Herausforderungen meistern

Zwei Kreise – eine Region

Main-Tauber und Würzburg wollen Kooperation vertiefen

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Main-Tauber-Kreis/Würzburg. Die Folgen einer überalternden Gesellschaft, Fachkräftemangel, Mobilität der Zukunft im ländlichen Raum und nicht zuletzt Unterbringung einer steigenden Zahl von Flüchtlingen: Die Herausforderungen der kommunalen Verwaltung sind enorm groß – an Ländergrenzen halten sich diese nicht.

Die Kreise Würzburg und der Main-Tauber sind durch rund 100 Kilometer Landesgrenze verbunden. Die länderübergreifende Kooperation soll künftig weiter intensiviert werden – um sich zu unterstützen und anstehende Herausforderungen anzupacken. Vertreter der beiden Landratsämter, allen voran die Landräte Christoph Schauder und Thomas Eberth sowie Bürgermeister der Grenzgemeinden trafen sich daher im Gewölbekeller Röttingen zum Austausch.

Brennendes Thema

Als Gastgeber brachte Bürgermeister Hermann Gabel bei der Begrüßung eines der brennendsten Themen aufs Tableau: Die Unterbringung einer stetig steigenden Zahl von Geflüchteten bringe viele Kommunen an ihre Grenzen. Der Leiter des Geschäftsbereichs Arbeit und Soziale Angelegenheiten am Landratsamt Würzburg, Fabian Hollmann, stützte diese Aussage mit Zahlen: In Unterkünften seien im Kreis Würzburg derzeit rund 1200 Personen untergebracht, viele weitere hätten in Privatwohnungen Platz gefunden. Der Wohnungsmarkt sei so gut wie leer gefegt.

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Auf baden-württembergischer Seite würden derzeit ebenfalls laufend Unterkünfte akquiriert – sofern vorhanden. Mit rund 750 Geflüchteten habe man nun eine Belegung von 95 Prozent der aktuellen Kapazitäten erreicht. Aus Mangel an Möglichkeiten habe man bereits eine Anlage aus Wohncontainern in Betrieb nehmen müssen, eine weitere sei in Planung, fügte die Leiterin des Dezernats Jugend, Soziales und Gesundheit, Elisabeth Krug, an. Landrat Christoph Schauder fasste die Situation im Main-Tauber-Kreis zusammen: „Wir sind aktuell einen halben Schritt vor der Lage. Das bedeutet aber nur, dass wir Menschen aktuell nicht in Turnhallen unterbringen müssen. Diesen Schritt versuchen wir mit allen Mitteln zu verhindern.“

Landrat Thomas Eberth fügte an: „Die Solidarität ist noch immer groß.“ Doch diskutiere man derzeit nicht die Integration von Geflüchteten, sondern nur darüber, wie man noch mehr Menschen unterbekomme. „Das Vorgehen in Deutschland ist ohne Plan und ohne Weitsicht“, waren sich die Landräte Eberth und Schauder einig. „Wir brauchen eine langfristige Einwanderungspolitik als ersten Schritt – und zwar bald. Die einzige nachhaltige Lösung wäre aber eine für ganz Europa.“

Ein großes Problem sei in beiden Kreisen der Mangel an Fachkräften. Nicht nur für die Bearbeitung der Antragsflut auf Asylbewerberleistungen sei man händeringend auf der Suche nach geeignetem Personal. Der Arbeitsmarkt werde vor allem durch die demografische Entwicklung insgesamt schwieriger. Dem Landratsamt Main-Tauber bereite es in nahezu allen Berufsgruppen verstärkt Probleme, Personal zu für sich gewinnen und zu binden, berichtete Personal- und Finanzdezernent Torsten Hauck. Die Überalterung der Gesellschaft habe dabei nicht nur das Ausscheiden einer geburtenreichen Generation aus dem Arbeitsleben zur Folge, sondern programmiere auch einen stark erhöhten Pflegebedarf vor.

Noch gut aufgestellt

Im Kreis Würzburg stehe man vor den selben Problemen, pflichtete der Vorstand des Kommunalunternehmens (KU,) Eva von Vietinghoff-Scheel, bei. Tatsächlich sehe man sich unter den gegebenen Umständen derzeit jedoch „noch gut“ aufgestellt. Mit der 2022 eröffneten Pflegeschule angegliedert an die Main-Klinik in Ochsenfurt etwa biete man hochqualitative Aus- und Weiterbildung an. Am Landratsamt Würzburg begegne man der schwierigen Personalsuche derzeit mit einer groß angelegten Recruiting-Strategie, erläuterte der Leiter der Stabsstelle Michael Dröse. Mit einem Programm zur Aus- und Weiterbildung für Führungskräfte aus den eigenen Reihen gebe es zudem ein spezielles Programm. Auch das löse den Mangel jedoch nur bedingt.

Des Weiteren stand das Thema ÖPNV an. Dezernentin Ursula Mühleck erläuterte die Herausforderungen, vor denen die Landkreise derzeit in Sachen Tauberbahn stehen: „In den zurückliegenden Monaten kam es zu massiven Verspätungen. Derzeit erarbeitet die Westfrankenbahn ein neues Fahrplankonzept, um die Situation zu verbessern.“

Landrat Schauder berichtete zudem, dass es dem Main-Tauber- und dem Neckar-Odenwald-Kreis mit dem Verkehrsministerium gelungen sei, den bisherigen Probebetrieb auf der Frankenbahn zum Fahrplanwechsel im Dezember in einen Regelbetrieb zu überführen. „Die Frankenbahn von elementarer Bedeutung. Die Strecke verbindet die ICE-Knotenpunkte Stuttgart und Würzburg miteinander.“

Der Tourismus spiele laut Dezernentin Ursula Mühleck in beiden Kreisen eine wichtige Rolle. Da dieser nicht an Grenzen haltmache, habe sich der Main-Tauber-Kreis mit sechs Kooperationspartnern darauf verständigt, eine touristische Dachorganisation im nördlichen Baden-Württemberg zu gründen. „Innerhalb dieser Organisation solletwa der Radtourismus gemeinschaftlich neu gedacht werden.“

Landrat Christoph Schauder betonte, dass die hervorragende Zusammenarbeit mit den bayerischen Tourismusverbänden durch den neuen Zusammenschluss nicht geschmälert werde. „Wir sind sehr froh über das enge Miteinander.“

Gleiche Ziele

„Wir sind zwei Landkreise aus unterschiedlichen Bundesländern, aber eine Region mit gleichen Zielen und Herausforderungen“, betonten Christoph Schauder und Thomas Eberth. In Anbetracht der zahlreichen gemeinsamen Handlungsfelder kam bei beiden Landräten, aber auch den Bürgermeistern und Mitarbeitern der Landratsämter der Wunsch auf, dass man die grenzübergreifenden Treffen regelmäßig stattfinden lassen solle.

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