährdung ihrer eigenen Sicherheit ausgesetzt sehen, weil radikalisierte Teile der Bevölkerung offen den Aufstand gegen unsere staatlichen Strukturen proben.“
Becker, ein exzellenter Präsident und in all den Jahren ein ausgesprochen wertvoller Partner, sei „in hohem Maße präsent, durchweg authentisch und verlässlich, lösungsorientiert, zupackend, immer am Puls der Zeit, umfassend informiert, souverän, aber doch nahbar und auch im persönlichen Gespräch stets sehr angenehm, beschrieb Dr. Brötel abschließend Hans Becker, für alle „ein großer Glücksfall“.
Der „Ex“ ließ es sich freilich nicht nehmen, zum Ende der Feierstunde, die vom Holzbläserquintett des Landespolizeiorchesters umrahmt wurde, zu betonen, dass all das nur durch ein gutes Team und den Rückhalt der Familie möglich gewesen sei. Er empfinde eine Mischung aus Dankbarkeit und Wehmut – und freue sich auf den neuen Lebensabschnitt, der jetzt warte. Dann erhoben sich alle von ihren Stühlen.
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