Neckar-Odenwald-Kreis. Out in Church – der Name der Kampagne sagt, worum es katholischen Christen in Diensten der Katholischen Kirche geht: Sie, die sich als Menschen mit geschlechtlicher Orientierung von schwul bis lesbisch, von trans* über nicht-binär bis queer oder eben ohne Festlegung sehen, wollen sich nicht ausgeschlossen fühlen, sehen sich als Teil ihrer Kirche.
Ein anderes, ebenfalls englisches Statement trägt Raphaela Soden auf dem T-Shirt: „Made by God“. Soden sagt: „Es wird Zeit, dass endlich sichtbar wird, dass es uns gibt und wie wunderbar queer der Leib Christi ist.“ Öffentlich bekannten sich vor rund einem Jahr mehr als 100 Menschen (darunter auch 15 Personen aus der Erzdiözese Freiburg) zu vielfältigen Identitäten. So wie Soden. So wie Burkhard Hose.
Beide hatten Regina Köhler (für das Referat Frauen-Männer-Gender der katholischen Diözesanstelle Odenwald-Tauber) und Ulrich Neubert (Leiter des katholischen Bildungszentrums Mosbach) ins Landratsamt geladen; beides Einrichtungen der Erzdiözese Freiburg, jener katholischen Kirche, die ihren hauptamtlichen, ehemaligen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden unterstellt, dass sie aufgrund ihrer vielfältigen Identität „keine korrekten Beziehungen“ aufbauen können.
So beklagt es das Manifest der Initiative „OutInChurch“. Der Appell für eine „Kirche ohne Angst“, der in Mosbach fast am Jahrestag in Form von Lesung und Gespräch erklang, wurde mitgetragen vom Neckar-Odenwald-Kreis. Die Gleichstellungsbeauftragte Annette Vogel-Hrusti? will so das Thema in die Politik, in die Gesellschaft getragen wissen.
Rund 40 Gäste konnten Köhler, Neubert und Vogel-Hrusti? im Foyer begrüßen, hauptsächlich weiblich, hauptsächlich katholisch, viele Mitarbeitende der katholischen Kirche, darunter der Dekan des katholischen Dekanats Mosbach-Buchen, Johannes Balbach. „Für mich“, sagte Regina Köhler, „ist es ein Ringen der katholischen Kirche mit sich selbst.“
Für die Frauenpastoral-Referentin aus Buchen sollte es ein Abend des „Sichtbarmachens und des Voneinanderlernens“ werden. Sichtbar gemacht wurde die Thematik einer strukturellen Diskriminierung zunächst mit einem Filmausschnitt der vor einem Jahr ausgestrahlten ARD-Dokumentation „Wie Gott uns schuf – Coming-out in der Katholischen Kirche“. Der Film zeigt Menschen, die sich nichts mehr ersehnen als Respekt, Akzeptanz ihrer Identität und Anerkennung ihrer Liebe, auch und vor allem von der römisch-katholischen Kirche, auch und vor allem von ihren Vertretern in Leitungsfunktion.
„Nicht länger verstecken“
Zu dem am 24. Januar 2022 veröffentlichten Manifest bekennen sich inzwischen mehr als 500 LSBTIQ+-Menschen. Burkhard Hose als einer von ihnen ist Hochschulpfarrer in Würzburg und schwul. Er mache bei OutInChurch mit, „weil unsere Sexualität zu unserer Existenz gehört“. Ihm sei es wichtig, (nicht nur) sich nicht länger zu verstecken, sondern sichtbar zu werden.
Nicht länger schweigen, das wollte auch Jesuitenpater Ralf Klein aus St. Blasien nicht. Im ausgestrahlten Filmausschnitt bekennt er sich in seiner Kirche im Schwarzwald vor der Kamera zu seinem Schwulsein. „Indem du schweigst, trägst bei anderen dazu bei zu schweigen.“
Lange hat es auch Burkhard Hose seinem Arbeitgeber gegenüber getan. Seine Stimme lieh Hose in Mosbach dem ebenfalls schwulen Priester Bernd Mönkebüscher aus dem westfälischen Hamm. „Sexualität suchen wir uns nicht aus, wir entdecken sie“, schreibt der Geistliche in dem Buch „Out in church“. Oder eben: Made by God.
Für das römisch-katholische Lehramt ist Raphaela Soden „nicht denkbar, nicht möglich, also unmöglich“. So beginnt der Abschnitt, den Soden (aus Walldürn stammend) im Foyer des Landratsamtes vortrug. „Es gibt vieles, was ich bin, was ich mag, worauf ich hoffe. (…) Unter anderem auch mein Glaube und meine Verwurzelung in der römisch-katholischen Kirche.“ Doch als studierte Theologen und Sozialpädagogen hat es für Soden sieben Jahre gedauert, bis ein fester Vertrag als Bildungsreferent zustande kam. „Meine Kirche krankt an all dem Lieben, die verschwiegen werden müssen.“ „Hoffnungstrotzig“ träumt Soden von einer Kirche, „in der die Würde von Menschen heilig ist und nicht die Institution unantastbar“.
In der von Ulrich Neubert angeregten „Resonanzrunde“ zeigten sich die Zuhörerinnen „berührt, bewegt, fassungslos, wütend“. Als einer der wenigen Männer ergriff Jörg Weisshaar das Wort und stellte einen Vergleich zu einer anderen großen Institution an: „Vor zehn Jahren hat der Deutsche Fußballbund das Thema ‚Fußball und Homosexualität’ angepackt. Es ist an der Zeit, so etwas von der Kirche zu erwarten.“ Burkhard Hose konnte dazu eine „Anekdote“ von Filmemacher Hajo Seppelt erzählen, der maßgeblich an der Recherche zu der ARD-Doku mitwirkte. In einem (auch) von Seppelt erarbeiteten Sportschau-Beitrag kurz nach der Ausstrahlung von „Wie Gott uns schuf“, wird danach fragt, ob das Coming Out in der Kirche auch für den Profifußball Vorbild sein könne. Hose stellte fast schon amüsiert fest: „Wann gibt es das schon, dass von der katholischen Kirche so ein Impuls ausgeht?“ Mit Raphaela Soden ist er sich einig, dass der Druck von außen wichtig ist, um die Kirche im Inneren zu verändern. (ubr)
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