FN-Serie „FitNess“

Thomas Lurz: Übertriebener Ehrgeiz „der falsche Begleiter“

Der weltbeste Freiwasserschwimmer rät im FN-Interview, sich regelmäßig zu bewegen, um so etwas für die Gesundheit zu tun.

Von 
Klaus T. Mende
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Thomas Lurz from Germany competes in the men's 10km Open Water Finals at the 32nd LEN European Swimming Championships 2014 at the Regattastrecke Gruenau in Berlin, Germany, 14 August 2014. Photo: Tim Brakemeier/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++ © picture alliance / dpa

Tauber-Odenwald. Auch gut zehn Jahre nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn ist Thomas Lurz immer noch sportlich rege aktiv – und achtet auf einen gesunden Lebenswandel. Das Aushängeschild des SV 05 Würzburg, bis in die Gegenwart weltbester Freiwasserschwimmer, betont im Interview mit den Fränkischen Nachrichten, wie wichtig es ist, sich auch im Hobbysportbereich zu bewegen. Aus seiner Sicht ist es ratsam, dies regelmäßig zu tun. Übertriebener Ehrgeiz hierbei sei aber der „falsche Begleiter“ – und sollte jedenfalls vermieden werden.

Herr Lurz, wie wichtig ist es für Sie, gut zehn Jahre nach Ende Ihrer aktiven Laufbahn als seinerzeit weltbester Freiwasserschwimmer immer noch sportlich aktiv zu sein?

Thomas Lurz: Das ist für mich unheimlich wichtig, weil ich durch den Sport im Beruf einen guten Ausgleich finde. Ich mache immer noch jeden Tag eine Stunde Sport am Morgen von 6 bis 7 Uhr – ein ganz wichtiger Bestandteil meines Tages.

Schwimmen war für Sie über einen langen Zeitraum Ihre große Leidenschaft, der Sie manches untergeordnet haben. Welchen Stellenwert hat die Sportart im kühlen Nass heute noch für Sie?

Lurz: Ich gehe immer noch Schwimmen, aber ich suche täglich die Abwechslung. Entweder ich gehe Schwimmen, aufs Laufband oder mache Krafttraining.

Was war/ist für Sie der besondere Reiz, sich sportlich zu betätigen?

Lurz: Zu meiner aktiven Zeit waren der Wettkampf, die Medaille wichtig, um alles zu erreichen. Heute ist es vor allen Dingen die Gesundheit, der Ausgleich, den Alltag zu managen, um für eine gewisse Ausgeglichenheit zu sorgen und allen Belastungen im täglichen Leben zu begegnen.

Zwölffacher Weltmeister, dazu viele weitere große Erfolge – was war denn das Geheimnis dessen, so lange an der Spitze mitzumischen?

Lurz: Entscheidend war für mich vor allem die Gesundheit, sich gut auszuruhen, eine ausreichende Regeneration, um sich immer wieder neue Ziele zu setzen und so dauerhaft motiviert und langfristig erfolgreich zu sein.

Natürlich gehören auch die entsprechenden Rahmenbedingungen dazu, das heißt, das Umfeld, was Trainingspartner oder Verein angeht – dies muss auch stimmen, um Spaß an der Sache zu haben.

Wie finden Hobby- und Freizeitathleten am besten heraus, welche Sportart sich für sie eignet?

Lurz: In der Gesamtsumme soll es natürlich Spaß machen. Man sollte sich eine Sportart heraussuchen, die einem grundsätzlich taugt. Aber auch hier spielt der Faktor Gesundheit eine sehr große Rolle. Ich würde gewisse Sportarten ausprobieren – Laufen, Schwimmen, Radfahren, das sind die Sportarten, die sich prinzipiell eignen.

Hierbei kann man zudem manches durchtrainieren – alle möglichen Muskulaturen, Herz-Kreislauf. Darauf würde ich mich fokussieren. Und man darf eines im Alter auch nicht vergessen – das ist Krafttraining. Je älter man wird, desto wichtiger wird es und umso mehr an Bedeutung gewinnt es.

Was raten Sie Hobby- und Freizeitsportler – gerade jetzt in der dunklen Jahreszeit – um sportlich gut durch den Winter zu kommen und dabei den Spaß nicht zu verlieren?

Lurz: Es ist ratsam, das Training in den Alltag mit zu integrieren – wie etwa das regelmäßige Zähneputzen. Es dauert meist 21 Tage und dann gewöhnt sich der Mensch daran – das würde ich empfehlen. Eine Kontinuität ist wichtig, man darf es nicht schleifen lassen. Wenn man mal einen Tag eigentlich keine Lust hat, sollte man sich dazu zwingen, es trotzdem durchzuziehen. Wenn man mal eine Lücke geschaffen hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es diese Kontinuität nicht mehr gibt.

Sie nannten die Regeneration für einen Sportprofi eminent wichtig – trifft dies im gleichen Maße auch auf einen Hobbysportler zu?

Lurz: Ja, denn das ist extrem wichtig. Es wäre verkehrt, zu viel Sport zu machen oder in dem Sinne Sport zu betreiben, dass eine Regeneration nicht mehr möglich ist. Der Sport macht nämlich vor allem dann mehr Freude, wenn man mit voller Kraft und Energie in die nächste Runde geht. Deswegen ist auch im Freizeitsportbereich Regeneration und Erholung sehr wichtig – ebenso wichtig wie das eigentliche Training.

Demzufolge ist übertriebener Ehrgeiz der falsche Begleiter?

Lurz: Absolut. Gerade unter den Hobbysportlern trifft man viele an, die das Ganze mit der Regeneration total vernachlässigen. Um aber langfristig gesund zu bleiben, ist der übertriebene Ehrgeiz ein verkehrter Mitstreiter – definitiv.

Als Keynote-Speaker referieren Sie regelmäßig vor großem Publikum, um Ihnen Botschaften an die Hand zu geben, den Alltag anders und vor allem effektiver zu gestalten. Hierbei geht es auch immer wieder um den Begriff Motivation. Welche Rolle spielt er für einen Hobby- und Freizeitathleten beim Ausüben seiner sportlichen Aktivitäten?

Lurz: Natürlich eine ganz große, denn man muss etwas finden, was Spaß macht und man braucht ein Ziel. Dies kann zum Beispiel die eigene Gesundheit sein – es gibt persönlich kein größeres Ziel. Das sollte man sich immer wieder vor Augen führen. Und darüber hinaus ist die Motivation ausschlaggebend dafür, erfolgreich zu sein.

Wie haben Sie sich zu Ihrer aktiven Zeit motiviert?

Lurz: Wenn ich mal am Morgen keine Lust hatte, früh aufzustehen, führte ich mir immer vor Augen: Was ist mein nächster Wettkampf? Wo ist mein nächster Wettkampf? Was will ich da erreichen? Was ist da mein Ziel? Das war immer meine persönliche und perfekte Motivation.

Wie schwer war es für Sie, ab und an mal den inneren Schweinehund zu überwinden?

Lurz: Es fiel mir immer schwer, wenn es mal wieder soweit war – und das ist auch heute noch der Fall, wenn ich um 6 Uhr zum Training gehe. Es ist nie ganz leicht, wenn der Wecker klingelt. Aber dadurch, dass man es so viele Jahre hintereinander gemacht hat, in dem Wissen, man muss dranbleiben, ist es eigentlich ganz normal, trotzdem aufzustehen. Das muss man sich antrainieren, das geht nicht innerhalb kürzester Zeit. Hierfür benötigt es einen längeren Zeitraum. Und manchmal muss man sich eben zwingen. Doch irgendwann kommt der Moment, an dem man sich daran gewöhnt hat – und dann passt das eigentlich.

Mit Disziplin, Wille zum Erfolg und der Kenntnis über individuelle Stärken sind Sie nach oben gekommen und haben sich dort lange Zeit gehalten. Kann sich diese Attribute auch ein Hobbysportler aneignen?

Lurz: Logisch kann und sollte er dies tun. Es kommt immer darauf an, für welche Sportart er sich entscheidet. Dies sind Attribute, die sowohl im Leistungs- als auch im Hobbysport wichtig sind, denn auch im Freizeitsport benötigt es einer gewissen Kontinuität. Man muss nicht elfmal in der Woche trainieren, aber vielleicht drei- oder viermal – dann ist es schon gut.

Wie wichtig ist denn für einen sportliche regelmäßig Aktiven die richtige Ernährung?

Lurz: Auch das ist ein ganz wichtiger Faktor. Ich war nie einer, der eine Ernährungsberatung benötigt hat. Denn ich glaube, mit einem gesunden Menschenverstand weiß man schon ziemlich genau, was gut oder schlecht ist. Man kann sich auch als Hobbysportler durchaus etwas gönnen, aber eben nicht unbedingt jeden Tag.

Als besonderes Sportlerrezept wird Asiatisches Putenallerlei im Wok mit Ihnen in Verbindung gebracht – ein Beispiel dafür, wie sich auch ein Hobbysportler ernährungstechnisch verhalten sollte?

Lurz: Ja, durchaus, die Ernährung ist, um es nochmals deutlich zu sagen, sehr, sehr wichtig. Man sollte darauf achten, dass man genügend Eiweiße und Kohlehydrate zu sich nimmt – je nachdem, wie man sich bewegt. Aber auch viel Fisch und Gemüse sind prädestiniert. Das Ganze sollte aber ausgewogen sein – das ist von hoher Priorität.

Blicken Sie auch jetzt, zehn Jahre nach Beendigung Ihrer aktiven Laufbahn, auf die richtige Ernährung?

Lurz: Ich schaue immer noch drauf. So habe ich mir zum Beispiel abgewöhnt, sowohl mittags als auch abends warm zu essen – auch wenn dies manchmal berufsbedingt nicht klappt. Dann schaue ich darauf, dass ich mich tags darauf wieder diszipliniere. Aber ich achte schon darauf, dass die Kalorienzufuhr zu meiner Bewegung passt.

Wie wichtig ist für einen ehemaligen Aktiven wie Sie, als Vorbild öffentlich in Erscheinung zu treten, um die Menschen zum Sport treiben zu animieren?

Lurz: Sehr wichtig. Man hat in der Tat eine Vorbildfunktion. Denn Gesundheit beginnt schon in jungen Jahren – bei den Kindern. Dem sollte man als Ex-Sportler gerecht werden und seinen Input bringen, damit in der Gesellschaft sich die Situation bei einer „Volkskrankheit“ wie Übergewicht verbessert. Die Gesundheit sollte man mit Blick auf seinen Körper nicht aufs Spiel setzen.

Ob Schwimmen oder eine andere Sportart – hierbei handelt es sich um Gesundheitprophilaxe im besten Sinn?

Lurz: Definitiv. Hierzu sollte man sich eine Sportart aussuchen, die viel Spaß macht.

Schwimmen ist schon eine tolle Sportart, weil sie sehr gelenkschonend ist und man dabei alles Mögliche in Sachen Muskulatur und Herz-Kreislauf-System trainiert. Aber auch jede andere Sportart eignet sich dazu hervorragend.

Wäre es auch für Hobbysportler ratsam, sich regelmäßig in medizinische Obhut zu begeben?

Lurz: Bevor ich anfange, mich regelmäßig sportlich zu betätigen, würde ich mir bei einem Arzt erst mal ein EKG erstellen lassen. Und einmal im Jahr lohnt sich auch ein Gesundheitscheck bei einem Mediziner.

Wie würde aus Ihrem Mund ein kurzer Werbespot aussehen, um die Menschen dazu zu animieren, regelmäßig Sport zu treiben?

Lurz: Man bleibt fit und gesund, und das Leben macht so mehr Spaß.

Rückblickend auf Ihre Laufbahn – würden Sie alles nochmals genau so machen?

Lurz: Da würde ich tatsächlich nichts anders machen.

Redaktion Mitglied der Main-Tauber-Kreis-Redaktion mit Schwerpunkt Igersheim und Assamstadt

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