Kultur

1300 Fans hörten den Ruf des Watzmanns in Heilbronn

Von 
Sabine Holroyd
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Klaus Eberhartinger als dralle Gailtalerin (Mitte), rechts Wolfgang Ambros in „Der Watzmann ruft“. © Sabine Holroyd

Wie schallt’s von der Höh? Natürlich Hollaröhdulljöh. Und wer lockt noch immer die armen Bergbuam ins Verderben? Selbstverständlich die Gailtalerin. Das ist so seit 1972, und das wird immer so sein. Protagonisten und Publikum werden gemeinsam älter, nur das Stück selbst scheint ewig jung zu bleiben.

Wolfgang Ambros hatte die Ur-Version von „Der Watzmann ruft“ in einer, wie er sagt, „magischen Nacht“ in den 1970er Jahren gemeinsam mit Manfred Tauchen und Joesi Prokopetz geschrieben.

Schaurig-schrill und prächtig-prall

Nun ist das schaurig-schrille und prächtig-pralle „Alpen-Rustikal“ ein allerletztes Mal in der Originalbesetzung zu sehen – nur Manfred Tauchen ist nicht mehr dabei.

Rund 1300 Fans wollten sich dieses Ereignis nicht entgehen lassen und strömten – teils in Dirndl und Lederhose – in die Heilbronner „Harmonie“. Zweimal war die herrlich schräge Show verschoben worden. Da konnte der Berg noch so laut rufen – gegen Corona hatte auch der Watzmann keine Chance.

Umso größer dann die Freude am Montag, als Wolfgang Ambros leibhaftig auf der Bühne erschien. Doch die letzten Jahre haben es nicht allzu gut mit ihm gemeint. An einem alpenländisch angehauchten Stock lief er an sein Mikrofon und verbrachte die Show als Erzähler und Sänger im Sitzen. Auch das Spielen der „akustischen Klampfn“ überließ er lieber anderen – sehr zur Freude seiner Fans hatte er auch seine Band, die „No. 1 vom Wienerwald“ dabei.

Wie viel Spaß die Hauptdarsteller gewiss auch dann haben, wenn die Scheinwerfer erloschen sind, kann man nur erahnen. Denn zwischen Joesi Prokopetz in seiner Doppelrolle als Vater und Knecht, Christoph Fälbl als Bua und Knecht sowie Klaus Eberhartinger als frivole Gailtalerin stimmt die Chemie.

Der Frontmann der Ersten Allgemeinen Verunsicherung spielte die Gailtalerin als drallste Versuchung, seit es die Berge gibt – mit langen blonden Zöpfen, Lippen, Dirndl und Schuhen so rot wie die Sünde und einem Dekolletée, bei dem es nicht nur dem Buam schummrig wird. Dennoch ist die Maid nicht so leicht zu haben, wie es den Anschein erweckt.

Denn erst soll der Bua auf den Berg: „Du muast aufi, Bua! Du konnst dös schaffn!“, lockt „sie“. „Und wanns’d eam untakriagst, dann bin i dein!“ Alles Flehen und Wehklagen des Vaters nützt nichts, der Bua will „aufi“ auf den Watzmann, den gnadenlosen Berg: „Vül hat’s schon pockt, am Berg aufi g’lockt, g’folgt sans ihm tapfer, oba der Berg, der wüll sei Opfer“. Der Vater muss seinen Buam ziehen lassen – und er ahnt: „Dös tut kei guat nit.“

Die „Watzmann“-Jünger in Heilbronn dankten Wolfgang Ambros und seinen wunderbaren Protagonisten mit stehendem Applaus, wohlwissend, dass man das Alpen-Musical, das sogar mit einem barbusigen Maderl aufwartet, in dieser Besetzung höchstwahrscheinlich nie wieder live sehen wird.

Für soviel Begeisterung im Saal gab’s eine extra Verwöhneinheit von Wolfgang Ambros: sein Klassiker „Schifoan“ ist genauso unsterblich wie „Der Watzmann ruft“.

Wie schallt’s von der Höh’?

Redaktion Im Einsatz für die Lokalausgabe Tauberbischofsheim

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