Heilbronn/Main-Tauber-Kreis. Alljährlich referieren die Wirtschaftsjunioren Heilbronn-Franken vor Spitzenvertretern der Wirtschaft zu „Konjunkturprognosen“ im Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn. Wirtschaftliche Entwicklungen und Erwartungen stehen im Fokus.
Einleitend gab Hauptgeschäftsführerin der IHK Heilbronn Franken, Elke Döring, Ergebnisse der Befragung von 719 Unternehmern der Region bekannt. 42,3 Prozent können feststellen: „Es geht uns gut.“ Nur 8,6 Prozent vermelden eine schlechte Lage. Bei der Industrie, dem Taktgeber unserer Wirtschaft, geht die Kurve nach oben, die Baubranche vermeldet dagegen einen Einbruch, verursacht durch steigende Preise, Fachkräftemangel und massive Kostensteigerungen. Die Geschäftserwartungen sind branchenübergreifend insgesamt betrachtet von „verhaltenem Optimismus“ geprägt, bei den Dienstleistungen herrscht sogar ein Stimmungshoch. Für unsere Region erwarten die Unternehmer 2023 beim Wirtschaftswachstum eine „tiefschwarze Null“.
Anschließend konnten zwei prominente Vertreter aus dem Main-Tauber-Kreis ihre Sicht darlegen. Welche Prognose zum Thema Energieversorgung wagt Paul Gehrig, Geschäftsführer der Stadtwerk Tauberfranken, für seine 6700 Erdgas- und 17700 Stromkunden? Aktuell sieht er die Versorgungssicherheit bei Gas gewährleistet. Die Füllstände der Speicher sind mit 76 Prozent erfreulich hoch. Zur Sicherheit tragen auch die vier neuen Flüssiggasterminals bei.
Überschaut man die Preiskurve des letzten Jahres, so gab es in der Hochphase im September eine Verzehnfachung. Derzeit zeigt der Trend nach unten und wird 2024 positiv auf die Energiepreise auswirken. Betrachtet man Deutschland insgesamt, ist der Anteil der Erneuerbaren beim Strom zwar rund 50 Prozent, am Gesamtenergieverbrauch allerdings erst bei rund 17 Prozent. Gehrig sieht darin eine enorme Herausforderung, denn bis 2045 müssen mehr als 80 Prozent der aktuellen Energieträger ersetzt werden. Bis Ende 2029 müssten in Deutschland täglich sechs Windkraftanlagen in Betrieb gehen, um das Windkraftziel zu erreichen. Nach Gehrigs Meinung sind deutlich höhere Investitionen in erneuerbare Energie notwendig. Dies gelte insbesondere beim Thema Wasserstoff, der als Energieträger der Zukunft gilt. Fazit: „ Klimaschutz gibt es nicht zum Nulltarif. Entweder wir tragen die Kosten der Energiewende oder die Folgekosten der Klimaerwärmung.“ Beim Stadtwerk Tauberfranken wurden bisher schon über 30 Millionen Euro investiert. 2025 will das Unternehmen komplett CO2-neutral unterwegs sein.
Als zweiter Referent aus dem Taubertal gab Michael Schneider, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Main-Tauber, Einblicke in die aktuelle Lage, die er überwiegend positiv sieht: „Der Abschwung ist abgeblasen und die erwarteten Insolvenzen sind 2022 weitgehend ausgefallen. So ähnlich wird es auch 2023 sein.“
Sein realistischer Blick auf die Baubranche ist nicht so ungetrübt: Wo von den Kommunen erzwungener Bauzwang herrschte, wurde aktuell die Hälfte der Bauplätze zurückgegeben. Schneider wünscht sich auch schnellere Entscheidungen in Sachen Sozialer Wohnungsbau. Bis zu zukünftig wieder besseren Zeiten müssten dringend bürokratische Hürden abgebaut werden.
Aus Bankensicht sind Beziehungen zu Kunden und Emotionen unheimlich wichtig. Es gehe um Wertschätzung, Loyalität, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit. Um ausreichend Personal zu bekommen, sei die Volksbank in Online-Auftritten und Social Media aktiv. Dadurch gebe es nicht wenige Initiativbewerbungen. Zur Zeit machen 30 Jugendliche eine Ausbildung in der Volksbank main-Tauber. Schneider legt Wert auf soziale Kompetenzen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Er appelliert gleichzeitig bewusst an die Eltern, ihren Kindern schon frühzeitig vorzuleben, wie man mit Geld umgeht.
Im Gespräch mit den FN ist der Vorstandsvorsitzende vollen Lobes über die Stadt Tauberbischofsheim und die Region: „Es gibt keinen schöneren Platz im Taubertal.“ Jugendliche sollten nicht wegziehen, denn hier gebe es alle Jobs.
Für die Bechtle AG konnte Vorstandsvorsitzender Dr. Thomas Olemotz von einem weiteren Rekordjahr berichten. Das Unternehmen ist Nutznießer der digitalen Transformation und will 2023 stärker als der Gesamtmarkt um sechs Prozent wachsen.
Bei der „Stimme Mediengruppe“ gibt es laut Geschäftsführer Marc Becker trotz sinkender Printauflagen, schwieriger Personallage und hoher Papier und Energiekosten so viele User in allen Altersgruppen wie noch nie. Grund dafür seien neue digitale Produkte und Kanäle. Ab 2027 werden die Digitalerlöse die Rückgänge der Print-Umsätze kompensiert haben. Zusammengefasst sehen die Unternehmer der Region Heilbronn-Franken die größten Risiken im Fachkräftemangel, den Energie- und Rohstoffpreisen, den Arbeitskosten und in der Bürokratisierung. Es bleiben dennoch ein Hoffnungsschimmer und ein verhaltener Optimismus.
URL dieses Artikels:
https://www.fnweb.de/region-main-tauber_artikel,-main-tauber-wirtschaftsregion-heilbronn-franken-ist-verhalten-optimistisch-_arid,2051912.html