Neckar-Odenwald-Kreis/Zwingenberg. „Wir verzeichnen Vorverkaufszahlen, wie wir sie noch nie gesehen haben“, sagte Landrat Dr. Achim Brötel mit Blick auf die 40. Spielzeit der Zwingenberger Schlossfestspiele stolz. Es seien bereits über 50 Prozent der Karten vergriffen – 13 Prozent mehr als zum Vorjahreszeitpunkt. „Sie sollten sich also beeilen, wenn Sie noch Karten wollen. Ich empfehlen nicht bis zum letzten Tag zu warten“, gab Brötel einen Tipp in die Runde der Kreisräte bei der Sitzung des Schul-, Kultur- und Partnerschaftsausschusses am Montagabend in Buchen.
Schwarze Null nicht erreichbar
Dennoch steht es um das „kulturelle Aushängeschild“ des Neckar-Odenwald-Kreises nicht gut, wie Dr. Björn-Christian Kleih, Erster Landesbeamter des Kreises, in Vertretung des befangenen Landrats erläuterte. „Die schwarze Null kann nicht gehalten werden“, stellte er fest. Dafür gebe es gleich mehrere Gründe: zunächst die „Einmaligkeit der Spielstätte“. Auf dem Schloss ist nämlich so gut wie nichts vorhanden, was man für solche Festspiele dringend braucht. Deshalb muss vor allem in technischer Hinsicht ein gewaltiger Aufwand geleistet werden, der natürlich Kosten verursacht. Aber auch die Gehälter der Mitwirkenden, die sich in ihrer Gesamtzahl ebenfalls erhöht haben, und die Kosten für den Shuttlebus zum Schloss werden immer höher.
2022 haben die Schlossfestspiele durch die gute Besucherresonanz rund 55 Prozent des Gesamtetats von rund 430 000 Euro aus eigener Kraft gedeckt. Im Vergleich zu anderen Festspielen, die im Schnitt nur auf zehn Prozent kommen, sei das sehr gut. Das Land und der Landkreis leisten neben Sponsoren ihren Beitrag. Das Land bezuschusst die Kultureinrichtung mit 60 000 Euro, der Kreis mit 55 000 Euro.
Dennoch steht am Ende ein negatives Jahresergebnis von rund 16 502 Euro. Das wurde durch Geld gedeckt, das man aus den Rücklage entnahm. Für 2023 und die Folgejahre stehen deshalb allerdings nur noch rund 100 000 Euro zur Verfügung. Wie lange dieses Geld noch ausreicht, ist fraglich.
Geschäftsstelle vor dem Aus
Größte Sorge bereitet aber, dass die Dienstleistungsgesellschaft des Neckar-Odenwald-Kreises (Digeno) nach dem altersbedingten Ausscheiden der bislang verantwortlichen Mitarbeiterin (nach der Spielzeit 2023) nicht mehr bereit ist, die Geschäftsstelle fortzuführen. „Es stellt sich die Frage, wie es weiter geht“, machte Kleih deutlich. Genauer gesagt seien es sogar zwei Fragen: zum einen die nach dem Personal – wer die Stelle also künftig besetzen soll. Zum anderen die Frage nach dem organisatorischen Ablauf – also wo die Stelle verankert sein soll. Kleih sprach sich für die Beschäftigung beim Landkreis mit entsprechender Personalleihe an den Trägerverein aus. Das würde allerdings zwangsläufig ein deutlich stärkeres finanzielles Engagement des Kreises zur Folge haben. „Der Landkreis als Arbeitgeber bietet die größere Sicherheit“, erklärte Kleih. Deshalb sei auch die Chancen größer, jemanden für die Stelle zu finden. Außerdem sei diese Situation nicht als Dauerlösung anzusehen. Ein anderer Mitarbeiter des Landratsamts im Bereich Kultur scheide bald aus dem Amt.
Hinzu kommt ein strukturelles Finanzierungsproblem. Neben den allgemeinen Kostensteigerungen, die natürlich auch die Schlossfestspiele treffen, wird es zunehmend problematischer, mit den schon lange nicht mehr marktfähigen Gagen, die die Festspiele bezahlen, entsprechend hochklassige Besetzungen zu finden.
Womöglich letzte Spielzeit
Deshalb will der Landkreis seine Förderung verdoppeln. „Wir wollen die Schlossfestspiele als kulturellen Leuchtturm und Aushängeschild in eine gute Zukunft führen“, sagte Kleih entschlossen. Denn wenn es nicht gelänge, die Finanzierung der Festspiele auf eine wesentlich bessere Basis zu stellen, wird die 40. Spielzeit zugleich die letzte sein.
Die vorgeschlagene Lösung für dieses Probleme wurde zuletzt in einer Fraktionsvorsitzendenrunde debattiert und im Anschluss in die Fraktionen weitergegeben. Man war sich einig, dass man die „kulturelle Perle“ (Sabine Schweiger, CDU), das „besondere Aushängeschild“ (Heide Lochmann, SPD) des Kreises nicht verhungern lassen dürfe, weshalb sich der Kreistag einstimmig dafür aussprach, ab 2023 eine zusätzliche Stelle im Bereich Kultur zur Unterstützung des Vereins Schlossfestspiele Zwingenberg zu schaffen und diese dem Verein zur Organisation der Festspiele zur Verfügung zu stellen. Die entstehenden Personalkosten werden dem Verein jeweils am Jahresende in Rechnung gestellt. Außerdem beschloss das Gremium den Zuschuss des Kreises für die Schlossfestspiele sukzessive zu erhöhen: für 2023 von 55 000 auf 82 500 Euro, ab 2024 dann auf 110 000 Euro. Die im Haushaltsjahr 2023 entstehenden überplanmäßigen Aufwendungen sollen genehmigt werden. Auf Vorschlag von Sabine Schweiger soll eine Konzeption für die kommenden fünf Jahre für die Schlossfestspiele ausgearbeitet werden.
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